Samstag, 8. Juni 2019

Manipulation der EU-Wahl: Angriff der Botarmeen


Es war gar nicht die Frage, ob, sondern nur noch die nach dem Wie. „Geheimdienste“ sollten die „russische Beeinflussung“ der EU-Wahl im Mai beobachten. Kaum ausgesprochen, lieferten sie tatsächlich auftragsgemäß Warnungen dazu, dass der Kreml seine „Taktik“ zur Manipulation von hunderten Millionen Wählerinnen und Wählern „inzwischen geändert“ habe. Was dann passierte, übertraf alles Vorstellbare. Und doch wird seitdem standhaft geschwiegen.


Frans Timmermans‚ der spätere Wahlverlierer, der damals noch nur „Erster Vizepräsident der Kommission“ war, erklärte, dass „wir wissen, dass es Kräfte gibt, die versuchen, unsere Gesellschaften aus dem Tritt zu bringen, sich in unsere Wahlen einzumischen und unsere Demokratien zu untergraben.“ EU-Justizkommissarin Vĕra Jourová verkündete die Installation eines „Frühwarnsystem“, das den „Mitgliedstaaten den Austausch von Daten und die Bewertung von Desinformationskampagnen erleichtern und Warnmeldungen über Vorkommnisse von Desinformation in Echtzeit zur Verfügung zu stellen“ sollte.

„East StratCom Task Force“ - deutsch „Arbeitsgruppe für strategische Kommunikation Ost"- sollte russische Einflussversuche aufdecken und Verfälschungen der Wahlergebnisse verhindern. Mitte Mai hatte die seit 2015 bestehende Desinformationseinheit ihren großen medialen Auftritt. Man habe „Akteure aus Russland“ entdeckt, die über „das Internet Botschaften verbreiteten, um die Europäische Union zu unterminieren und die europäische Demokratie zu diskreditieren“, hieß es ein wenig ungefähr. „Eine massive, besonders hervorstechende Kampagne wie bei der amerikanischen Präsidentenwahl 2016 haben wir jedoch nicht beobachten können“, bedauerte der Deutsche Lutz Güllner, der EastStratCom leitet.

Weder das Strache-Video noch der Rezo-Auftritt, zwei mutmaßlich wirklich wahlbeeinflussende virtuelle Ereignisse, fielen in das Raster dessen, was Politiker und Euro-Bürokraten zuvor an Manipulationsversuchen erwartet hatten. Wo CDU, SPD und die Leitmedien auf die Angriffe der Bot-Armeen warteten, an deren Existenz und magische Wirksamkeit sie nach dem für sie anders nicht zu erklärenden Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl zu glauben gelernt hatten, waren es auf einmal „Spiegel“, „SZ“ und ein grünes Werbenetzwerk bei Youtube, die ins Lenkrad der Wahlkampagnen aus nichtssagenden Plakaten, inhaltsleeren Kurzfilmchen und kaum besuchten Wahlkampfveranstaltungen griffen.


Kennzeichnend für beide Attacken ist die vollkommene Intransparenz aller Hintergründe. Sowohl das Strache-Video als auch die einstündige Rezo-Sendung waren nicht für Kleingeld zu haben. Beide mussten vorbereitet, organisiert, es musste recherchiert, Unterstützung gebucht und Rohmaterial bearbeitet werden. Finanzieller Gewinn war hingegen in beiden Fällen nicht zu erwarten: Rezos Werbeeinnahmen aus dem Film „Die Zerstörung der CDU“, dessen Erfolg sicher selbst die kühnsten Erwartungen der Macher übertroffen hat, dürften nicht höher als um die 12000 bis 15000 Dollar liegen. Bei Produktionskosten von um die 5000 Euro bleibt da abzüglich Steuern kaum etwas übrig.


Allerdings kann das die Beteiligten nicht überrascht haben. Rezo veröffentlicht in der Regel sechs bis acht Videos im Monat, die zusammen auf fünf bis acht Millionen Aufrufe kommen und dem Spezialisten für Anmachsprüche und Wasserschlachten ein Einkommen von fünf- bis achttausend Euro sichern dürften. Wer also die 13-seitige Quellenrecherche  in Auftrag gab und die Rechercheure bezahlte, plante keine Profite ein, sondern Gewinne anderer Art, womöglich welche in Form einer Wahl, die anders ausging als vorher anzunehmen war.

Die East StratCom Task Force blieb dennoch vollkommen stumm, als die "Europa-Wahlen" (Merkel) in letzter Sekunde von zwei Seiten zugleich unter Beschuss genommen wurden. Keine einzige Pressemitteilung verschickte die ominöse Arbeitsgruppe für strategische Kommunikation Ost, keine einzige Anfrage der Großmedien ging ein, die sich nur einige Wochen zuvor noch anlasslos um Kopf und Kragen berichtet hatten.


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