Sonntag, 2. Februar 2014

Unwort des Monats: Zuwanderer

Das "Unwort des Monats Januar 2014" lautet "Zuwanderer". Das gab die Jury unter dem Vorsitz der Sprachwissenschaftlerin Cora Panisch in Darmstadt bekannt. Mit dem Schlagwort "wurde von einigen Politikern und Medien gezielt Stimmung gemacht", begründete die Jury ihre Entscheidung, ab sofort nicht mehr nur einmal im Jahr, sondern monatlich ein "Unwort" zu bestimmen.

Panisch erklärte: "Der Begriff ,Zuwanderer´ diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu." In der Begründung der Jury hieß es außerdem: "Das Grundwort 'Wanderer' suggeriert in Verdrehung der offenkundigen Tatsachen eine dem Vergnügen und der Erholung dienende Reisetätigkeit". Im Gegensatz zum früher gebräuchlichen "Einwanderer" spiele der Begriff mit dem vorangestellten "Zu" zudem subtil mit einer Assoziation zum Wort ,zuviel" und erzeuge damit Furcht vor den nach Deutschland kommenden Neubürgern.

Der Ausdruck "Zuwanderer" reihe sich damit ein in ein Netz weiterer Unwörter, die diese Stimmung befördern, sagte Panisch, die auf das eben erst gekürte Unwort 2013 verwies, das "Sozialtourismus" hieß. Auch der damals auf dem zweiten Platz geführte Begriff "Armutszuwanderung" versuche, das dem Freizeit dienende Wandern zu benutzen, um den Zuzug von gering qualifizierten Migranten eine Art Spaßmotivation zu unterstellen.

Das "Unwort des Jahres" wird seit 1991 jedes Jahr ausgewählt, ab 2014 soll es jeden Monat ein Unwort geben. Durch die Aktion solle die Unwort-Jury häufiger als bisher in den Medien vorkommen. Dazu benennt eine Jury aus sechs Experten ihrer Ansicht nach unangemessene oder inhumane Formulierungen, die zumeist bis zur Kürung zum Unwort großen Teilen der Bevölkerung völlig unbekannt sind.

Die Jury besteht aus vier Sprachwissenschaftlern, einem Journalisten sowie einem jährlich wechselnden Mitglied aus dem Bereich Kultur und Medien. Sie arbeitet institutionell unabhängig und ist von niemandem benannt, beauftragt oder ermächtigt. Unwortvorschläge können ab sofort jeden Monat bis einschließlich dem 15. Tag des Monats unter dieser Mailadresse eingereicht werden.

Le Penseur mit einer dezidiert sprachwissenschaftlichen Stellungnahme


8 Kommentare:

quer hat gesagt…

Einmal im Monat erscheint mir ein wenig dürftig. Besser wäre es, bereits am Morgen eines jeden Tages das tägliche Unwort mit auf den Weg zu geben. Dann wüßten die Menschen, was gerade auf der Verbotsliste des Tagesgespräches steht. Im Sinne von "Neusprech" ein sicheres Fundament der korrekten Haltung.

ppq hat gesagt…

schritt für schritt und immer langsam mit den jungen pferden! wachstum braucht geduld und auch schrumpfen will gelernt sein. zum wochenrhythmus kann man immer noch übergehen, später dann zum gewünschten tages-unwort

jetzt muss erstmal monatlich gewarnt werden, und das geht nur, wenn breite bevölkerungsschichten sich engagiert beteiligen

Geier hat gesagt…

Man sollte zunächst mal mit solch sexistischen Vokabeln wie Mann, Frau, Mädchen, Junge usw. aufräumen. Dann müßten so speziezistische Begriffe wie Mensch auf den Index, die alle möglichen anderen Säuger diskriminieren. In einer nächsten Stufe könnte Säugetiere verschwinden, um der Diskriminierung der Vögel, Wirbellosen etc. ein Ende zu machen. Der Begriff Biomasse für alle sollte am Ende eigentlich reichen. Es sei denn, man verletzt damit die Gefühle anorganischer Materie, aber das könnte ja dann eine Ethikkommission aus Gewerkschaftern, Kirchenvertretern und Medienschaffenden klären.

