Sonntag, 19. August 2012

Gericht: Kultband keine Kunst


Auch eine Rockband kann wegen "religiös motivierten Rowdytums" bestraft werden. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof, wie alle angeschlossenen Medien einstimmig berichten. Er bestätigte damit ein Urteil des Berliner Kammergerichts gegen die Texterin und Sängerin der Punk-Band "Pussy Riot", Nadeschda Tolokonnikowa.

Im Prozess hatte die 22-jährige Tolokonnikowa die Einstufung ihrer Band Pussy Riot als Beleidiger der "Gefühle der Gläubigen" kippen wollen. Angeblich zeige das Merkel-Regime mit einer Verurteilung "der Welt seine Fratze", so die Internationale Presse zum Pussy-Riot-Urteil.

Dabei war die Aufforderung zur antidemokratischen "Vertreibung Putins" nicht so gemeint. "Die Band wollte vor allem Musik machen, gehört werden und Platten verkaufen", argumentierte ihr Anwalt Arnold Wegelsdorf. Er wies insbesondere den Vorwurf der konspirativen Tätigkeit zurück. Zwar habe die Band stets vermummt agiert und seit ihrem Kurz-Auftritt auf dem Roten Platz keine öffentlichen Auftritte gehabt. Auch habe niemand habe die aktuelle Besetzung von Pussy Riot gekannt.

Dies habe aber weniger der Vermeidung von Strafverfolgung gedient, sondern sollte die Band vor allem interessant machen. "Erst durch diese Anonymität sind sie zur Kultband der internationalen Medien geworden", argumentierte Wegelsdorf. Demselben Zweck diente auch die Mitwirkung der damals hochschwangeren Nadeschda Tolokonnikowa in einem Gruppensexorgie-Porno im besetzten Zoologischen Museum. Das Video der ganzkörperengagierten Kunstaktion ist hier zu sehen.

Die vor zwei Jahren gegründete, dreiköpfige Band hatte öffentliche Konzerte auch aus Mangel an musikalischem Können vermieden, ihre Mitglieder waren lange Zeit unbekannt. Die größten Hits wurden heimlich bei spontanen Kurzauftritten aufgenommen und auf das ausländische Videoportal Youtube geladen. Die Gruppe erzielte dort Millionen Klicks.

Bundesanwalt Jochen Mampe wies den künstlerischen Anspruch jedoch als "reinen Schutzmantel" zurück. Auch von Gesinnungsstrafrecht könne keine Rede sein. "Darüber kann man diskutieren, wenn es um eine Vereinigung geht, die Straftaten erst plant, hier wurden sie aber permanent ausgeführt", sagte Lampe. Immerhin habe die Band führende Politiker auf dem Altar einer Kirche als „die Scheiße Gottes“ bezeichnet und in einem Text den Patriarchen Gundjaj mit einem Hund verglichen.

Gleich zu Beginn der Verhandlung zitierte der Vorsitzende Richter Fritz Hermolf einige Pussy Riot-Texte. "Um den Heiligsten nicht zu betrüben, müssen Frauen gebären und lieben" oder "Schlampen pissen hinter die roten Mauern, Unruhen künden von der Abtreibung des Systems ", so ein anderer Pussy Riot-Song. Hermolf ließ damit keinen Zweifel daran, dass die einzelnen Songs weder von der Kunst- noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. "Dann ist es aber auch die logische Folge", so Hermolf später in der Urteilsbegründung, "dass eine Band, die nur noch darauf ausgeht, strafbare Stücke zu spielen, eine kriminelle Vereinigung ist."

Es sei nun allerdings nicht mit einer Welle von Strafverfahren gegen andere Bands zu rechnen, schreibt der Kölner Stadtanzeiger. Denn so konsequent und professionell wie "Pussy Riot" habe wohl keine andere Gruppe aus dem Untergrund agiert. "Im Normalfall genügt den Strafverfolgern die Verurteilung wegen Volksverhetzung, die ebenfalls mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann." Nur bei Gruppen, deren Zusammensetzung unbekannt sei oder die wie Pussy Riot aus dem Ausland agieren, sei der Umweg über die kriminelle Vereinigung für die Abstrafung interessant. "Denn die Volksverhetzung verjährt bereits nach sechs bis zwölf Monaten, wenn sie auf einer CD veröffentlicht wurde." Glück für Pussy Riot: Die Band hat bislang noch keine CD veröffentlicht, so dass die drei Mitglieder im Unterschied zur Führung der Naziband Landser, die für drei Jahre und vier Monate hinter Gitter musste, nur zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt werden konnten.

