Freitag, 4. Dezember 2020

Vorratsdatenspeicherung: Trotz Verbot nicht tot

Ein Hundsfott, wer dieses kleine Kätzchen nur wegen der Grundrechte sterben lässt.

Alle verfügbaren Daten sprechen gegen sie, alle Urteile, die höchste und allerhöchste deutsche und europäische Gerichte gefällt haben. Weder die deutsche Verfassung noch die europäische Menschenrechtscharta lassen eine anlasslose und permanente Überwachung aller Bürgerinnen und Bürger zu. Sie ist grundgesetzwidrig, sie widerspricht dem Geist und den Buchstaben von  Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und jeder Versuch, sie einzuführen - durch die Vordertür, durch die Hintertür oder durchs Küchenfenster - musste denn auch zwangsläufig scheitern.

Nun ist Scheitern in der Politik immer nur eine Augenblickserfahrung. Politiker kommen, neue Politiker gehen, die politischen träume aber, die sie träumen, die bleiben für immer. Ob starker Staat oder endlich mal eine erfolgreiche Sozialismusvariante, ob Durchregieren oder gemeinsame Lösung der Flüchtlingskrise, ob einige Nato oder ein Leben ohne nörgelnde Opposition - im Leben aktiver Politiker gibt es eine Reihe von klassischen Zielen, deren Erreichung  immer wieder neu in Angriff genommen wird. Mögen die Hürden auch hoch sein, mögen sie sogar verfassungsrechtlicher Natur sein und mögen neben Gerichten auch Wähler sich unwillig zeigen, sofort zu folgen. Der politische Aktivist weiß, dass dicke Bretter lange gebohrt werden müssen. Schließlich aber doch irgendwann ein Loch bekommen.

Bei der Vorratsdatenspeicherung, vor anderthalb Jahrzehnten  von der EU zur Pflicht erklärt und vor zehn Jahren zum ersten Mal von einem deutschen Gericht als verfassungsfeindliches Instrument verworfen, mit dem der Staat viel zu tief in die geschützte Privatsphäre seiner Untertanen eingreift, läuft die Sache genauso. Immer wieder starteten neue Versuche, den toten Gaul zu satteln, um gegen die freiheitliche Gesellschaft zu reiten. Immer wieder scheiterten die Gesetze zur anlasslosen Speicherung der Daten sämtlicher Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste vor Gericht, zuletzt im April 2014, als der Europäische Gerichtshof (EuGH) die allen Regelungen zugrundeliegende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärte, da sie mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht vereinbar sei.

In einer Staatengemeinschaft aber, die ihre großen Erfolge einem Zusammenspiel aus einzelstaatlicher und überstaatlicher Ebene verdankt, das dazu führt, dass am Ende, wenn die Bürger wütend sind, jeder sagen kann, er sei es doch gar nicht gewesen, beenden fundamentale Überlegungen zu Grundrechten keine Diskussion über machbare Möglichkeiten, diese Grundrechte möglichst allumfassend auszuhöhlen. Jedem gescheiterten Versuch folgt also ein nächster, so lange, bis das, was nicht geht, weil es nicht zulässig ist, doch Realität wird.

Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind es diesmal, die darauf drängen, die "umstrittene" (DPA) Vorratsdatenspeicherung trotz aller Widerstände und widersprechender Gerichtsurteile einfach wiederaufzunehmen. Die Corona-Krise bietet aus Sicht der drei Justizminister der Länder eine günstige Gelegenheit, die seit einem Urteil des EuGH von 2016 ausgesetzte pauschale Speicherung aller Verbindungsdaten aller Kommunikationsteilnehmer für mindestens zehn Wochen neu zu starten. Wie der EuGH hatte zwar auch das Oberverwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen die vorsorgliche Überwachung für grundrechtswidrig erklärt. 

