Dienstag, 6. Juli 2021

Kritik und Selbstkritik: Die Leiden des Lesenden

Kommentäter ohne eigene Internetseite wollen oft Revolutionäre sein.

Er ist aufgeregt, immer wieder. Er ist empört. Entsetzt, enttäuscht. Er kann die Tinte nicht halten, es muss raus, es muss jetzt raus, es muss raus voller Adjektive und und zusammengesetzter Substantive. Es muss hart sein, ganz an die Kante, es muss Gesicht zeigen, Durchblick und Unerbittlichkeitkeit. 

Er heißt immer anders, ist aber immer derselbe: Der leidende Leser von PPQ.li, ein Mann, allem Anschein nach, der unter wechselnden Namen für sich selbst spricht. Er mag das alles nicht. Er würde es lieber sehen, riefe irgendwer endlich zum Aufstand auf. Er kann das von der Baerbock nicht mehr hören, gerade jetzt. Nicht mehr hören konnte er vorher das vom DFB, das mit dem Klima, das mit der EU und auch sonst immer wieder Dinge, die er sofort eintauschen würde gegen ein anständiges Manifest, das die Menschen auf die Straße treibt, auf die Palme und in den Widerstand.

Aufruhr & Widerstand

Er ist der große Unbekannte, der zu erkennen ist an zusammengesetzten zusammengesetzen Substantiven und selbstgemachten  Adjektiven. Ein ganz kurzes ist "literaturnobelpreisverdächtig", ein besonders schönes "kopfwerklich". Kombiniert mit dem farbig ausgemalten Sätzen über "das Hintergrundrauschen im grünen Blätterwald", die "schäbige Scheinheilssekte" einer "angeblichen Klimaschutzpartei" und Politik, die "nun mal ein schmutziges Geschäft" ist, entstehen poetische Miniaturen purzelnder Selbstbesessenheit und "Meisterwerke der satirisch spitzen Zunge, um  in bekannter Detailverlebtheit jedem Leser anzubieten, der genug Zeit und Geduld hat, um solche Litaneien bis zum Ende durchzulesen, ohne sich durch die Abgedroschenheit gelangweilt anderen Themen zuzuwenden" (Originalzitat).

Hass im Netz

Gäbe es diesen leidenden Leser nicht, der als "Lauschangriff", "Unpluggiated" oder "Multiplikator" durch die Kommentarspalten bei PPQ.li geistert und wettert, wettert, wettert, gäbe es hier längst nur noch die von ihm geforderte "Weißheit leerer Blogseiten" zu sehen. Nach Jahren des engagierten Kampfes gegen Rechts, gegen Hass und fake news, den PPQ.li als gesellschaftliche Aufgabe im Ehrenamt führt, ist das nun Lohn: Hohn und Hass in spitzen Sätzen, Verachtung und verbale Vernichtungsfantasien, kaum gepolstert durch hüftsteifen Humor und eine Grammatik, die den höheren Schüler erahnen lässt, der womöglich damals, als Kind, selbst Mobbing und Verfolgung ausgesetzt gewesen sein mag.

Heute hasst er zurück. Heute ist er am Drücker. heute fühlt er sich wohl in der Rolle des einsamen, unzufriedenen und von keiner anderen Leidenschaft abgelenkten Einzeltäters. Die verdienstvolle Amadeu-Antonio-Stiftung hat den Typus Mensch, der hinter "Lauschangriff", "Unpluggiated" oder "Multiplikator" steckt, längst schon mit scharfen Strichen und einer Menge Steuergeld porträtiert. Seine "Abwertungen basieren auf der Annahme, dass andere weniger wert wären", charakterisieren die Meinungsfreiheitsschutzexperten die Unterminierungsversuche dieser Art Troll. Ausgeübt werde "eine Form von digitaler Gewalt", die sich oft hinter unbeholfenem Humor verstecke, um von den geltenden Meinungsfreiheitsschutzgesetzen unbehelligt zu bleiben.

