Dienstag, 14. April 2020

Artists for Harvest: Künstlerinitiative drängt aufs Feld

In der deutschen Landwirtschaft muss die Kuh jetzt schnell vom Eis, heißt: Die Ernte vom Halm. Die Künstlerinitiative "Artists for Harvest" fordert, dass dazu Kunstschaffende aufs Land geschickt werden.
Mitten in der Coronakrise ließ Deutschland Erntehelfer aus europäischen Partnerländern einfliegen, in denen Corona noch längst nicht unter Kontrolle ist. An einem rumänischen Flughafen drängelten sich Hunderte Menschen in langen Infektionsketten, nach der Ankunft in Deutschland gab es weder eine Quarantänepflicht für die Neuankömmlinge noch mussten die legendären Auskunftskarten ausgefüllt werden.

Weil gleichzeitig Hunderttausende deutscher Musiker, Schauspieler, Gaukler, Artisten., Tänzer und Sänger ohne Aufträge, Auftritte und Einkommen daheim sitzen, fordert die Initiative Artists for Harvest (AfH) jetzt Konsequenzen von Bund und Ländern: Lasst uns auf die Felder, sagt der Liedermacher und Songschreiber Carl Ladeplads ("Belief - What a prophet"), der den Vorsitz des spontanen Zusammenschlusses zahlreicher Stars und Unterhaltungskünstler übernommen hat.

Nachdem der Bund die unkontrollierte Einreise von tausenden Ernsthelfern aus Südosteuropa nun doch wieder gestoppt habe, sagt Ladeplads, fehlten der Landwirtschaft in Deutschland aktuell zehntausende fleißige Hände, um die bevorstehende Ernte zu meistern. "Das Corona-Virus muss eingedämmt, die Ausbreitung verlangsamt werden", glaubt der ursprünglich aus Dänemark stammende Songwriter, "dazu muss in ganz Europa ist die Reisefreiheit eingeschränkt werden, obwohl das Virus keine Grenzen anerkennt." Jeder Künstler, jeder Maler, Schauspieler oder Schriftsteller sehe das ein, zumal andere Verfahrensweisen die Gefahr für alle erhöhten.

Nach Untersuchungen der Artists for Harvest führen diese Entwicklungen zu zwei parallelen Problemen. "Unseren Landwirten fehlen bis zu 300.000 Arbeitskräfte", rechnet Ladeplads vor, "uns gleichzeitig fehlen rund 1,8 Millionen deutschen Künstlern und Kulturschaffenden derzeit alle Möglichkeiten, Einkommen zu erzielen. Für alle diejenigen, die derzeit zum Zuhause bleiben verdammt sind und auch nicht über Online-Konzerte oder Youtube-Lesungen Honorare einnehmen können, "haben wir die Aktion "Artists for Harvest" ins Leben gerufen." Ziel der Aktion, der sich bereits mehrere tausend bekannte und weniger bekannte Kunstschaffende aller Sparten angeschlossen haben, sei es, Druck auf die Bundesregierung zu machen. "Die Einreisebestimmungen für osteuropäische Saisonarbeitskräfte sollten nicht gelockert, dafür aber die Stundenlöhne für Erntehelfer erhöht werden."

Carl Ladeplads und die - übrigens nach dem alten Neil-Young-Album "Harvest" benannte - Selbsthilfenitiative AfH setzen klar auf marktwirtschaftliche Anreize, um den Erntehelfermangel mit Hilfe des unüberschaubaren Heers der deutschen Künstler abzuhelfen, die im Moment coronabedingt beschäftigunglos seien. Dazu müsse die Bundesregierung jetzt vordringlich Regeln der Honoroarordnung für Künstler und freie Berufe allgemeingültig für die Anwendung in der Land- und Obstwirtschaft erklären. "Haben wir in der Spargelwirtschaft erst Stundensätze von 40 bis 50 Euro, dann können auch unsere Künstlerinnen und Künstler sich vorstellen, dort gelegentlich mit zuzufassen."