Ungeachtet dessen wirbt Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann für die Wiederaufnahme. "Die Bekämpfung von schweren Straftaten im Internet gehört zu den vordringlichsten Aufgaben unserer Zeit", zitiert die Christdemokratin den früheren SPD-Justizminister Heiko Maas, einen ebenso frühen wie entschiedenen und erfolglos gebliebenen Verfechter umfassender staatlicher Überwachungsmöglichkeiten. Diesmal soll, diesmal muss es gelingen, zumal neben Maas auch die ehemals widersprechende SPD-Vorsitzende Saskia Esken der "Schande für den Rechtsstaat" schließlich zustimmen wird.  Nur die rechte Begründung wird noch gesucht, Rechtsterrorismus, Kinderpornografie und Hass im Netz sind im Töpfchen, nun wird nur noch ein Moment gesucht, in dem die Nägel Köpfe bekommen können, ohne dass es jemand merkt.


5 Kommentare:

Gerry hat gesagt…

Das Bewusstsein für diese Art Rechte, welches sich in der Generation der Großväter unter dem Eindruck der Kriege und Verwerfungen in der 1. Hälfte des 20. Jhdt entwickelt hatte, ist eben nicht mehr vorhanden. Deswegen werden die Bestrebungen, die Orwell & Co. skizzierten, über kurz oder lang Erfolg zeitigen. Diejenigen, die diesen Entwicklungen widerstreben, können sich angewöhnen, nicht von Grundrechten, sondern von Abwehrrechten zu sprechen. Um den Charakter und die Richtung zu verdeutlichen.

ppq hat gesagt…

geschenktes schätzt man immer weniger als selbst erarbeitetes.

Anonym hat gesagt…

>> MOXX 4. Dezember 2020 at 16:16

@all Zeugen Coronas

Bin fast 71 Jahre alt. Noch immer aktiver internat. Fernfahrer. Kurve also kreuz und quer durch Europa.
Trage seit Monaten mein Befreiungsattest (hört hört, wegen möglicher Panikattacken) laminiert am Schlüsselband um den Hals. Nix Maske seit Monaten.
Bis auf altersbedingte Zipperlein geht es mir gesundheitlich hervorragend. Und ich werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht an Corona sterben.
Übrigens war ich nie ein Kostverächter. Ich meine, schon immer kreuz und quer durch Europa. Habe in meinem ganzen Leben zweimal
(in Zahlen: 2 x) ein Kondom benutzt. Einmal hatte ich Besuch von kleinen Untermietern. Ansosnten: NICHTS. Auch kein AIDS.
Ach ja. Als Kind wurde ich wohl geimpft. Dann noch die Schluckimpfung. Vor über zwanzig Jahren gabs auch mal eine Tetanusspritze.Das wars. Impfen – nicht mit mir. Zum Arzt auch nur, falls der Kopf unterm Arm getragebn wird.

Aber mir gehts blendend. Ist doch komisch, oder? <<


ßorry für OT.
Ist mir ja auch noch lieber, als die jungen Pfeifendeckel, die mindestens alle drei Wochen mit mimimi Bauchschmerzen, mimimi Kopfschmerzen angeschissen kommen. Auch lieber, als über 80er, die das ewige Leben heischen, noch schlimmer: Mit juvenilen Laborwerten.
Aber diese liebe ich besonders: Kommen am Montag 11.45 mit dem Kopf unterm Arm, erklären als erstes Ärzte und Schulmedizin für Scheixxe, und möchten mittels schamanischer Techniken fünfzig Jahre jünger gehext werden. Hex,hex ...

Halbgott in Weiß

P.S. Kollegen hier? Bei Le Pangsör sind welche.

Anonym hat gesagt…

2020 3. Dezember 2020 at 15:38
Meuthen ?
Den würd ich langsam in die Psychatrie einweisen. ---------
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Schreiben nach Gehör war schon immer! Ausnahme: Paracelsiusstraße.

Der lachende Mann hat gesagt…

"(...) einmal eine Omma an Tetanus abkratzen erlebt." Diese Formulierung gefällt mir nicht. Wer so denkt und das auch noch äußert, den hätte ich zu gegebener Zeit in eine bekannte sozialhygienische Institution überstellen lassen.