Fixiert am Feind

Andere gesellschaftliche Ereignisse" als die, die bei PPQ.li analysiert werden, scheinen für ihn kaum noch Relevanz zu besitzen. Der leidende Lesende ist fixiert, wie festgeklebt an den Vorgaben der Tagestexte, die er kritisch reflektiert, indem er "zum x-ten Mal wiederkäut, was in vielen anderen Medien längst bis zum Erbrechen vorverdaut wurde". Alle Hoffnung, gehört und verstanden zu werden, hat er lange schon fahren lassen: "Wer es bisher nicht kapiert hat, welch eine ist, der wird nie etwas verstehen, denn dem Aufmerksamen reicht eine einzige kleine Geste zum Verständnis, dem Unaufmerksamen aber zehntausend Erklärungen nicht. Man kann Esel nämlich mit hunderten Wissensbüchern beladen - es bleiben Esel", heißt es dann aufklärend für die, die vielleicht noch zu retten sind.

Teil einer Klorollenhäkelei

Er ist ein Vielschreiber, der oft ohne direkte Beleidigungen auskommt, nie aber ohne den Anspruch, denen, die es sowieso nie verstehen werden, wichtige eigene Kenntnisse zugänglich zu machen. Im Gefühl dieser seiner selbstgewählten Aufgabe beteiligt sich das Vorzeigeexemplar eines Internet-Trolls nach eigenem Dafürhalten an einer "doch recht dekorativen Klorollenhäkelei für die Heckablage zur Erbauung des solche kopfwerkliche Virtuosität kunstbegeistert bewundernden Publikums". Er hasst es. Aber er muss es tun. Er kann nicht nur zusehen. Er muss eingreifen, wenn schon nicht mit der Tat, dann wenigstens mit dem Wort. 

Sieht denn niemand außer ihm, dass die Welt untergeht? Und dass es höchste Zeit wäre, mit ein paar geschliffenen Texten zu den Hauptproblemen unserer Tage gegen das Verhängnis anzuschreiben? Es aufzuhalten, indem die Massen aufgerüttelt werden, an die Hand genommen und auf das Leid der unter durchgegenderten Mainstream-Medien wie PPQ.li leidenden Lesenden aufmerksam zu machen? 

Hilfeschreie eines Kommentäters

Dies hier ist der Versuch, ein Hilfeschrei, der auf die Hilfeschreie des von der Gegenwart und ihrer Spiegelung wie von den eigenen Gedanken und deren gelegentlichem Ausbleiben Bedrängten aufmerksam machen will. Man muss Mitleid mit dem offenbar von seinen "Freunden" hintergangenen Kommentäter bekommen, der sogar im eigenen Zuhause vom Schlachtross zum Opferlamm zurechtgestutzt wird, wie er selbst beschrieben hat, verpackt wie immer in verschlüsselte Sätze von wolkiger Schärfe. Es sind Buchstaben der Angst, Buchstaben des Grauen, die er da kombiniert hat zu Aussagen, die Fürchterliches ahnen lassen: "Beim Hauptsache ich unterscheidet man weder Freund noch Feind", heißt es apodiktisch. Und: "Die meisten Gewaltverbrechen passieren innerhalb der Familie. Das Ehegelübte "Bis dass der Tod uns scheidet" wird oft also wirklich ernst genommen."


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

der Phänotyp des Kahanebezahlschreibers begegnet mir jeden Tag - Leute die inquisitorisch fragen ob denn die "viele freie Zeit" im Homeoffice psychische Schäden hinterlässt .

"wie geht es dir dabei ?" oder auch "vermisst du deine Kollegen nicht" ?

a) es geht mir gut denn ich muss meine wertlosen Kollegen nicht smalltalken
und b)

: nein - ich vermisse meine "Kollegen" nicht - ich komme gut ohne Parasiten klar .gut das führt zu Beschwerden - auch den RA wollte man mal einschalten .

eine junge Dame fragt nach : "Sepp , was machst du eigentlich beruflich ?"

"ich bin Fachjournalist für Handfeuerwaffen , ich fliege regelmäßig nach Texas und besuche dort reaktionäre Herrenclubs , Bordelle und Redneckrestaurants mit angeschlossener Großkaliberbahn "

"in echt jetzt ?"

"ja doch "

Ich hab aber noch nix von ihnen gelesen.
Sie lesen also Waffenfetischjournale ?
ja doch

ham sie schon was vor ?

mögen sie Gummiwäsche ?
ja doch .

komm , wir fliegen nach Texas zur Convention .