Wichtig sei zur Sicherstellung der Hilfskraft der Kunst in dieser größten Bewährungsprobe seit dem Zweiten Weltkrieg nun vor allem eine seriöse Finanzierung der Fruchtpflückerlöhne durch die Bundesregierung im Rahmen der bereits beschlossenen Corona-Hilfspakete. "Bei Artists for Harvest haben rechnen wir mit 40 Euro Stundensatz für 90 Tage a je vier Stunden und da insgesamt für hunderttausend Pianisten, Sopranisten, Popsängerinnen, Maler, Lithografen und Bassisten." Mit etwa 1,5 Milliarden Euro, die benötigt würden, um die Kulturbranche breit und überzeugend zum Ernteinsatz zu motivieren, "würde eine Summe gebraucht, die verglichen mit anderen notwendigen Hilfsmaßnahmen kaum ins Gewicht fiele." Zu bedenken sei dabei überdies, dass es hier nicht um irgendeine Wirtschaftsbranche gehe, sondern um engagierte Männer und Frauen, die das kulturelle Gedächtnis der Nation bilden.

Umso dringender sei eine Entscheidung in Berlin. "Die Arbeit auf den Feldern hat begonnen", mahnt Carl Ladeplads, der selbst wegen eines notorischen Rückenleidens nicht beim Spargelstechen wird helfen können. Seit Ende März stünden bereits Freiwillige aus der Rockmusik, aus Punk, Jazz, Oper und Ballett bereit, den Betrieben der Landwirte zur Seite zu springen. "Wir brauchen nun dringend grünes Licht aus Berlin und Brüssel und eine Finanzierungszusage von Bundesfinanzminister Heiko Scholz." Man stecke in einer für beide Seiten vollkommen neuen Situation. "Aber wenn alles klappt und Artists for Harvest unseren Bauern zu Hilfe eilen, dann wird man in diesem Jahr auf vielen Höfen zum ersten Mal überhaupt top notch Lagerfeuergesänge hören", schmunzelt Ladeplads.


Ladeplads' bis heute größter Erfolg - und Misserfolg: Wegen der religionskritischen Ballade "What a prophet", die Islamisten in Dänemark als Kritik am Propheten Mohammed werteten, musste der Philosoph, Songschreiber und Multiinstrumentalist seine Heimat verlassen und in Deutschland um Asyl nachsuchen.

9 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Jörg Heuer (49) baut Spargel auf etwa 100 ha an

SPARGELBAUER FLOG 60 RUMÄNEN ALS ERNTEHELFER EIN

››Deutsche kann ich nicht gebrauchen‹‹

„Stundenlang gebückt auf dem Feld zu arbeiten, sind die meisten Deutschen nicht gewohnt. Sie klagen schnell über Rückenschmerzen.“ Rumänen oder Polen seien da robuster.

„Der Spargel muss alle ein bis anderthalb Tage gestochen werden. Deutsche fordern die Woche ein, zwei Tage frei. Das geht in der Hochsaison nicht. Rumänen ackern auch sonn- und feiertags.“

https://www.bild.de/regional/hannover/hannover-aktuell/spargelbauer-flog-60-rumaenen-deutsche-kann-ich-nicht-gebrauchen-69975016.bild.html

ppq hat gesagt…

das künstlerheer ist doch aber zum glück groß genug, dass jeder nur zwei, drei tage pro woche dran ist und - nach den forderungen von AfH - auch nur 4 h am tag. die haben diese größere robustheit bei weniger sensiblen naturen offenbar schon einkalkuliert.

