Dienstag, 18. August 2009

Montags nur Mails

In Sachsen-Anhalt gilt traditionell der schöne Brauch der "Draußen nur Kännchen"-Kultur: Jeder kann sich im selbsternannten "Land der Frühaufsteher" wünschen, was er möchte, gebracht wird trotzdem, was auf der Speisekarte steht. Die Deutsche Post, ein Staatsunternehmen, das seit der Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen läuft wie am Schnürchen, hält es ebenso: Montags gibt es nur noch Mails, keine Briefe mehr, weil sich das Austragen im Sommer einfach nicht lohnt.

Kunden des gelben Riesen hatten schon länger geargwöhnt, dass die Post, zu einem Drittel im Besitz des Bundes, die Zustellung von Sendungen aller Art nicht als Unternehmenszweck, sondern als lästige Zwangsaufgabe sieht. Immer wieder verschwinden Sendungen, andere brauchen Wochen bis zum Empfänger in der Nachbarstadt. Kürzlich flog ein Post-Mitarbeiter-Pärchen am Flughafen Halle-Leipzig auf, das über Monate hinweg hunderte Paketsendungen an sich selbst umadressiert hatte - die Ipod, Laptops und Handys kamen so zwar nicht bei den Empfängern an, ihr Fehlen fiel aber bei der Post auch nicht weiter auf. Denn ein bisschen Schwund ist hier immer - und ein bisschen mehr immer öfter.

Das hat die Deutsche Post jetzt auch freimütig zugegeben: Im Sommer sei "die Produktionskapazität dem Briefaufkommen" angepasst worden, sagte eine Sprecherin. Weil im Juli und August nur etwa 80 Prozent der Sendungen unterwegs seien, habe das Unternehmen "eine Reihe von Leistungseinschränkungen getroffen". Sendungen wurde nicht mehr am Wochenende sortiert, sondern erst am Montag - womit das Rätsel gelöst ist, dass Kunden zuletzt an Montagen nie mehr Post erhielten.

Derzeit plant der Fast-Monopolist, sich als Internet-Unternehmen neu zu erfinden: Über den wegweisenden neuen Service "Brief im Internet" soll dann jeder Briefe im Internet schreiben und versenden können, die die Deutsche Post dann als echte ausgedruckte Briefe bei Tante Karola und Opa Horst abgibt. Aber natürlich nicht montags!

6 Kommentare:

Friederich hat gesagt…

»Briefe im Internet schreiben und versenden können, die die Deutsche Post dann als echte ausgedruckte Briefe bei Tante Karola und Opa Horst abgibt.«

Das geht doch schon ganz ohne VEB Post: http://snailmailr.com

ppq hat gesagt…

naja, die erfinden ja demnächst auch das paket neu. man soll dann dinge im internet bestellen können, die in kisten an adressen geschickt werden, die man selbst aussuchen kann. als "wunschpaket" will die post das vermarkten

Teilzeitpostler in München hat gesagt…

Da fährt gerade wieder jemand ne kleine Kampagne gegen die Post, und die Leute nehmen's dankbar als Ventil zu lästern, wie Sch*** alles ist. Dabei ist das Ganze halb so wild.
Es wird nicht "am Wochenende nicht mehr sortiert", sondern nur am Sonntag nicht. Dh. was bis Freitagabend bzw. Samstagmorgen vor Briefkastenleerung abgeben wurde, wird am Samstag sortiert und kann auch am Montag zugestellt werden.
Und Montags wird nur keine Reklame und Infopost zugestellt, vollbezahlte Briefe schon.
Und die ganze Sparaktion endet auch schon wieder nächsten Montag, 24.8. So get over it.
Im Übrigen: Wer meint, dass Basisinfrastruktur wie Post, Bahn, Wasserversorgung etc. dringend privatisiert werden muss, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Service immer schlechter wird. Für Privatunternehmen und AGs ist halt der Shareholder Value wichtiger als "das Produkt"; das ist nur Mittel zum maximalen Profiterlös.

Alfons Huber hat gesagt…

Das wußte ich noch nicht, jetzt bemühe ich mich am Montag erst gar nicht mehr an den Briefkasten. Ich habe mich montags nur immer über die Leere gewundert.

Friederich hat gesagt…

»… man soll dann dinge im internet bestellen können, die in kisten an adressen geschickt werden, die man selbst aussuchen kann.«

Was kann man sich aussuchen? Die Kisten? Die Adressaten? Die Dinge, die in die Kisten kommen? Wann man selbst in die Kiste kommt?

ppq hat gesagt…

alles! du kannst dir alles aussuchen! was drin ist, wohin es gehen soll. angeblich wollen die da mit amazon und ebay zusammenarbeiten!