Samstag, 17. April 2010

Der Tod ist eine Asche aus Island

In sattem himmelblau tarnt sich die Todeswolke von der bankrotten Eisinsel über Mitteldeutschland. Kein Stäubchen am Firmament, kein Wölkchen Weltuntergang trübt den Blick auf die "feinste Asche" (Sächsische Zeitung), die vom Vulkan Eyjafjallajökull "bis in zehn Kilometer Höhe" beziehungsweise sogar bis in "elf Kilometer Höhe" (Tagesschau) gestiegen war. Das "Aschemonster" (Bild), nach Aussagen von Kunstexperten eine ausgesprochen gelungene natürliche Nachbildung von Edvard Munchs Meisterwerk "Der Schrei" (Bild unten), hält Europa fest im Griff, unsichtbar, "für Gesundheit und Klima ungefährlich" (netdoktor.de), aber tödlich für den "Flugverkehr in ganz Nordeuropa" (Spiegel). "War das Desaster absehbar?", fragt das Leitmedium, nur noch eine kleine Stufe vor der spätestens am Montag folgenden Frage "Hätte der Ausbruch verhindert werden können?"

Nur wer sein Badetuch in diesen Tagen in die Sonne legt (Foto oben) und sich nicht darauf, kommt schnell zu bedrückenden Antworten: Ein Staub ist unterwegs, geschmacklos, geruchlos und unsichtbar, der aus "mineralischen Teilchen und feinsten Gesteinbruchpartikeln" (Bild) besteht und noch "zwei bis drei Jahre" brauchen wird, ehe er zur Erde herabgesunken sein wird.

Wohl dem, dessen Türen nach innen öffnen, wohl dem, der seine Volksgasmaske aus dem Atomkriegunterricht noch im Keller hat, wohl dem, der in Flughafennähe lebt und dem sterbenden Abendland ein zynisches "Wunderbar, diese Ruhe" hinterherrufen kann.

Der Tod ist dieses Wochenende eine Asche aus Island, das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen, ist absehbar. Weitere zwei bis drei Jahre nicht fliegen? Zwei bis drei Jahre leben auf dem Flughafen wie einst Tom Hanks? Zwei bis drei Jahre apokalyptische Ascheberichterstattung? "I never did anything out of the blue, want an axe to break the ice, wanna come down right now", analysierte der Kraterexperte David Bowie schon vor vierzig Jahren. Nicht nur "Spiegel Online", Fachmagazin für Coverversionen, erklärt heute deshalb "die langfristigen Folgen der Explosion - und warum alles noch schlimmer kommen könnte". Noch ist es ja hell vor dem Fenster. Aber die Dunkelziffer ist mit einiger Sicherheit viel höher.

3 Kommentare:

Le Penseur hat gesagt…

Genial!

nwr hat gesagt…

Mir flog die Metapher auch schon durchs Hirn, aber ich hätte geschrieben: Die Asche ist ein Meister aus Island.

ppq hat gesagt…

ich staune, dass der munch das damals schon so genau malen konnte. das ist echt genial!