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aus : "mit Arschlöchern leben " 440 S. bebildert , Großkaliberverlag Suhl, mit einem Vorwort von Dr. Sloterdijk .

ppq hat gesagt…

süß. und ohne deine ausfälle weit angenehmer als der andere

Anonym hat gesagt…

ich mag meine Einfachwortlyrik . ist nicht kompliziert - niemand wird überfordert .
Wortdrechselei ist eine bürgerliche Macke . "Schaut her wie schlau ich bin " .

schleichende Deutschlandfunkisierung der Alltagssprache - ich ruf dann immer beim Sender an und frage nach was "Akademisierung" bedeutet - ich mag die arrogante D-funk Praktikantenfriederike die mal was mit Menschen und Medien machen wird um dann mit 40 aufm Emanzenschrottplatz zu landen .Sepp wird dann eine blutjunge Freundin mit Hauptschule haben und das Leben in Brandenburg genießen .

wortschrauberei ist immer ein Indiz : "schaut her : bin nur "eine Generation vom schlimmsten weißen Abschaum entfernt" ( wer hatz gesagt ?? richtig : Dr.Leckter , Psychotherapeut im Ruhestand ) .

also die AkademikerdamInnen die ich so kenne sind wandelnde Fremdwörterlexikons - Sepp fragt dann immer nach und erntet verständnisvolle Blicke - so wie man vielleicht auch hungernde Negerkinder anschaut wenn der ndr zufällig dabei ist .

"was machen sie eigentlich beruflich " kommt dann 3 Minuten später .

"Bin Unternehmer "

"aha " - welche Brangsche denn ?"

"UNternehmerbransche "

"Kriminalität ; Medien, Internetz - eigentlich alles "

dann gucken die Leute wirklich komisch .

sind so kleine sozi-Hirne . Es muss unglaublich anstrengend sein den Bildungsbürger zu simulieren wenn man ausm Sozi kein Geld für Maggiwürfel Milieu kommt - da haben wir hier zwei Kandidaten Kahane-Schönschriftexperte und der andere, der mit den schwachen Nerven .

ich könnte schreiben : bin Germanist , Horschschulllehrer und ganz groß überall . Mach ich nicht - ich bin ein bescheidener Preuße .

was mir wirklich Sorgen bereitet : man kommt an die tagtäglich präsentierten brd-Arschmeister sprachlich gar nicht mehr ran - das prallt alles ab . "Don Alphonso hat was geschrieben guck mal hier " . Leute gucken - alles läuft weiter wie gehabt . Keine Revolte - niemand da der mal den Stecker zieht und diese berliner Republik für 14 Tage von Gaswasserscheißedsl abklemmt - nur so - aus Bock . einfach um den Dummköpfen das Mikro abzustellen

ppq hat gesagt…

ohne gaswaserscheiße wäre mir auch nichts. trübt den genuß am zuschauen doch erheblich

Eulenspiegel hat gesagt…

Ich glaub' es kaum. Ein kompletter ppq.li-Beitrag mit mir als Hauptperson.

Das ist trotz meines unerschütterlichen Engagements in der Bewußtwerdung der Kartoffelrasse Adretta vielleicht etwas zu viel des Lobes, macht mich aber dennoch ein wenig stolz.

Vielleicht ist es ja gar kein Manko, wenn man sich bei den Nicknames am jeweiligen Titel orientiert, statt mit einem immergleichen einfältigen Anonym daher zu kommen.

Und wenn man es schafft, dass einem als Anerkennung für seine Mühen sogar ein ganzer Artikel gewidmet wird, der fast nur aus Zitaten besteht, deren Diktion wohl voll ins Schwarze getroffen haben. Es ist ja auch ein Unterschied, ob man in der Zeit vor diesem angeblichen Troll ohne Gegenwort über andere herziehen und das als Satire verkaufen konnte, nun aber selber zur Zielscheibe von Spott und Häme gemacht wurde. Das tut weh. Das schmerzt.

Darum muss dann ein heilendes Abwehrzeichen gesetzt werden, ein Trommelfeuer gegen jenen Vielschreiber, der es als vermutlich höherer Schölär wie in der Feuerzangenbowle wagt, die hier bisher unangetasteten Autoritäten mit allerlei für die Betroffenen nur mäßig humorvollen Streichen zu malträtieren. Wie kann dieser pfiffige Pfeiffer mit insgesamt 6 f es überhaupt wagen, lange bestehende Hierarchien und Standesunterschiede in Frage zu stellen? Da braucht es dann ein Manifest gegen seine ketzerische Meinung, gegen seinen satanischen Schreibstil, denn beides ist alarmierend und tadelnswert. Also weg mit diesem Störenfried zur Selbstreflektion in den Karzer, wo er dann über die gottgewollte und somit unantastbare Ordnung in diesem themenreichen Bildungs-Blog nachsinnen kann.

