Donnerstag, 4. Dezember 2025

Eure Majestät Miersch: Zum Lachen bitte in den Keller

Bärbel Bas Auslachen, SPD Arbeitgebertag Skandal, Matthias Miersch Lachen verbieten, Sozialdemokratie Satire, Hohn und Spott StGB, Maßnahmenpaket Rechtsextremismus, Ministerin ausgelacht
Wenn sie nicht lachen können, dann sollen sie eben applaudieren!

Es reicht. Das wars jetzt. Die deutsche Sozialdemokratie hat schon viel erduldet. Verfolgung, Verbot und Verhöhung. Das Gelächter der Männer in den Maßanzügen aber, das ihre Vorsitzende Bärbel Bas beim  Arbeitgebertag hatte ertragen müssen, bringt auch die duldsamsten Genossen an den Rand dessen, was sie noch hinnehmen können. Matthias Miersch, Niedersachse und Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, hat sich im Streit um die Klassenkampfansage seiner Vorsitzenden an Deutschlands Unternehmer wie ein Mann vor die Arbeitsministerin geworfen.  

Vor einer barocken Bildwand 

Schluss. Aus. Es reicht. Vor dem Hintergrund einer barocken Bildwand mit einem klassisch-royalem Prachtmotiv, das den Parteinamen in goldenen Lettern zeigt, sprach Miersch der Nation mit ernster Miene in Gewissen. "Begonnen hat das ja alles mit ihrem Auftritt beim Arbeitgeberverband", erklärte den weitgehend uneingeweihten Pressevertretern noch einmal die Urgründe der Auseinandersetzung, die mit Bas' tröstend gemeinte Aussagen zur Finanzierung des kommenden  Rentenpakets durch Steuermittel statt durch Beiträge der Steuerzahler begonnen hatte.

Statt zu applaudieren, wie es sich gehört, hatten "Männer in bequemen Sesseln" (Bas) ihren Entwurf eines "starken Sozialstaat zum Gegenentwurf zum Faschismus" ausgelacht. Die verständliche Gegenwehr der Ministerin - zuerst mit dem Satz "das ist nicht lustig", später dann mit dem Aufruf, gemeinsam gegen die Kapitalisten zu kämpfen - wurde ein Skandal. Gelenkt von einem wütenden Arbeitgebermob äußerten selbst CDU-Politiker Rücktrittsforderungen. Es gab Parteiaustritte. Und sogar der Kanzler, der ein großes, verständnisvolle Herz für die verfahrene Klage seines Koalitionspartners hat, soll Bas ins Gebet genommen haben.  

Hetze, Hass und Zweifel

Matthias Miersch mochte diese Demontage seiner Genossin nicht länger mitanschauen. Vor nicht einmal zwei Jahren hatte seine Partei, damals noch vertreten durch die heute abgetauchten Lisa Paus (Grüne) und Nancy Faeser, zur Feier des 25. Jahrestages der Erfindung des Begriffes Hate Speech eine Neudefinition von Hetze, Hass und Zweifel verkündet. Im damals neuen "Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus" - dem zwölften dieses Namens seit 2001, zuvor hatte es kein einziges gegeben - werde nicht nur Hass adressiert, sondern auch ausdrücklich auch der Hohn, jene so schwer zu erkennende Einstiegsdroge in den Hass.

"Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen", umriss Nancy Faeser die neue Linie grob genug, um potenzielle Verhöhnern keinen leichten Ausweg zu lassen. Zählt nur Hohn? Oder auch Häme? Wird die Redensart "mit Hohn und Spott" auf der Verdachtsliste des Ministeriums landen? Was ist mit Verächtlichmachen? Mit Auslachen, mit Schmähen und satirisch aufspießen? Die Unsicherheit war Methode. Wer nicht genau weiß, was er noch darf, hält sich eher zurück, so spekulierten sie im Willy-Brandt-Haus.

Fortschreitende Verrohung 

Vergeblich. Die Verrohung schritt weiter fort. Der Respekt vor den staatlichen Organen schwand. Zuletzt rief ein Unionspolitiker, der in seiner Partei als Hoffnungsträger gilt, zu einer Wahlkampfführung "bis zum letzten Blutstropfen". In der SPD haben sie die Sache lange laufen lassen, zu lange zugeschaut, zu lange gehofft. Vielleicht zu lange. Für die Partei, die die Leitung des Innenministeriums zwar nicht mehr stellt, über ihren direkten Zugang zu Friedrich Merz aber die Möglichkeit hat, jedes Gesetz nach Wunsch durchzubringen, indem sie für den Weigerungsfall mit dem Abschied aus der Koalition droht, war der Fall Bas ein Signal. Es muss etwas geschehen. 

"Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass das Auslachen einer Ministerin an dieser Stelle überhaupt nicht geht", hat Matthias Miersch auf der Pressekonferenz zur Klarstellung von Bas' Klassenkampfthesen verkündet. Bas selbst äußerte sich in der Veranstaltung nicht noch einmal zu ihrem Aufruf zum gemeinsamen Kampf, sie nickte aber zustimmend. 

Die Politikerin hat früher 13.270 Euro aus der Steuerkasse für ein "angemessenes Erscheinungsbild" (Bärbel Bas) ausgegeben, ohne deshalb gleich einen Maßanzug zu tragen. Sie weiß, wovon Miersch spricht. Offenbar sind die weiteren Schritte der deutschen  Sozialdemokratie gegen das Lachen über Minister mit der Parteivorsitzenden abgestimmt. 

"Partei der Arbeit und der Arbeiterinnen" 

Natürlich, hat Miersch noch einmal klargemacht, "sind wir die Partei der Arbeit und die Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer". Deshalb kümmere sich Bärbel Bas auch so engagiert um  Arbeitsplätze und Standortsicherheit in Deutschland. Ihr lachend den Respekt zu versagen, sei keine "Sachlichkeit", so Miersch. Zu der aber müsse man zurückfinden.

Entsprechende Maßnahmen sind in der Endberatung. Sie könnten mit dem für Februar erwarteten 13 Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus in den Wirkbetrieb gehen. Im Gespräch ist eine zielgenauer Erweiterung des Paragrafen 188 StGB. Seit der letzten Ergänzung schützt der Paragraf alle "im politischen Leben des Volkes stehenden Person" vor "öffentlichen, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts" begangenen Beleidigungen, wenn sie "aus Beweggründen" geschahen, "die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen".

Lachen aus Beweggründen  

Die im Moment noch auf zwei knappe Artikel beschränkte Regelung - Art.2 beschreibt das Vorgehen bei übler Nachrede - würde künftig auf gegen Personen des politischen Lebens gerichtetes Lachen erweitert. Beschränkt wäre die Bestimmung nicht auf Ministerinnen. Dem ersten Entwurf nach wird sie lauten: "Wir das Lachen aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene."

Darunter beginnt das Reich der Freiheit, in dem strenges Humorverbot herrscht, wenn Personen des politischen Lebens anwesend sind. Wer dort weiterlachen will, kann immer noch in den Keller gehen. 


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