Samstag, 12. September 2015

HFC: Drei Punkte gegen die Angst

Tag eins nach dem Abschied vom ewigen Sven Köhler, der immerhin ein Sechstel der Geschichte des Halleschen FC auf der rot-weißen Trainerbank saß. Auf der neu heute: Stefan Böger, Ex-Dresden-Coach und MDR-Fußballsachverständiger, ein ruhiger Typ wie sein Vorgänger, der im Verlauf des Spieles gegen den Tabellenletzten Stuttgart II beweisen wird, dass nicht jeder Trainer vor seiner Bank so viel Auslauf braucht wie Köhler, der in der Regel mit der Fläche eines Bierdeckels auskam. Zuvor aber verabschiedet die Fankurve den Rekordcoach: "Danke, Sven Köhler" steht auf einem überdimensionalen Banner, das den Chemnitzer Fußballlehrer als den kernigen Ansager zeigt, der er zuletzt wohl einfach zu selten war.

Böger, kleiner, kurzhaariger, aber im selben Sportoutfit, hat die seit Saisonbeginn regelmäßig unglücklich geschlagene Mannschaft des HFC auf gleich vier Positionen verändert. Sören Bertram, bis hierhin Linksaußen, spielt jetzt für Dorian Diring auf der Zehn, Jonas Acquistapace rückt für Florian Brügmann auf die Linksverteidigerposition, Brügmann dafür für Bertram auf Linksaußen. Der von Köhler nach kurzer Bewährungsprobe aussortierte Stefan Kleinesheismann darf neben Marco Engelhardt doch wieder in der Innenverteidigung ran. Im Sturm fehlt der zuletzt überspielte Osayamen Osawe, dafür steht im Mittelfeld wieder der lange verletzte Max Jansen.

In dieser Aufstellung versucht der Favorit, der der HFC als überraschender Tabellenvorletzter gegen die VfB-Jungen immer noch ist, das Spiel schnell in den griff zu bekommen. Das fällt nicht allzu schwer, weil die in Trauerschwarz gewandeten Schwaben nach vorn so gut wie nichts zustandebringen. Allerdings sieht es beim HFC nicht viel besser aus: Druck ist da, doch er verpufft meist schon in Strafraumnähe.

So sehen die 5.600 auf den Rängen, diesmal alle aus Halle, erstmal das schlechteste Heimspiel der Saison 15/16. Die drei gelernten Innenverteidiger um Engelhardt spielt oft hintenherum, im Mittelfeld aber laufen sich Kruse, Jansen und Bertram ebenso häufig fest wie Sascha Pfeffer außen. Nur Brügmann, der hallesche Phillip Lahm, bringt zuweilen Schwung in die Offensivaktionen. Richtig gefährlich aber wird es für Stuttgarts Keeper Funk nicht.

Das 1:0 fällt so aus dem heiterem Spätsommerhimmel über den früheren Kurt-Wabbel-Stadion. gerade hat sich Jansen verletzt und Böger den Franzosen Diring gebracht, dessen bisheriges schaffen im HFC-Trikot beispielhaft für die ganze Mannschaft stand - fleißig, manchmal ganz gut aussehend, am Ende aber immer unglücklich. Jetzt aber ist es Diring, der nach einem Pfostenschuss von Bertram überlegt abstaubt.

Ganze Gebirge rutschen Spielern und Fans von den Schultern, ein Aufatmen wie ein kollektiver Seufzer geht ums Rund, als klar wird, dass Schiedsrichter Benjamin Bläser kein Abseits gesehen hat.

Die Erleichterung weicht dann aber doch schnell wieder einer gewissen Enttäuschung. Das ist zweifellos immer noch kein Feuerwerk, was der HFC hier abbrennt. Es geht immer wieder hinten rum, nach vorn helfen allzu oft nur lange Bälle. Zu sehen ist, dass Dominic Rau seine Rolle offensiv zu interpretieren versucht. Und dass Florian Brügmann im Mittelfeld wirklich wertvoller sein kann als in der Außenverteidiger.

Trotzdem sind es die Gäste, die so schnell aus der Kabine kommen, dass klar ist, wie wenig zu sagen war. Das Spiel müssen wir nicht verlieren, mag VfB-Trainer Jürgen Kramny seinen Leuten gesagt haben.

Die aber haben nicht die Mittel, den HFC wirklich in Gefahr zu bringen, auch wenn der in Erinnerung an die Dramen der vergangenen Wochenimmer noch furchtsam auftritt. Stuttgart attackiert jetzt früher, Halle dreht bei Gegenwehr ab und baut über Engelhardt neu auf. Wenn das mal schiefgeht, zeigt sich die Achillesferse der kantigen Riesenabwehr des HFC: Engelhardt ist langsam, die drei anderen sind groß, aber auch nicht sonderlich schnell.

Das kann schiefgehen, wäre unter Köhler vielleicht sogar schiefgegangen. Aber da der nicht mehr hier ist, rudert Böger nicht vergeblich nach mehr Zuordnung und Biss: Erst köpft Engelhardt noch vorbei. Dann wird Timo Furuholm in der Mitte angespielt, er tupft den Ball auf Brügmann draußen auf der linken Flanke, der zirkelt ihn auf den langen Pfosten. Und dort nickt der pünktlich eingetroffene Furuholm gelassen ein.

Die drei Punkte sind damit sicher, auch wenn Stuttgart den überzeugenden Fabian Bredlow im halleschen Tor nun doch noch zweimal prüft. Beide Male besteht der ehemalige RB-Mann, heute im grünen Horvat-Gedächtnistrikot, mit Auszeichnung.

Dann kommt Osawe für Pfeffer, der gleich zweimal hintereinander andeutet, dass seine Schnelligkeit am Ende eines Spieles vielleicht doch nützlicher ist als von Beginn an. Beim dritten Mal knallt es: Osawe erobert den Ball, weiter zu Furuholm, der bedient ihn. Tor. Spiel und Sieg.

Nach dem Schlusspfiff dann noch ein in Halle bisher ungewohntes Bild: Die Männer in Rot und Weiß bilden einen Kreis, ehe sie zum Gefeiertwerden vor die Fankurve gehen. Eine neue Gemeinsamkeit? Ein neuer, alter HFC? Hat der Neuling Stefan Böger den alten Geist der Ära Kanitz, Neubert, Kamalla und Hartmann zurückgebracht?

Am Dienstag amtiert Böger beim Spiel in Großaspach erstmals auswärts. Gerade dort tritt der gebürtige Erfurter in ganz große Schuhe.


5 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

Und trotzdem: alles richtig gemacht ... und nach vier Heimspielen gefühlt bereits mehr Punkte in der Heimbilanz als in der ganzen Vorsaison zusammen ...

ppq hat gesagt…

genau!!!!

Die Anmerkung hat gesagt…

Den Freunden fußballerischer Miniaturen sei ein weiterer Grund zu eitel Freude nachgeliefert.

Das Beispiel sollte Schule machen. Dann würden die Spieltabellen anders aussehen.

derherold hat gesagt…

Diese ständigen Schwankungen bei den Ergebnissen sind gar nicht gut für @ppq. In seinem Alter kommt es dann schon zu Hitzewallungen.

ppq hat gesagt…

@anmerkung. so was wünscht man sich dann noch