Samstag, 31. Oktober 2009

Abriss-Exkursionen: Führers Ferienheim

Hier sollte Urlaub machen, wer für Führer, Volk und Vaterland alles gegeben hat: In Prora auf Rügen stehen die Reste des von der Organisation "Kraft durch Freude" errichteten größten Ferienheimes des Dritten Reiches. Zwischen 1935 und 1939 bauten Heerscharen von Arbeitskolonnen hier endlos lange Wohnblocks direkt an den goldgelben Strand, in denen irgendwann später rund 20.000 Menschen gleichzeitig Ferien häten machen können. Die Wohnblocks wurden noch weitestgehend fertig, die Große Halle, in der die Volksgenossen verzückt den Führerreden hätten lauschen können, nicht mehr. Von ihr geblieben sind nur ein paar Fundamente, ebenso vom Hafen, an dem KdF-Kreuzfahrtschiffe hätten anlegen sollen.

Die Bauarbeiten teilten sich neun namhafte Bauunternehmen, unter anderem war die später von Bundeskanzler Gerhard Schröder gerettete Firma Philipp Holzmann beteiligt, dazu kamen Hochtief, Dyckerhoff und andere. Jede Baufirma errichtete nach zentralen Plänen jeweils einen Block nach eigener Technologie, so entwickelte sich ein Wettbewerb darum, wer zuerst fertig wurde.

Logistisch wurde viel vorweggenommen, was später bei anderen Großbauprojekt nützlich wurde. Zeitweise arbeiteten 9.000 Monteure am KdF-Seebad, das der Welt zeigen sollte, wie sozial und fürsorglich der NS-Staat für seine Bürger sorgte. International erregte Prora Aufsehen: Auf der Weltausstellung 1937 in Paris wurde ein Modell des Seebades ausgezeichnet.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges schliefen die Bauarbeiten allmählich ein, weil die Arbeiter zu "kriegswichtigen" Arbeiten herangezogen wurden. Feriggebaut wurde nur ein Teil Wohnanlage aus acht rund 4,5 Kilometer langen Blocks. Nach dem Krieg wurden Umsiedler hier interniert, später übernahm die Sowjetarmee den Komplex, die ihn schließlich an die Nationale Volksarmee übergab.

In einem Teil des Komplexes findet sich heute eine Ausstellung zur Geschichte des KdF-Bades, in einem anderen haben ehemalige NVA-Angehörige die Original-Unterkünfte einer NVA-Einheit auf eine Art nachgebaut, die Uniform-Fetischisten "liebevoll" zu nennen versucht sein werden. Alle anderen weht in den langen Fluren ein modriger Hauch Historie ins Gesicht.

1 Kommentar:

Tim hat gesagt…

Wenn der Führer gewußt hätte, daß Millionen Menschen heute in ganz ähnlichen Anlagen auf Mallorca Urlaub machen, und das auch noch freiwillig ...