Donnerstag, 13. Juni 2013

"Verschwendung": Berlin schließt staatlichen Rundfunk

Der Schritt war nur wenige Stunden zuvor angekündigt worden: Deutschland hat seine staatlichen Hörfunk- und Fernsehsender geschlossen. Die 25 Fernsehkanäle und 77 Hörfunkprogramme von ARD und ZDF stellen am Dienstagabend kurz nach 23 Uhr den Betrieb ein. Die Bildschirme werden schwarz. Die Sender, die jährlich rund acht Milliarden Euro kosten, seien "ein typischer Fall unglaublicher Verschwendung" geworden, begründete Regierungssprecher Sven Simons den Entschluss der Regierung. Am Mittwochvormittag kündigte die Regierung dann ein Gesetz für "einen neuen deutschen Rundfunk" an. Der Gesetzentwurf zur Neuregelung von Fernsehen, Radio und Internet soll am Nachmittag in der zuständigen Kommission erörtert werden.

Die Entscheidung stellt die Nationale Rettungsfront vor eine neue Belastungsprobe, da zwei Partner entschiedenen Widerstand ankündigten. "Wir sind absolut gegen die Entscheidungen und deren Umsetzung durch die Regierung", erklärte die CSU. Ähnlich äußerten sich Linke, Grüne und CDU.

Die auch von den Gewerkschaften umgehend scharf kritisierte Maßnahme ist auch ein Entgegenkommen an die europäischen Partner, die zuletzt kritisiert hatten, dass Deutschland sich weiteren Hilfen für die akut bedrohten Schuldenländer verweigere, gleichzeitig aber das teuerste staatliche Rundfunkprogramm der Welt unterhalte. Die Polizei habe die Hauptsendezentralen in Mainz und den 16 Bundesländern ausgeschaltet, hieß es aus Gewerkschaftskreisen. "Das ist illegal", sagte der Präsident der wichtigsten Gewerkschaft der Fernsehmitarbeiter. Zeitgleich zum Programmstopp veröffentlichte das Finanzministerium eine Mitteilung, wonach ARD und ZDF als Einheit nicht mehr existieren.

Das Kabinett hatte die Schließung kurzfristig angekündigt. Sie begründete dies mit der schlechten Führung und den hohen Kosten der Anstalt. Allerdings solle sie in neuer Form und mit deutlich weniger Mitarbeitern bald wieder auf Sendung gehen. Die knapp 23.000 Mitarbeiter erhielten eine Abfertigung und hätten zudem die Möglichkeit, sich beim neuen Sender um eine Stelle zu bewerben, sagte ein Regierungssprecher. So lange würden die privaten Sender die Grundversorgung gewährleisten. Geplant ist nach Angaben der Regierung, in den kommenden Monaten ein neues Konzept für einen kleineren staatlichen TV- und Hörfunk-Sender mit rund 1000 Mitarbeitern auszuarbeiten. Vorbild sollten moderne öffentlich-rechtliche Anstalten in Europa sein.

"In einer Zeit, in der das die europäischen Völker Opfer von uns fordern, gibt es keinen Platz für Aufschub, Zögern oder heilige Kühe", sagte der Regierungssprecher. Beschäftigte der Sender versammelten sich nach der Ankündigung in großer Zahl vor den zahlreichen Sendezentralen überall in der Republik. "Das ist ein totaler Schock", sagte ein Redakteur. Die Mitarbeiter kündigten an, gegen die Entscheidung zu kämpfen und riefen andere Medien dazu auf, ihre Arbeit aus Protest ebenfalls einzustellen. Private Sender unterbrachen ihr Programm und sendeten als Zeichen der Solidarität sechs Stunden wie sonst auch Wiederholungen und Werbung. "Wir wollen unsere Solidarität mit den Mitarbeitern des staatlichen Rundfunks zeigen und gegen die inakzeptablen Reformen im öffentlichen Sektor protestieren, die von den Schuldenstaaten gefordert wurden", sagte auch ein Gewerkschafter.

Viele Prominente aus Wissenschaft, Politik und Kultur äußerten sich empört und fassungslos über die Auflösung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Schauspieler, Sänger und Bundespolitiker fragten, wo sie denn dann demnächst ihre neuen Bücher, Reformideen, CDs und Filme vorstellen sollten. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) forderte die deutsche Regierung auf, ihren Beschluss wieder rückgängig zu machen. Angela Merkel solle ihre Macht nutzen, um "unverzüglich diese Entscheidung zu annulieren", forderten EBU-Präsident Jean-Paul Philippot und Generaldirektorin Ingrid Deltenre in einem Brief. Zwar gebe es Sparzwänge, doch seien öffentlich-rechtliche Medien als Transmissionsriemen der Ansichten der Regierung ein "Herzstück demokratischer Gesellschaften".

8 Kommentare:

FDominicus hat gesagt…

Zu schön um wahr zu sein.

Unknown hat gesagt…

Von Griechenland lernen heist siegen lernen!

Teja hat gesagt…

Und was ist mit der GEZ-Zwangsabgabe?

Man spürt förmlich das Vergnügen, mit dem der Artikel verfasst wurde :)

FDominicus hat gesagt…

@Teja, Wann wurde der Soli eingeführt und haben wir Ihn immer noch oder nicht. Es wurde ja nur der Rundfunk geschlossen. Denken Sie daran, daß in der Eu doch gerade über die Zeitungslandschaft entschieden werden muß. Von wegen Pluralität - oder so. Das kommt die GEZ ja gerade richtig, es handelt sich doch um eine Demokratieabgabe. Und Demokratie kann man doch nie genug haben oder?

Thomas hat gesagt…

"Private Sender unterbrachen ihr Programm und sendeten als Zeichen der Solidarität sechs Stunden wie sonst auch Wiederholungen und Werbung."
Meine Liebligsprotestform! Die Libelingstätigkeit einem höheren Ziel widmen, wie FFF. Da fehlen dann einfach nur die staatlichen Beihilfen.

Thomas hat gesagt…

"...Entgegenkommen an die europäischen Partner, die zuletzt kritisiert hatten, dass Deutschland sich weiteren Hilfen für die akut bedrohten Schuldenländer verweigere, gleichzeitig aber das teuerste staatliche Rundfunkprogramm der Welt unterhalte." ist übrigens schenjal!

Anonym hat gesagt…

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Halbwahrheiten und Lügen ist ein Menschenrecht und für unsere Demokratie unabdingbar!

Und was sollen die Intendanten und anderen Schabracken nun tun? Etwa einer sinnvollen Arbeit nachgehen? Auf Marktplätzen Singen und Tanzen? Sich auf dem Straßenstrich feilbieten? Das geht doch nicht!

Anonym hat gesagt…

Wartet ab kommt noch!! Warum wohl Automaik GEZ TVGebühren?? Aber in Griechenland könnte man auch den Staat in Globo absetzten, die verursachen auch nur Kosten und bringen dem Volk auch nix.....
Tja wenn das Beispiel Griechenland schule macht, dann haben alle EU Bürger freude