Sonntag, 1. Januar 2017

Fremde Federn: Verschwundenes Gerechtigkeitsgefühl

Der Fehler liegt wie immer bei den Regierten, nicht bei den Regierenden und ihren Stadtbilderklärern.
Angela Merkel hat es so wenig verstanden wie ihre Großkoalitionäre oder die Kolonne der Schnellschreiber bei den Leitmedien. Wo ist der Punkt, an dem Folgsamkeit in Unwillen kippt? Wo auf Beschwichtigungen mit Unmut geantwortet wird? Wo Zorn aufbricht, wenn immer dieselben Fehler mit immer denselben Worthülsen ummantelt werden? Wenn berechtigte Furcht, ein ganzes Staatswesen könnte von seinen rechtlichen Grundlagen rutschen, unter Hinweisen begraben wird, es handele sich nur um "Angst", die wie jede Angst irrational und Grund los ist?

"Der Staat verletzt das Gerechtigkeitsgefühl der Bürger", schreibt Clemens Wergin in der "Welt" und er kommt damit auf den Punkt. Es sind nicht die Flüchtlingskrise, die Fremdenangst, der Horror vor einem Abstieg in Armut und Abgehängtheit, die Menschen massenhaft zu denen treiben, die versprechen, nun sei es mal genug mit dem Regieren der Immergleichen, nun müssten mal andere ran. Nein, ist das durch Erleben erfahrene Wissen darum, dass der Pragmatismus der Herrschenden sich gelöst hat von früher geltenden Vereinbarungen zwischen Wahlvolk und Gewählten darum, was an grundlegenden "Werten" (Angela Merkel) immer und für alle zu gelten hat.

Eurokrise, Flüchtlingskrise, Ukrainekrise und Europa-Krise - sie alle zeigen dieselben Symptome: Bei der Bewältigung, die immer nur eine Beschwichtigung ist, fallen Regeln, fallen Grundsätze, fallen völkerrechtliche Vereinbarungen, fallen Werte. Hinter der Grenze dessen, was denkbar war, geht es weiter, strahlt die Kanzlerin ihr "Wir schaffen das", schimpft der Vizekanzler über "Pack", dröhnen Europapolitiker von "Erfolgen", senden Kommentatoren ihre Hasskommentare gegen alle aus, die nicht denken, was sie denken.

Wer soll sich da noch zurechtfinden? Wo die einen ins Gefängnis gegen, weil die die GEZ-Gebühr verweigern. Während andere Straftaten sammeln und dabei von Behörden sogar noch unterstützt werden.

Hier liegt der Hase im Pfeffer, hier unterscheiden sich Blickweisen von oben und von unten so sehr, dass die Klage über die gespaltene Gesellschaft keine leere Republiksgeburtstagsfolklore mehr ist.

Clemens Wergin stellt ein Lichtlein der Erhellung ins Fenster. Wenn das inzwischen wieder möglich ist, bleibt Hoffnung, dass am Ende von 2017 etwas besser sein wird als es am Ende von 2016 war.

1 Kommentar:

Die Anmerkung hat gesagt…

Bezogen auf den alten Bock, frage ich mit einer Britin:

"Ihr habt so schöne Schimpfwörter. Warum zur Hölle nutzt ihr sie nicht?"