Sonntag, 31. Oktober 2010

هقلت اليمن اكيد هذا Wo die Dämonen wohnen

صورت قريه يمنيه وقلت اليمن اكيد هذا واحد من السياح, sagen sie hier, im Land, in dem die Dämonen wohnen, einer ungastliche Region voll rätselhafter Rituale, Traditionen und Gebräuche, die Besucher an die der "Fremen" erinnert, die den ausgedachten Wüstenplaneten Dune in Frank Herberts Buchreihe bewohnen. Der Jemen, durch das Verschicken einiger Sprengstoffpakete einmal mehr wie irrtümlich ins Augenmerk der Weltöffentlichkeit geraten, ist das jüngste Land der Welt: Mehr als die Hälfte der heutigen Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt, mehr als die Hälfte dieser Hälfte ist männlich und wird in den kommenden Jahrzehnten zu Millionen nach Beschäftigung suchen.

Zwischen den kahlen Gipfeln der Dreitausender um Sanaa und den glühend heißen Tälern, die hier Wadi genannt werden, werden sie keine Jobs und keine Zukunft finden. Der Jemen ist eine Stammesgesellschaft, die vom Islam geprägt ist, sich aber noch mehr an vorzeitlichen Sitten und Gebräuchen orientiert, die nirgends sonst existieren. Den halben Tag ist das halbe Land betäubt vom Qat, den Blättern eines Strauches, die als Volksdroge konsumiert werden. Ein ganzer Wirtschaftszweig bestellt Felder, die dringend für den Anbau von Getreide gebraucht würden, um die legale Droge anzubauen. Der Markt ist riesig: Kaum ist es Mittag geworden, schwärmen die Männer aus, sich ihre Tagesportion Qat-Blätter zu besorgen. Die wird dann am Nachmittag allmählich zerkaut und in der Backe verstaut, die Blicke werden leer, alle Tätigkeit erstirbt allmählich, außer lindem Geschwätz in durchweg männlichen Teerunden passiert nichts mehr.

Qat richtet das Land zugrunde, ist aber eine Tradition, die sich die Jemeniten sowenig nehmen lassen wie das Tragen des "Janbíya", eines gigantischen Dolches aus Kuchenblech, der als Männlichkeitssymbol in Bauchhöhe im Gürtel steckt. Täglich werden Qat-Blätter frisch nach Großbritannien geflogen, wo eine große jemenitische Auslandsgemeinde mit leern Backen sehnsüchtig auf Nachschub wartet. Statussymbole sind, hier, wo kaum jemand etwas hat, auf dass er stolz sein könnte, von großem Wert. Außerhalb der Städte, in denen das Mitführen von Waffen verboten ist, tragen noch immer viele Männer ihre Kalaschnikow, meist alte, klapprige Modelle, oder Flinten, die britische Eroberer vor Jahrhunderten hier zurückließen. Draußen in den Bergen gibt es zuweilen auch spontane Schießübungen von einem Berg zum anderen, bei kaum einer Hochzeitsparty geht es ohne Verletzte oder sogar Tote ab.

Die Stammesgesellschaft aber regelt Kollateralschäden nach altem Brauch. Es braucht keinen Staat, kein Gesetz. Als ein Europäer, als Entwicklungshelfer samt seiner Familie im Land, bei einem Verkehrsunfall einen älteren Mann anfuhr, weil der spontan und ohne um sich zu schauen auf die Straße getreten und direkt in sein Auto gelaufen war, holte die Familie des Opfers nicht etwa die Polizei. Nein, eine Delegation der führenden Männer des Clans begab sich freundlich zum Täter selbst, um mit ihm eine Auslösung aus der eigentlich verpflichtenden Blutrache zu verhandeln. Da es sich bei dem Opfer um einen älteren Mann von geringem wirtschaftlichen Wert handelte, reichte es am Ende, 5000 US-Dollar zu zahlen, um der zwangsläufigen Ermordung eines eigenen Familienmitglieds zu entgehen. Ein jüngerer Mann hätte mehr gekostet, ein Kind hingegen wieder weniger, eine Frau wäre, je nach Alter und Erhaltungszustand, noch günstiger gekommen...

Es ist ganz typisch für das Verhalten der zuletzt eher glücklos agierenden Terrororganisation Al Kaida, dass sie ausgerechnet im Jemen versucht, wieder Fuß zu fassen im weltweiten Terrorgeschäft: Keine andere Nation hat bisher mehr erfolglose Attentäter ausgeschickt, kaum ein anderes Land verfügt über einen schlechteren Zugang zu Ressourcen und nirgendwo sonst ist die Gefahr, entführt zu werden, größer.

Nach dem neuerlichen Fehlschlag einer ambitionierten Aktion wird sich Osama Bin Laden einmal mehr von seinen Gefolgsleuten fragen lassen müssen, ob es wirklich reicht, mit Tonbandbotschaften Terror zu simulieren. Schon geht in der Umma das geflügelte Wort vom Axl Rose des Terrorismus um: Bin Laden sei wie der Sänger der Guns N Roses mit einem Riesenhit gestartet, lebe aber seitdem nur noch von Ankündigungen.

Terror auf PPQ:
Bin Laden - Terrorist unter Touristen
Unmut in der Umma
In einem Land vor unserer Zeit

2 Kommentare:

Kongolese aus Blankenese hat gesagt…

> Axl Rose des Terrorismus

instant classic!

Anonym hat gesagt…

Die Stasi suchte nicht nach Beweismitteln, sie brachte sie mit, um sie anschließend wiederzufinden.