Freitag, 2. September 2011

Revolution der Raubkopierer

Die Bilder zeigen den Despoten als einfachen Mann, wie er seinem Hobby nachgeht, die Parade seiner Söhne abnimmt, einfach er selbst ist, Muammar al Gaddafi, ein afrikanischer Mann in bunten Gewändern, der Nachfolger des kleinen Muck, nur größer, gesegnet mit einer überschminkten Tochter und dem Selbstbewusstsein, seine Naturkrause offen zu tragen.

Fotos, die ungestellt sind, Fotos, die die Welt zum ersten Mal sieht. Rebellen haben mit Gaddafis Gemächern auch seine privaten Fotoalben erobert, ein Fotograf der französischen Agentur AFP fotografierte einen Schwung der Privatbilder aus den Familienalben des Diktators ab und die bunte Wartezimmer-Illustrierte "Stern" zeigt sie nun ihren Lesern.

Versehen mit der Quellenangabe "AFP" - und hier wird es interessant. Denn selbstverständlich hat der Agenturfotograf die Bilder nicht nur nicht gemacht, sondern ausschließlich kopiert. Nein, es handelt sich auch noch um Raubkopien, da eine Genehmigung der Familie Gaddafi zur Verwertung ebensowenig vorgelegen hat wie die Einwilligung der Inhaber der jeweiligen Urheberrechte, das heißt der Personen, die bei den Originalfotos auf den Auslöser gedrückt haben.

Kurz und gut: Bei der Bilderstrecke im "Stern", die identisch oder leicht abweichend von anderen Blättern mit der Quellenangabe "Reuters" gezeigt wird, handelt es sich um eine Ausstellung von Raubkopien. Gestohlenes Bildmaterial, versehen mit einer gefälschten Urheberangabe, veröffentlicht ohne Einwilligung der Abgebildeten, obwohl die auf den Fotos zum Teil noch minderjährig sind. Natürlich ist davon auszugehen, dass nicht beabsichtigt ist, den ursprünglichen Urhebern, seien es arme Zimmermädchen, Leibwächter oder Familienmitglieder Gaddafis gewesen, ein Honorar zur Abgeltung ihrer Rechte zu zahlen.

PPQ macht den Test: Für das Video oben wurden die von AFP illegal kopierten Bilddateien erneut abfotografiert und aneinandergereiht, es handelt sich also um Kopien der Kopien, bei denen Urheberrechte ebenso unzweifelhaft bei PPQ liegen wie die Urheberrechte der direkt in Tripolis angefertigten Kopien im Besitz des AFP-Fotografen sind. Eine Genehmigung der Familie Gaddafi, das Material zu verwerten, liegt gleichfalls nicht vor, es ist darüberhinaus aus ethischen Gründen nicht geplant, der "Dynastie des Diktators" (dpa) oder den wahren Urhebern ein Honorar zu zahlen.

Die Frage ist: Wird AFP Beschwerde führen? Wird Youtube, das seit Monaten ein scharfes Schwert gegen Filme schwingt, die echte oder vermeintliche Rechte Dritter verletzten, die Löschtaste drücken? Empören sich die deutschen Verleger angesichts dieses ernsten und akuten Falls von gewerblicher Raubkopiererei? Meldet sich der Presserat beim "Stern"? Oder ruft Gaddafi gar aus seinem "Geheimversteck" (Bild) in Hamburgr an und gibt die Namen der Fotografen durch?

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1 Kommentar:

Friederich hat gesagt…

Die interessante Frage ist ja gar nicht: »Wird AFP Beschwerde führen?«, sondern: »Wird Gaddhafi ppq genauso verbieten wie er die Schweiz verboten hat?« Ihr seid hier auf sehr dünnem Eis mit diesen Photos. Nach einem Comeback Gaddhafis (und bei Schauspielern muß man ja immer mit einem Comeback rechnen) könnte das letzte »Verbot der Woche«, das hier publiziert wird, das ppq-Verbot sein.