Montag, 23. Dezember 2013

HFC: Weihnachtsbilanz zum Weinen

Der Geist der vorigen Weihnacht ist es beim Halleschen FC wieder zu Gast. Dreimal verloren, das Septemberhoch passe, die Tristesse eines trostlosen Herbstes zeigt deutliche Spuren im Chart (oben) des Saisonverlaufes: Am heiligen Abend steht der HFC erstmals seit dem Spätsommer wieder auf einem Abstiegsplatz. Die Trendlinie (oben blau) zeigt zudem Unheil an. Seit acht Spieltagen fällt sie bereits - Ergebnis der Tatsache, dass die Stürmer nicht treffen, die Standards nicht funktionieren und die Fitness der gesamten Mannschaft in Kombination mit der Wechselpolitik von Trainer Sven Köhler in den letzten zehn Spielen eine desaströse Bilanz produziert haben.

In diesen Spielen seit Ende des goldenen Spätsommers, der fünf Siege bei nur einer Niederlage und einem Remis einbrachte, kassiert die Abwehr wieder 1,4 Gegentreffer pro Spiel, vorn dagegen trifft die Köhler-Elf nur noch 0,7 mal pro Spiel.

So stehen die Zeichen an der Wand: Darmstadt schaffte als bester Absteiger in der letzten Saison immer noch Werte von 0,84 eigenen Treffern bei 1,2 Gegentreffern pro Spiel. Selbst Babelsberg, das als Tabellenvorletzter ins Ziel ging, lag mit 0,84 eigenen Toren bei 1,4 Gegentreffern leicht besser als der HFC im Moment. Dessen Offensivleistungen sind numerisch sogar schlechter als die des Vorsaison-Letzten Aachen. Im Augenblick treffen auch die beiden hinter den Hallensern platzierten Vereine aus Saarbrücken und Burghausen häufiger das Tor. Nur die immer noch achtbare Defensivarbeit des HFC hat verhindert, dass sich die Rot-Weißen wieder ganz hinten am Tabellenende wiederfinden, wo sie nach dem verkorksten Start Mitte August schon einmal gastiert hatten.


In der Formtabelle dagegen nützt das nichts. Hier haben die Bertram, Gogia, Ziebig und Co. das Ende der Fahnenstange bereits erreicht: Es stehen zwar drei Punkte mehr als im Vorjahr zu Buche und auch die Torbilanz verbesserte sich marginal von 17-28 auf 20:26. Doch die Liga ist ausgeglichener als im letzten Jahr, die Abstände nach oben wie nach unten sind geringer geworden, die positiven Überraschungen seltener, Spiele häufiger, in denen eigene Überlegenheit nicht in Tore und Punkte umgemünzt werden kann.

In der Einzelbilanz der 20 Spieler aber, die irgendwann in diesen ersten 21 Spielen der Saison in der Startelf des HFC standen, zeigen sich die wirklichen Überraschungen - und statistische Auffälligkeiten, die mit dem Bild korrelieren, das Spieler auf dem Platz abgeben. Das System ist einfach, es orientiert sich an der Einzelstatistik in amerikanischen Sportarten: Wieviel Punkte holt ein Team, wenn welcher Spieler auf dem Platz steht? In einer solchen persönlichen Statistik zeigt sich, welcher Spieler der Mannschaft gibt und welcher von ihr nimmt, wer sie stärker macht - und wer sie schwächt.

Beim Halleschen FC des Jahrgangs 2013/2014 ist die entsprechende Tabelle eine Fundgrube an erstaunlichen und erschreckenden Informationen, die sich zudem auch noch bis ins Detail mit dem Gesamtbild decken, das die Mannschaft derzeit bietet, die auf einen Punkteschnitt von 1,14 pro Spiel kommt.

Der beste Spieler ist danach pro forma Außen Robert Schick - seine zwei Spiele von Anfang brachten sechs Punkt. Doch ebenso wie Niklas Brandt, der in seinen zwei Spielen in der Startelf auf immerhin drei Punkte kam, wird Schick wegen zu geringer Startplatz-Spiele - ebenso wie Torwart Kisiel und Abwehrrecke Lachleb - nicht berücksichtigt, um das Bild nicht zu verzerren.

Danach wird die Sache klarer: Bester Spieler beim HFC ist Philipp Zeiger, der seine acht Startplatz-Einsätze mit 16 Punkten krönte. Hinter ihm liegt mit Tony Schmidt ein weiterer offensichtlich unterschätzter Akteur - Schmidt hat in 14 Spielen von Beginn an 22 Punkte geholt. Nur wenig schlechter ist der zuletzt so arg kritisierte Timo Furuholm, der es in 15 Startplatz-Spielen auf beeindruckende 23 Punkte brachte.

Dahinter dann die nächste Überraschung: Mittelfeldmann Anton Müller avanciert mit 1,45 Punkten pro Spiel ((16 Punkte aus 11 Spielen) zum viertbesten HFC-Spieler.

Hinter diesem Quartett steht der Abwehrblock, der von links nach innen im Saisonverlauf nur einmal grundsätzlich verändert wurde, als Trainer Sven Köhler Routinier Adli Lachleb nach vier Spieltagen herausnahm und Kristian Kojola brachte. Kojola, der die Niederlagenserie zu Beginn verpasst hat, steht als bester Abwehrspieler nun mit 1,4 Punkte pro Spiel auf Platz fünf, hinter ihm folgen Torwart Kleinheider (1,3/18 Spiele/24 Punkte), Daniel Ziebig (1,2/20 Spiele/24 Punkte) und Marcel Franke (1,14/21 Spiele/24 Punkte).