Anonym hat gesagt…

Wöchentlich ein Unwort, soviel sollte denn schon drin sein (Zumindest als Fernziel). Wie wäre es mit dem "Unwort zum Sonntag".

(Das bisherige "Wort zum Sonntag" kann man dann abschaffen und gleich mit zum Unwort erklären.)

Corax hat gesagt…

Neben den löblichen Kürungen und öffentlichen Anprangerungen von Unwörtern, sollte man langsam auch damit beginnen, in gleicher Weise auch unsäglichen, unerträglichen und kruden subverbalen Sprachelementen auf den Leib zu rücken. Zum Beispiel Morphemen, also Vorsilben oder Endungen u.Ä. So gehört z.B. längst die Wortendung „-tum“ schon seit langem ausgemerzt, mindestens seit der Philosoph Günter Anders die Unartigkeit dieser Wortendung klar erkannt und ungeprangert hat. Wir alle wissen ja, wohoin es führt, wenn mithilfe dieser Wortendung unartige Worte wie Volkstum, Deutschtum, Eigentum und so weiter gebildet werden. Neben derlei Unmorphemen gibt es zweifellos auch haufenweise Unlaute, welche unseren Sprachkörper eben auch fonetisch in höchst erschreckender Weise mit unerträglich menschenverachtender Krudheit infizieren. Ganz sicher gehört da das gerollte Zungenspitzen-R dazu. Welche Laute sonst noch als Unlaute zu gelten haben werden, das gilt es forsch zu erforschen, unerbittlich zu entlarven und ihre fürderhinnige Aussprache strengstens zuz verbieten. Der Staat sollte da Forschungsgelder zur Verfügung stellen. Es gibt genügend Germanisten. Der Plebs muß aufs Maul geschaut und gehauen werden. In lexikalischer, morphologischer und phonologischer Hinsicht!

Anonym hat gesagt…

Je öfter, desto besser, daher mindestens täglich ein Sprechverbot. Das obrigkeitsgläubige, blasrohrkriecherische Bundues-Hornvieh, würde sich sogar gegenseitig darin zu übertreffen versuchen, die Sprechdiktate brav und willig einzuhalten. - Und es wäre dann ein täglicher denunziatorischer Hochgenuss die Abweichler und Nichtbefolger anzuschwärzen. - Und welch Menge wichtiger Ämter und Instanzen daraus erwachsen würden. - Sprachblogwarte, Sprachumerzieher, und und und.

Anonym hat gesagt…

@Corax

Dank der fortschreitenden Versaupreissiffizierung der Bä-Är-Dä , die mit dem Zugewinn der ostelbischen Rot-Saupreissn noch mal einen kräftigen Schub erhielt, ist nicht nur das gerollte Zungenspitzen-R , sondern der Kopnsonant „R“ als solcher, zum Paria- Phonem avanciert. Damit konnte die gewachsene Mehrheit der Nordweisswurstäquatorianer das faschistische Potenzial, dieses Unkonsonanten (Zungespitzen-R), der in solch reaktionären Nestern, wie Bayann oder Teilen von Schwaben oder der Pfalz noch fröhliche Urstände feiert, erfolgreich weiter zurückgedrängt werden.

Ein leuchtendes Vorbild darin ist unsere saupreissisch sprechende, hosenanzügliche Kanzlereuse-Mimin, bei der es ja bekanntlich nur noch „Vata“, „Mutta“, eine „Wööklichkeit“ und so „weita“ gibt.

Weiterhin höchst fascho-verdächtig, da sehr unpreississch, sind die bayuwarischen weichen (d h. nicht Explosiv-Konsonanten) P und T. – Da gilt es noch viel Sprachumerziehung zu leisten.

Gernot hat gesagt…

"Der Begriff ,Zuwanderer´ diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu."

Äh, ich denke, die kommen als Fachkräfte, hochausgebildet und motiviert, um uns zu bereichern?