Montag, 1. August 2016

Brexit: Wie ein Weltuntergang verschwand

Kurz auf der Stichflamme gekocht: Das Thema Brexit ist unterdessen im Eiltempo den Weg aller Themen gegangen und unbeobachtet gestorben.
Für eine ganze Woche lang war es das Ende Europas, der Menschheit, der Zukunft. Nachdem eine kleine, aber von Putin und Boris Johnson radikalisierte Mehrheit der Briten sich gegen ein gemeinsames Haus Europa und für den Umzug in eine Einliegerwohnung entschieden hatten, zogen die deutschen Medien alle Register, um die anstehenden Schrecken der Separation an die Wand zu malen. Großbritannien würde verarmen, niemand würde mehr hinfahren, die britischen Intellektuellen, Findigen und Reichen würden fliehen, das Pfund alle Bedeutung verlieren.

Fernsehgerichte tagten, Spitzenpolitiker warnten, Europas Führer stellten im Minutenrhythmus klar, dass es ein Zurück in die Arme der Gemeinschaft der gemeinsamen Schulden, des ungelösten Flüchtlingsstreits und der Nichtanwendung des Rechts nicht geben werde.

Dann kam der Terror der psychisch Kranken. Und Großbritannien, das Land, an dessen Austritt das Schicksal ganz Europas hing, verschwand samt seinem Brexit nahezu komplett aus der Berichterstattung. Was eben noch eine Schicksalsfrage war, war plötzlich nicht mehr vorhanden.

Selbst für den Medienwissenschaftler Herbert Achtelbuscher vom An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung in Halle an der Saale, der seit vielen Jahren zum Thema Themensterben forscht, ein in dieser Wucht noch nie erlebtes Phänomen. Achtelbuscher hatte zuletzt im Fall der Ukraine- und der Griechenland-Berichterstattung festgestellt, dass es der Politik zunehmend gelinge, Themen zu pflegen, wenn sie ihr nützlich sind, während sogenannte unnütze Themen durch konsequente Ignoranz vom Nachrichtennachschub abgeschnitten werden. "So entsteht bei uns Bild der Welt, das sich nach politischen Vorgaben formt."

Es geht nicht mehr um wirkliche Bedeutung, sondern um Aufmerksamkeitsabsorbtion. Mit nur sieben Emp, einer von Achtelbuschers Expertenteam ersonnenen Einheit für einheitliche Empörung, hatte Ukrainekrise, obschon größte Friedensbedrohung seit dem Ende der Balkan-Kriege, weniger Haltbarkeit als seinerzeit das Sarrazin-Buch, analysiert der ausgebildete Entroposoph. Dies beweise die von seinem Team bereits vor Jahren dargelegte These, dass es überhaupt nicht darauf ankomme, "wie wichtig ein Thema wirklich ist, sondern vor allem darauf, wie es sich medial vermitteln lässt."

Der Brexit ist für Achtelbuscher "der klare Fall eines übertourten Themas, bei dem die Berichterstatter überwiegend politischen Wünschen folgten". Die noch gar nicht absehbaren Konsequenzen eines britischen Austritts seien "gezielt überzeichnet", die praktischen Erfahrungen mit der Folgenlosigkeit etwa des grönländischen Austritts hingegen verschwiegen worden. "Es ging wohl allein darum, einen Abschreckungseffekt zu erzielen." Als der erreicht zu sein schien, gesellte sich das eben noch so bedeutsame Thema zu all den anderen, die in der Vergangenheit auf einer Stichflamme gekocht und dann umgehend vergessen worden seien. Normalität kehrt zurück, der Brexit, so Achtelbuscher, wohnt nun dort, wo auch Griechenland, Fukushima, Wirtschaftskrise, Ukrainekonflikt, Flüchtlingswelle, AfD-Aufstieg und Böhmermann zu Hause sind. "Spannend wird es sein zu sehen, ob es dem Terrorthema gelingt, diesem Schicksal zu entgehen", schmunzelt der Experte.

1 Kommentar:

Die Anmerkung hat gesagt…

Das "Hurra - er war ein Nazi!" der Medien über den psychisch kranken Einzelamokläuferrassisten war ja auch das letzte Röcheln. Mit dem Auftauchen von das Merkel verschwand das Thema.

Heute aktuell: 16jährige ist Arschbombenweltmeisterin.

Hoffentlich geht die nicht hoch.