Donnerstag, 29. Dezember 2016

Erster Urheber von Fake News muss in Hass-Heilanstalt

Das BKA hatte gewarnt: Die Verbreitung von Informationen ist nicht zulässig.
Jahrelang konnten sie im Netz ihre Falschmeldungen verbreiten, als gäbe es keine enggezogenen Grenzen der Meinungsfreiheit überall dort, wo staatliche Behörden die öffentliche Sicherheit gefährdet sehen. Doch die neuen Schritte, die die Bundesregierung im Kampf gegen Fake News eingeleitet hat, zeigen nun erstmals Wirkung: Nachdem ein Mann in Berlin mit einer falschen WhatsApp-Nachricht für Verunsicherung unter den Berlinern und ihren Gästen gesorgt hatte, konnte die Polizei nach Hinweisen aus der Bevölkerung die Identität des Täters feststellen.

Dem Mann drohen nun bis zu drei Jahre Haft.

Aus noch unbekannten Gründen hatte der Autor, der seine Fake News über den Messengerdienst Whatsapp an Freunde und Bekannte verteilte, nach dem "Vorfall vom Breitscheidplatz" (Facebook) Angst vor Terroristen geschürt. Zusammen mit der Berliner Polizei kam ihm die Spezialabteilung der Meinungsfreiheitsschutzbehörde im Bundesblogampelamt (BBAA) allerdings schnell auf die miesen Schliche: Bei einer nächtlichen Razzia gegen den Bedroher des öffentlichen Friedens gelang es den Beamten, den verantwortungslosen Aufputscher und "Gerüchteverursacher" (Polizei) dingfest zu machen. Noch am Abend desselben Tages konnte der Täter dank der neuen Notverordnung gegen Falschnachrichten in einem beschleunigten Eilverfahren abgeurteilt werden.

PPQ berichtet aus dem Verfahren, das vor der 3. Strafkammer des Schnellgericht in Prenzlau stattfand. Die Anklage lautete dabei auf Verstoß gegen das Gesetz gegen Miesmacher und Kritikaster, das es auch im privaten Bereich untersagt, unbestätigte Gerüchte oder falsche Nachrichten in Umlauf zu bringen oder in Umlauf befindliche Nachrichten ungeprüft weiterzugeben.

Kevin Sch. kann sich nicht erinnern. An gar nichts. "Dass ich da nach dem Abendessen eine Whatsapp geschrieben habe", sagt er mit belegter Stimme, "das weiß ich noch." Aber da ging es doch nur um seine Tochter, die in Berlin auf dem Weihnachstmarkt einen Mann kennengelernt hatte, der sie gleich mit dem Auto abholen wollte. Kevin Sch., ein großer, breiter Mann mit auffällig ungepflegten Händen, reibt sich die rotgeäderten Augen. "Ich wollte doch nur, dass meiner Tochter geholfen wird", sagt er, und seine Unterlippe bebt.

Das Leben hat es nie gut gemeint mit dem 37-jährigen Schlosser. Gesundheitlich ist der gebürtige DDR-Bürger schwer angeschlagen. Immer wieder bricht er auf offener Straße zusammen, er leidet unter Schwindeleien, verspürt häufig schwere Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen, muss gegen schubartig kommende Schmerzen starke Medikamente nehmen. Mitte September, Sch. ist gerade wieder einmal krank geschrieben, kündigt ihm dann auch noch seine Firma, und im Briefkasten liegt ein Umschlag, in dem eine Kürzung der Sozialhilfe mitgeteilt wird.

In der Nacht zum 20. Dezember ist Sch. traurig und ein wenig wütend. Er wird Weihnachten wieder nichts zu verschenken haben. Spontan greift er zum Handy. Und spricht die Whatsapp-Nachricht, die ihm nun zum Verhängnis werden soll, in eine Gruppe von Freunden. Genau weiß er den Wortlaut gar nicht mehr. Irgendwas mit "einer angeblichen Terrorzelle, die Anschläge auf Berliner Einkaufszentren plant", sagt er. Was man so in der Zeitung liest. Achselzucken.

Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Einkaufszentren leeren sich. Menschen, die eben noch entschlossen waren, dem Terror die Stirn zu bieten, verkriechen sich daheim. Doch Minuten später schon klingelt das Telefon beim Dienst habenden Polizeikommissar Lars Schulder. Die Meinungsfreiheitsschutzabteilung des Bundesblogampelamtes im mecklenburgischen Warin ist dran. Der diensthabende Meinungsführer dort informiert knapp über den Whatsapp-Vorfall, den der selbstlernende Überwachungsalgorithmus der Bundesbehörde automatisch ausgefiltert hat.

