Montag, 23. November 2020

Die Greta-Wanderung: Grüner wird's nicht

Die Grafik ist zu grobkörnig, um den deutschen Beitrag zum Klimatod der Erde darstellen können. Aber er existiert und die nächstes Bundesregierung wird ihn sich vornehmen.

Noch nicht ganz spaßbefreit. Aber schon besorgt irgendwie. Luisa Neubauer trank Tannenzäpfle, ein Bier aus einer staatlichen Brauerei, die traditionell eine Umsatzrendite von atemberaubenden 29 Prozent erzielt. Lehnte sich vorsichtig zurück und gibt der Taz dann genaue Anweisungen, wie die Grünen sich zu verhalten hätten, wollten sie weiter auf Rückhalt der Klimabewegung Fridays for Future zählen können. Ziele müssen. 1,5 mindestens. Noch ein Schluck Tannenzäpfle. Nur mit der kindlichen Radikalität von FFF geht es in eine Klimaregierung für alle, der die Welt dereinst die Rettung vor dem Untergang zu verdanken haben können wird.  

Das Gesicht als Gesamtbewegung

Lusia Neubauer, vor kurzem im Fernsehen als empathischer Talkshow-Gast zu sehen, dem die "paar tausend" (Neubauer) Menschen da draußen, die wegen Corona derzeit um ihre Jobs bangen, ganz und gar nicht vollkommen egal sind,  ist laut Taz "das prominente Gesicht der jungen Klimaschutzbewegung", die seit Monaten pausiert, dennoch aber medial immer noch als existent betrachtet wird. Der Parteitag wird zur "Gratwanderung", denn die Grünen müssen das Altbauwohnungsmilieu der gutsituierten Beamten- und Behörden-Eltern erreichen, zugleich aber deren radikaltheoretischen Nachwuchs Zusagen machen, die Klimaerlösung bei weiterer XBox-Verfügbarkeit in Aussicht stellen.

Eher eine Greta- als eine Grat-Wanderung also. Seit die Klimakinder "mit ihren Protesten die Klimakrise ins Bewusstsein der Deutschen gebracht" (Taz) haben, hat sich in sämtlichen Großraumbüros sämtlicher Leitmedien hierzulande die Überzeugung durchgesetzt, dass Deutschland die Waage ist, die sich zur richtigen Seite neigen muss, um die Zukunft der Menschheit zu sichern. Und die Grüne Partei, rein formell nach wie vor "Bündnis 90/Die Grünen", aber seit dem Abschied vom liberalen Bürgerrechtserbe der DDR-Dissidenten nur noch bündig "Grüne" genannt, ist das Zünglein, das die Waagschalen bewegt.

Machtversprechen im Ersten

Nach dem Parteitag der Grünen kommt überall in Gemeinsinnfunk und Kommentatorenstuben Hoffnung auf. "Endlich raus aus der Machtlos-Zone" sieht die "Tagesschau" die grüne Armee unter Annalena Baerboch und Robert Habeck marschieren, mit "Achtung, Respekt, Sicherheit" (SZ) sind die Grünen  in der Herzkammer der Gesellschaft angekommen, eine Art bessere CDUSPDLinke mit sympathischerem Spitzenpersonal, das seinen  Führungsanspruch und seine ehrgeizigen Klimaziele (NDR) zu recht betont, wegen der Impfstofferfolge der letzten Zeit aber taktisch auch bereit ist, "Gentechnik nicht mehr grundsätzlich abzulehnen" (Die Zeit).

Geht es nach dem Medienecho, den der virtuelle Parteitag der ehemaligen Alternativ-Partei gefunden hat, ist die Bundestagswahl bereits entschieden. "So wie es aussieht, werden die Grünen für jedwede nächste Bundesregierung gebraucht. Ob Schwarz-grün, Grün-rot-rot, Jamaika oder Kenia, in jeder Konstellation wären sie nach Lage der Dinge dabei", freut sich Constanze von Bullion, deren Erfindung von Bundesbahngleisschubsbremse Deutschland ein ganzes Stück sicherer gemacht hat. Auch der staatliche Deutschlandfunk lobt die Konsequenz, mit der die die vormalige Öko-Partei ihren fundamentalen Streit um des Kaiser Bart beigelegt hat: die grüne Haltung zur Klimapolitik bleibt grundsätzlich eine der schärfsten Formulierungen bei grundsätzlich möglicher Hinwendung zu entschlossenen Verboten, symbolischen Kompromissen und höheren Preisen.