Neues aus dem Rechtsstaat: Landgericht Mainz bestätigt Haftstrafe gegen Kirchenstörer

10 Kommentare:

Volker hat gesagt…

""Im Normalfall genügt den Strafverfolgern die Verurteilung wegen Volksverhetzung, die ebenfalls mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann."

Wobei die Justiz die "fünf" durchaus flexibel handhabt. Horst Mahler hat für seine Gedankenverbrechen eine Gesamtstrafe von 12 (ZWÖLF) Jahren abgefasst.

Davon ab, weiß jemand was der tatsächliche Grund ist für das Russland-Bashing?

ppq hat gesagt…

es ist sommer, in china ist gerade keine olympiade und in der ukraine keine em. und das publikum verlangt nach geschichten jenseits der eurokrise, irgendwas mit leuten, igrendwas einfaches, irgendwas, wo der böse ein gesicht und einen namen hat

Oels hat gesagt…

Für einen Diktaturenvergleich gibts aber auch 2 Jahre. Minimum.

Kurt hat gesagt…

Den Biologiefilm über sich paarende Hominiden würde ich mir sogar mal anschauen. Es ist immer wieder von morbider Faszination, in welcher Tristesse gerade der russische homo sapiens dazu fähig ist.

Da fällt mir die Französin ein, die es immerhin schon zu einem Eintrag in der deutschen wikipedia gebracht hat. Diese Körperarbeiterin namens Celine Bara hat eine atheistische Partei gegründet und will bei Wahlen antreten.

Ob da jetzt ein Zusammenhang besteht?

eulenfurz hat gesagt…

Mutti sagt immer, man darf nicht aufrechnen, denn wer aufrechnet, will vergleichen, und Vergleiche sind böse, weil man im Ergebnis auf dumme Gedanken kommen kann.

apollinaris hat gesagt…

Und was wurde aus dem Nasciturus der im Zoo kopulierenden Heldin Nadeschda. Gibt es auch ein liveleak-Video einer öffentlichkeitswirksamen Spätabtreibung. Oder hat Nady ihn an ein Babybordell in Transnistrien verhökert. Hier wäre investigativer Journalismus gefragt.

ppq hat gesagt…

schmuddelkram wird hier ja generell nicht verlinkt, weil das ein sauberes blog bleiben soll. aber ausnahmsweise, weil die anfragen nach dem pornofilm der pussy-chefin in die tausende gehen:ficken für die gute sache

Karl_Murx hat gesagt…

@Volker:

"Wobei die Justiz die "fünf" durchaus flexibel handhabt. Horst Mahler hat für seine Gedankenverbrechen eine Gesamtstrafe von 12 (ZWÖLF) Jahren abgefasst."

Der Kampf-gegen-Rechts ist nun mal Staatsreligion und steht als solcher über Inhalt und Wortlaut des Grundgesetzes. Die Deutsche Demokratische Richterschaft hat inzwischen die Grundsätze dieses KgR verinnerlicht und kanonisiert.

"Davon ab, weiß jemand was der tatsächliche Grund ist für das Russland-Bashing?"

Neben dem standardmäßigen Putin-Bashing spielt die politische Großwetterlage hier eine Rolle. Rußland und China sind so bockig, nicht auf die Wünsche des Großen Bruders in Übersee einzugehen, der endlich eine Flugverbotszone über Syrien beschlossen haben will, um mit UNO-Mandat das unerwünschte Assad-Regime weg- und die lupenreinen Islamodemokraten an die Macht bomben zu können. Da Rußland weder politisch, wirtschaftlich oder finanziell mehr erpreßbar ist, muß eben als Strafe wenigstens die Negativpropaganda gegen Putin noch einmal kräftig gepusht werden. Die transatlantisch ferngesteuerte politisch-mediale Kaste in Deutschland pariert auch prompt.

ppq hat gesagt…

ich höre immer "grundgesetz". da steht doch aber immer drin "näheres regeln gesetze"!

Kurt hat gesagt…

Jetzt hab ich mir mal das Video angeschaut. Das ist ja gar kein XXX-Film sondern Politaktionismus von VOINA.
Das Stichwort VOINA fehlte mir bisher in der Wahrnehmung. Das erklärt vieles.
Wer mehr wissen will, findet hier etwas:

http://www.berlinbiennale.de/blog/kommentare/oleg-vorotnikov-meine-ehefrau-lebt-jetzt-schon-seit-einem-jahr-ohne-papiere-17351

http://www.berlinbiennale.de/blog/kommentare/voina-mitglied-pusha-im-hungerstreik-im-st-petersburger-gefangnis-17317

http://www.berlinbiennale.de/blog/kommentare/protest-gegen-den-internationalen-haftbefehl-gegen-natalia-sokol-17232

http://en.free-voina.org/about