Dienstag, 24. Februar 2015

Mit Septrilliarden aus der Schuldenkrise

Dass Staaten ihre Schulden zurückzahlen, wie es rund um die griechische Tragödie, die im Begriff ist, als Farce zu enden, stets behauptet wird, war über alle Zeiten der Menschheitsgeschichte ein eher theoretischer Ansatz. Staaten borgten Geld, und sie zahlten den Preis dafür, indem sie sich Geld borgten, dessen Preis sie bezahlten, indem sie noch mehr Geld borgten. Aber mit dem Satz, dass Staaten nicht pleitegehen könnten, schufen sie einen ehernen Mythos: Irgendwann, eines Tages, bald, bald, bald, bekommen alle, die etwas gegeben haben, alles zurück. Auch Griechenland wird, da sind wir sicher, nachbessern, reformieren, ein bisschen auf Zeit spielen und dann im Euro bleiben und seine Schulden zurückzahlen: Jeder einzelne Grieche 33.000 Euro, alle zusammen 340 Milliarden. Jeden Tag werden auf die Summe 16 Millionen Euro Zinsen fällig, 1,50 Euro für jeden Griechen inklusive Kleinkinder. Jährlich wächst die Schuldensumme damit um rund sechs Milliarden, einfach so. Das sind 13 Prozent der gesamten Staatseinnahmen Griechenlands.

Doch Griechenlkand wird zurückzahlen. Es ist dies das Fundament der modernen Staatswirtschaft, eine nie eingehaltene Regel, die dadurch fortbesteht, dass alle an sie glauben. Der Staat, der sich über hunderte von Jahren von eingegangenen Verpflichtungen zu befreien wusste, indem er seine Gläubiger mit der Begründung um ihr Geld betrog, dass sie ihm einen Anteil erlassen müssten, weil sie sonst gar nicht bekämen, hat den Ruf des last resort, eine uneinnehmbare Festung der Sicherheit, die Banken rettet, Sparer schützt und für Geldwertstabilität sorgt.

Zurückgezahlt wird dabei nie, allerdings ist das bisher nicht Teil des öffentlich kommunizierten Geschäftsmodells der Staatsfinanzierung gewesen. So wie Pokern nicht ohne den Satz „will sehen“ funktioniert, war Schuldenwirtschaft bislang nicht vorstellbar ohne das Versprechen, eingesetztes – also verliehenes - Kapital eines Tages tatsächliche wieder zurückzuerhalten.

Bis die EU kam. Hier, auf einem Kontinent, der wachsenden Nationalsmus als Erfolg von Einigungsbemühungen, eine kriselnde Währung als Gewinn und das Abbremsen der Geschwindigkeit, mit der immer mehr neue Schulden gemacht werden, als „Sparen“ ausgibt, kann auch eine Idee entstehen, nach der es möglich ist, Investoren mit dem versprechen zu locken, Schulden nicht mehr nicht zurückzuzahlen, sondern sie einfach nie zurückzuzahlen. „Es ist geradezu atemberaubend“, schwärmt das Finanzfachblog Rottmeyer, offensichtlich völlig verblüfft darüber, dass aus dem längst leergeschossenen Revolver der Euroretter immer noch ein Rohrkrepierer kommt.

"Griechenland wird seine Schulden niemals zurückzahlen", sagt Ex-Kommissionspräsident Romano Prodi, der die Aufnahme der Griechen in seiner in seiner Amtzeit an der Spitze der EU vorantrieb. Warum also nicht aus dem verlorenen Geld eine Art Stammeinlage machen, die eine Dividende abwirft wie eine Firmenaktie? Läufts gut, gibt’s Geld, läufts nicht, werden neue Aktien ausgegeben.

Alle Gewissheiten geraten am großen Casinotisch der Staatsmänner durcheinander. Plötzlich umfassen Finanzierungshorizonte Zeiträume, deren Ende nicht einmal erleben wird, wer heute die Kinderkrippe besucht. Das schafft neue Perspektiven, das bietet Chancen, die noch gar nicht absehbar sind: Die Zukunft ist im Grunde unendlich, wer eine Laufzeit von 100 Jahren akzeptiert, jubelt vielleicht sogar über eine von tausend oder zehntausend. Denn der Gewinn ist doch nur allzu verlockend: Aus 5000 verliehenen Euro werden selbst bei einem mageren Zinssatz von einem Prozent im Jahr bis zum Jahr 3014 mehr als hundert Millionen Euro. Und bis zum Jahr 12014 dann sogar satte 81 Septilliarden Euro – eine Zahl mit 45 Nullen, ausgeschrieben so: 81791435559451991298502059975910624805731172352.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja der Rottmeyer. Da überlegt man sich doch, wann der Besatzer und seine Verbündeten den Waffenstillstand nach dem letzten 30jährigen Krieg zu den Akten legt und die Kriegshandlungen wieder aufleben lässt. Still und heimlich wie immer. Genug Material an Mensch und Maschine hat er ja in unserer Restheimat stationiert.

Gruß vom Preußen