Die Anmerkung hat gesagt…

Das sehe ich nicht so als Problem. Das eigentliche Problem ist, daß irgendwann beim Spargelstechen der Künstler in ihnen durchbricht, nicht die Spargelstange. Dann holt der eine Die Leinwand Farbtopf und Pinsel aus dem Rucksack, setzt sich hin und malt ein Stilleben Saprgel im Feld bei Sonenschein. Der nächste hat eine kecke Textidee, die nciht warten kann. Die muß raus, sonst ist sie für die Menschheit verloren. Ergo setzt er sich auf den aufgehäufelten Spargelstreifen und dichtet die Ode an den Spargel. Das inspiriert den Flötenspieler zu einer mitreißenden Melodie, woraufhin er den Spargeltext mit Pfeiftönen begleitet, was die Massen an Spargelstechern auf einmal wie die Deppen in Hameln reagieren läßt, die ihre Arbeit also liegen lassen, und dem Flötenspieler hinterhermachen.

Und schon haben wir keinen Spargel mehr in den Regalen. Man kennt ja diese Dynamik, wohin die sich entwickelt.

Das kann mit den kulturlosen Osteuropäern alles nicht passieren, wenn ich den Bauern recht verstanden habe. Das sind alles Einzelgänger, die nur sich Schinden gelernt haben. Mehr können die nicht, das aber richtig gut. Bei den Deutschen ist das genau umgekehrt. Die können gar nichts, das dafür aber richtig gut.

Anonym hat gesagt…

Wir Künstler sollten besser die Frage aufarbeiten, ob von Menschen aus Südosteuropa gepflückter Spargel vegan und fair ist!!! Oder ob hier Raubtierkapitalismus fröhliche Urständ feiert! Ohne uns könntet ihr diese wichtigen Themen gar nicht einordnen weil ihr den Kontext nicht seht!


Thorben-Manuel

Die Anmerkung hat gesagt…

Ja, Thorbnen-Manuel, das ist eine sehr gute Idee. Da könnte ein sehr anklagender Film mit diesem Kontext drin draus werden, der dann gleich nach der Tagesschau die Zuschauer so fesselt, daß sie zu Hause bleiben.

Außerdem fiel mir noch der recht gruselige Gedanke ein, daß da womöglich ein Regisseur oder Dramaturg auf dem Feld rummacht. Wehe denen gefällt das ganze Setting nicht und die reißen das Heft des Handels an sich, um Dramatik und Ablauf des Tages völlig umzugestalten.

Andererseits ist es auch gut möglich, daß der Maler fein ziselierte Anhänger malt, die an die Bündel rangepappt werden:

Dieses Bund Spargel wurde für sie von Campino gestochen

Grölemeier, Herta Müller usw.

Da könnte man dann so eine art Oanini-Sammel-Anhänger Aktion draus machen. Die Tauschbörsen florieren dann auch.

Anonym hat gesagt…

Es wird kommen ein Tag mit viel Arbeit
auf dem Feld, in der Schule, im Schacht
denn in allen Ländern der Erde
hat die Arbeiterklasse die Macht

An dem Tag streiken Kölns Unternehmer
und in Kuba erfüllt man die Norm
In Moskau macht man das Wetter
und in Peking die Hochschulreform

Wenn ein griechischer Hafenarbeiter
nicht mehr Schiffe mit Waffen entlädt
und ein Mähdrescherfahrer Ägyptens
sein Korn dann auf Sinai mäht

In Nordirland geh'n Iren zu Kirche
In Rom wird der Papst dann getraut
In Pretoria regiert dann ein Schwarzer
In Vietnam wird nur Reis angebaut

An dem Tag werden Kerker sich öffnen
und die Stunde der Freiheit ist da
dann umarmen wir uns're Genossen
Dieser Tag kommt bestimmt, Angela

Es wird kommen ein Tag mit viel Arbeit
auf dem Feld, in der Schule, im Schacht
denn in allen Ländern der Erde
hat die Arbeiterklasse die Macht

Anonym hat gesagt…

Wichtig vor allem das Angela, das steht da wirklich!!!!!

Die Anmerkung hat gesagt…

Ja, und am 1. Mai singen wir:

Alle auf die Straße, rot ist der Mai,
alle auf die Straße, Corona vorbei.

ppq hat gesagt…

das soll wohl schon am 20.4 kommen, auch ein historisches datum, wie die älteren noch wissen