Schulder, ein 28-jähriger, straffer Beamter mit einer Spezialausbildung in Cyberkrieg, leitet augenblicklich Sofortmaßnahmen ein. Seit die Hassprediger und russischen Trolle das Internet beherrschen, wehrt sich der Rechtsstaat mit allen Kräften. Und so landet die routinemäßige Strafanzeige wegen "Störung des öffentlichen Friedens" am nächsten Tag auf dem Schreibtisch des Kriminalbeamten Werner Zarting. Ein Routinefall, der sich mit wenig Aufwand klären lässt: Der Verfasser der Whatsapp-Nachricht hat von seinem privaten Handy an Bekannte und Verwandte gepostet, die ihn sofort an seinem Profilbild erkannt haben. "Über die NSA-Kontaktbeamten beim Landeskriminalamt haben wir dann natürlich den Halter ermitteln lassen", berichtet Hambach.

Der Halter heißt Kevin Sch. - und schon Minuten später klicken die Handschellen bei dem Mann, der nun unter dem Verdacht steht, eine Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten herbeigeführt zu haben, wie es in der Anklageschrift heißt. Ein Fall für ein beschleunigtes Verfahren.

Sch. versteht das alles nicht. "Ich kann mich doch nicht erinnern", sagt er, und es klingt wie eine Ausrede. Ja, er habe Wut gehabt, weil ihm niemand helfen wollte. "Aber", beschwört er, "auch ich verurteile die Weltlage wie sie ist, und es gehört niemals zu meinem Charakter, so was zu tun."

Der kalte Schweiß grundlosen Selbstmitleids steht ihm auf der Stirn, Wasser aus Angst vor Strafe in den Augen. Er selbst steht vor der Invalidisierung - ein Wort, das ihm kaum über die flatternden Lippen gehen will, weil er in der Schule nie richtig aufgepasst hat. Rund 1 200 Euro hatte Sch. bisher im Monat zur Verfügung, weil der Staat großzügig hilft, wo er muss. Jetzt aber, fürchtet er und zeigt damit sein ganzes Anspruchsdenken, "wird das doch viel weniger".

Auch das rechtsmedizinische Gutachten, dass bestätigt, dass der von Sch. am Tattag getrunkene Alkohol im Zusammenhang mit den von ihm eingenommenen Medikamenten wirklich dafür hätte sorgen können, dass "ich etwas im Unterbewusstsein getan habe, das ich niemals hätte tun wollen", entlastet den Fake-News-Verfasser schlussendlich nicht.

Das Schnellgericht berät fast eine halbe Stunde über die vom Täter vorgebrachten Ausflüchte, kommt dann aber zu einem einhelligen Urteil: Kevin Sch. hat sich der Falschmelderei, des Hassanstachelns und der Schürung gesellschaftlichen Unfriedens schuldig gemacht. Um seine Schuld einzusehen, zu bereuen und gegenüber der Gesellschaft, der er mit seinen Äußerungen so sehr geschadet hat, Sühne und Genugtuung zu leisten, wird Sch. neun Monate in einer Hass-Heileinrichtung in Parchim absitzen müssen.

Es ist auch eine Chance für den Täter: "Die Gesellschaft gibt Ihnen diese Gelegenheit aber nur einmal", heißt es im Urteil warnend, "es ist ihre Möglichkeit, ein neues Leben anzufangen".

7 Kommentare:

fakeview hat gesagt…

Heute noch witzig, morgen schon bitter.
Heute noch Satire, morgen schon Wirklichkeit.
Diesen Kommentar habe ich nicht geschrieben.

Anonym hat gesagt…

37 Jahre und gebürtiger DDR-Bürger.....ja wird man das denn nie los, selbst wenn man die Jugendweihe hatte, als der alte Osten schon der neue Westen war....

ppq hat gesagt…

klebt schlimmer als kaugummi. noch schlimmer ist nur, sachse sein

Anonym hat gesagt…

Man sieht sich dann in Parchim.

Kurzinfo:

Bevölkerung: 17918 Einwohner

Anzahl der Flughäfen: 1

Verkehrsanbindung: A24

Sport:
- Seit der Saison 2000/01 spielen die Volleyballerinnen des 1. VC Parchim in Zusammenarbeit mit dem Schweriner SC erfolgreich in der 2. Bundesliga/Nord der Frauen.
- Bekanntester Fußballverein ist der Parchimer FC, welcher insgesamt drei Spielzeiten in der DDR-Liga absolvierte.
- Die 2007 gegründete Rollstuhltanzgruppe Parchimer Tanzteufel beim SV Einheit 46 Parchim e.V. trat 2010 beim Deutschlandpokal der Breitensportler im Rollstuhltanz in Rheinsberg an und errang zwei Pokale.

Quelle: wikipedia

Anonym hat gesagt…

Wieso macht man nicht Nägel mit Köpfen und schaltet das Internet bei Bedrohungslagen bis auf die relevanten offiziellen Seiten ab.
Nordkorea und Retzep Erdohan können sicher Berater empfehlen.

ppq hat gesagt…

eine freiheitliche gesellschaft wie die unsere muss immer angemessen reagieren! auf hass eben mit verhaftungen, nicht aber mit einer pauschalverurteilung aller potentiellen hasser

Carl Gustaf hat gesagt…

Kai Dieckmann verlässt Springer. Da hat wohl der erste "Journalist" wegen der Fake-News-Kampagne kalte Füsse bekommen?