Bis hierher liegen alle Spieler über oder zumindest auf Team-Durchschnitt. Die Baustellen folgen nun - und sie offenbaren die eigentlichen Problempunkte. Andy Gogia etwa, von den Fans für einen der wenigen Matchwinner-Typen gehalten, liefert faktisch nur 1,12 Punkte pro Spiel, etwa den Mannschaftsdurchschnitt. Und dass die rechte Abwehrseite eine Baustelle ist, zeigen auch die Zahlen: Sowohl Baude als auch Brügmann, die 12 bzw. 13 Mal eingesetzt wurden, bringen es nur auf einen Wert von 1 und liefern damit die schlechtesten Werte aller Abwehrspieler.

Noch schlechter sind jedoch die Daten derer, die bis hierher fehlen. Der allgemein für spielstark gehaltene Sören Bertram etwa kommt auf nur 0,88 Punkte pro gespieltem Spiel - in seinen 17 Einsätzen von Beginn an holte er nur bescheidene 15 Punkte. Noch schlechter ist Pierre Becken, der in fünf Starteinsätzen auf nur 4 Punkte kommt (0,8), während Toni Lindenhahn, von den Fans immer noch für einen Aktivposten gehalten, nicht mal das schafft. Das ewige Talent stand bis zu seiner Verletzung achtmal in der Startelf. Und holte sagenhafte fünf Punkte, was ihm einen Durchschnitt von 0,66 beschert.

Es gibt nur einen in der aktuellen Elf, dessen Trackrecord noch miserabler aussieht. Es ist der Mann, der auch von den Fans am heftigsten kritisiert wird. Stürmer Pierre Merkel durfte sich achtmal von Beginn an beweisen. Und schaffte es tatsächlich, dabei ganze vier Punkte zu holen. Ein unterirdischer Wert von 0,5 ist die Folge - Merkel ist der Ausreißer nach unten, der einzige Spieler, der nicht einmal 50 Prozent der Mannschaftsleistung erreicht.

Die Zahlen aber sind nur das eine, ihre Analyse ist das andere. Hier werden Verwerfungen deutlich, die dem Verein zu denken geben müssen. Schaut man auf die erfolgreicheren Spieler in der Trackrecord-Tabelle, fallen Zeiger und Müller auf, zwei Fußballarbeiter, die in der Kurve nie geliebt wurden, mit deren Namen sich aber die erfolgreichste Saisonphase bis Ende September verbindet. Elfmal stand Müller auf dem Platz, achtmal mit Zeiger zusammen, 16 Punkte waren das Ergebnis. Zum Vergleich: Pierre Becken, der die beiden ersetzt, seit Trainer Sven Köhler erst Müller und dann Zeiger endgültig aus der Startelf rotierte, kommt in seinen fünf Spielen auf gerademal vier Punkte.Selbst wenn Becken die drei Spiele, die ihm zu Zeigers Einsatzbilanz noch fehlen, sämtlich gewinnen würde, käme er nur auf 13 Punkten und läge hinter dem Mann, den er seit dem Sieg beim MSV Duisburg ersetzt.

Was ist da passiert? Warum hat Köhler den Erfolg ausgewechselt? Warum setzt er hartnäckig auf Becken, dessen Bilanz nach fünf Spielen keineswegs überzeugt? Und warum auf Merkel, dessen Statistik ein einziger Offenbarungseid ist?

Einen Fingerzeig gibt die Art, wie sich Sven Köhlers Umgang mit Aus- und Einwechslungen verändert hat. Zu Saisonbeginn lag sein Standartwert bei drei Auswechslungen, dabei blieb er bis zur Niederlage in Rostock. Die darauffolgenden drei Spiele wurde dann nur noch zweimal gewechselt;  die letzten vier Saisonspiele beließ es Köhler sogar bei einer einzigen Einwechslung (abgesehen von einem verletzungsbedingen Wechsel in der 92. Minute in Burghausen, als Ziegenbein pro forma als 2. Wechsler kam).

Der Kreis der Spieler, denen Köhler vertraut und mit denen er rechnet, wird offenbar nicht nur verletzungsbedingt - wie in den Fällen Lindenhahn und Wagefeld - kleiner. Nein, Lachleb, Zeiger, Müller und Brandt gehören augenscheinlich auch in verletzungsfreien Zeiten nicht zu dem Teil des Kaders, von dem sich der Trainer Hilfe oder gar Rettung erhofft. Und das wiederum ist erschreckend, weil er mit Müller und Zeiger immerhin auf zwei der vier besten und bislang erfolgreichsten Akteure seines Aufgebotes verzichtet. Während er andererseits mit Merkel, Becken und Bertram den - neben dem verletzten Lindenhahn - erfolglosesten Spielern eine Auflaufgarantie gegeben hat.



2 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

Das System mit der Doppel-Null ... ähhh ... Doppel-Sechs ... wenn man die richtigen Spieler dafür hat, vllt. eine feine Sache ...
Wer dann aber in einem Spiel, wie dem gegen RB, zwei Rekonvaleszenten auf der Doppel-Sechs nominiert, nach einer Stunde den Irrtum bemerkt, und dann dieses System zugunsten eines Stürmers auflöst, der in gefühlten 50 Spielen nicht einmal ins Tor getroffen hat ... dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen ...

ppq hat gesagt…

viel mehr kann man dazu nicht sagen

ziegenbein ist mit seiner bilanz von 1-0 unter den tisch gefallen