Tannenzäpfle statt Regionalbräu

Veränderung schafft Halt" heißt das im Grünsprech und es "kommt zugleich konservativ und progressiv daher", wie die "Tagesschau" lobt. Zielorientiert mit einem Angebot an die Breite der Gesellschaft, mit einer Liste von Verboten und Angeboten, irgendwas mit Investieren, wie immer "in die Schulen, die Kitas, die Bildung, die Innovation, in Klimaschutz, in Digitalisierung", auch durch eine Umwertung des Begriffes Wohlstand, der nicht mehr durch materiellen Besitz oder gar Reichtum definiert sein soll, sondern durch Lebensqualität, wie sie das grüne Volvobürgertum versteht. Ein Zwergenfläschchen "Tannenzäpfle", aus dem fernen Badischen an die Spree gekarrt, damit Luisa Neubauer ein klimakorrektes Schlückchen nehmen kann, schont natürliche Ressourcen allemal symbolischer als die Kiste Regionalbräu, die sich eine männliche Toxikerrunde am Billigfleischgrill einhilft. 

Der Wohlstandsbegriff, der in der Mache der grünen "Macher" (Grüne) ist, setzt sich aus den üblichen Schlagworten zusammen, die die Erreichbarkeit einer Rettung der Welt durch die Einführung zusätzlicher Adjektive suggerieren. Aus der Marktwirtschaft wird die "ökologische Marktwirtschaft" (Baerbock), aus der Gerechtigkeit die "Klima-Gerechtigkeit" und aus der jahrelangen Weigerung der Partei, deutsche Urlaubsländer wie Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, das beinharte Versprechen, dann aber bald "alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten" nutzen zu wollen, "um Gefährder, die frei herumlaufen, schnellstmöglich aus dem Verkehr zu ziehen - durch Vollstreckung von Haftbefehlen, durch Bündelung von Verfahren, durch Verurteilung". 

Die neue Knastpartei

Die Grünen als neue Knastpartei, aus gestattet mit neuem Gentechnikoptimismus. Inbrünstig glauben die Anhänger der brotlosen Bühnenkunst an die Wirksamkeit der Ausrufung immer neuer "Klimaziele", sie sind überzeugt davon, durch ihr Vorbild beim Verzicht auf Einwegbecher, industrielle Produktion und das kleinbürgerliche Wohlstandsideal von individueller Mobilität, individuell wählbarer Zimmertemperatur  und individuellem Kleiderschrankinhalt einen Planeten retten zu können, der sich im Großen und Ganzen nicht im geringsten dafür interessiert, dass es der virtuellen Weltmacht der deutschen Kleinstpartei mit ihren knapp über 100.000 Mitgliedern nun endlich gelungen ist "den Streit um eine avisierte Obergrenze für die Erderwärmung" beizulegen.


4 Kommentare:

Florida Ralf hat gesagt…

> Ein Zwergenfläschchen "Tannenzäpfle", aus dem fernen Badischen an die Spree gekarrt, damit Luisa Neubauer ein klimakorrektes Schlückchen nehmen kann, schont natürliche Ressourcen allemal symbolischer als die Kiste Regionalbräu, die sich eine männliche Toxikerrunde am Billigfleischgrill einhilft.

ich weine, vor ruehrung. mensch, ppq, lech doch ma zu weihnachten ne best-of untern baum.

Anonym hat gesagt…

Es gibt also einen Haufen Leute in diesem Land, die daran glauben, dass man die Durchschnittstemperatur der Erde Jahrzehnte im voraus auf Zehntel genau in Parteiprogrammen festlegt. Ich meine nicht die Grünenführer, die wissen, dass sie nur Kasper sind, die auf das Klimakrokodil einhauen, sondern die Idioten, die im Publikum sitzen und sowas wählen.

Anonym hat gesagt…

sondern die Idioten, die im Publikum sitzen und sowas wählen ---

Es ist eine Tatsache, die zur Kenntnis zu nehmen ist, daß etwa vier von fünf, mal gelinder, mal heftiger, besengt sind. Gurgeln: "Kapitänsaufgabe".
Was mir Zorn bereitet, ist die (m.E. fremdinduzierte) Selbstbezichtigung, wir Teutschen hätten ein Monopol an kollektiver Blödheit. Zweier fremder Zungen bin ich soweit mächtig, deren Blogs folgen zu können - bei beiden hält man das eigene Land für die mit Abstand größte Klaspse der Welt.

Halbgott in Weiß

Anonym hat gesagt…

Klapse, Herregud! O my God.