Dieses Gedanken-Spielfeld dominieren schließlich zwei Lokalfürsten, die sich die verbalen Hoheitsbälle gegenseitig zuspielen und das im Duett auch schon mal ganz ohne andere Mitspieler schaffen. Im püschologisieren jenes komplett anders und somit verachtenswert formulierenden Kommentatoren-Fremdkörpers sind sie beide oft nicht nur hart an der Kante, sondern überschreiten die Leitlinien simpelsten Respektes fast regelmäßig, um ihrerseits in übelste Beleidigungen abzudriften. Sie disqualifizieren sich dabei nämlich selber als menschenverachtend wetternd.

Und ausgerechnet solche sich nicht unter Kontrolle habende Möchtegernüberflieger bilden sich ein, mich anpissen zu können? Was kümmert es die Eiche, wenn sich ein paar Wildsäue an ihr reiben? Die lässt höchsten weitere Eicheln zu Boden fallen, auf die das Borstenvieh sich dann gierig stürzen kann und wird.

Die obigen Zeilen beweisen einmal mehr, wie wenig ihr ebenfalls Vielschreibenden (Gender ist jetzt in), die ihr andere täglich so emsig und gerne in die Lächerlichkeit niedersatiren tut, es ertragen könnt, selber mal nicht angebetet sondern ironisch bis sarkastisch anvisiert zu werden. Diese noch recht milde Provokation scheint in eurem Samtpfötchen-Universum jedoch bereits einer Katastrophe zu gleichen, die mit Kanonade statt Bionade beantwortet wird. Sogar die rote Kahanekette müsst ihr schwingen, um etwas Unhold-Stilisierung gegen mich zusammen zu basteln.

Ach ja, diese fast schon pathologische Aversion gegen Adjektive würde ich mal fachärztlich untersuchen und behandeln lassen, denn das manische Ausblenden eines ausdrucksstarken Teils unserer Muttersprache deutet auf ein früheres Trauma hin. Gehört inzwischen zwar zu Deutschland, lässt sich aber vielleicht doch noch therapeutisch oder medikamentös überwinden.



ppq hat gesagt…

der war jetzt sogar mal lesbar. geht doch!

Anonym hat gesagt…

Was anderes, auch nicht erfreulich, eine Weile war ja Ruhe: Bolschewikiblödia bettelt wieder um Bernanke-Shekel.

Jodel hat gesagt…

Manchmal, nur manchmal, würde ich mir auch wünschen, jemand würde zum Aufstand aufrufen und die Masse würde sich dann auch noch daran beteiligen. Schön mit Mistgabeln und Fackeln. Alles hinwegfegen und die Verantwortlichen für die aktuelle Misere endlich zur Verantwortung ziehen.

Wenn die Gefühle dann wieder abschwellen, kann man sehen das es uns im weltweiten Vergleich, bei allen klar erkennbaren Fehlentwicklungen und dem immer schneller werdenden Niedergang, trotzdem noch ziemlich gut geht. Auch wird es leider nach Aufständen meistens nicht besser sondern nur anders.
Man muss einfach anerkennen, das wir hier einfach zu kleine und zu wenige Rädchen im Getriebe sind, die nach Veränderung lechzen. Der Zeitgeist und die ihn tragenden Eliten walzen jeden Widerstand derzeit einfach platt. Die breite Masse sieht, auch dank der umfassenden Betreuung durch unserer Gemeinsinnsmedien, noch keinen Grund irgendetwas grundlegendes zu verändern. Gewählt wird zwar mit der Faust in der Tasche, aber dann doch sicherheitshalber immer wieder die bekannten Altparteien. Ganz so schlimm wird es schon nicht kommen, auch wenn es in letzter Zeit immer öfter doch ganz so schlimm kommt, wie gedacht.

Was uns bleibt und geistig Gesund hält, ist doch nur den tagtäglichen Wahnsinn festzuhalten und den Kopf darüber zu schütteln. Was könnte man auch gegen eine Entwicklung tun, die den kompletten Westen erfasst hat? Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, gar nichts.
Freuen wir uns daher, das es hier eine Seite gibt, die alle anfallenden Themen mit fundiertem Wissen und in beißenden Humor verpackt, geradezu akribisch abarbeitet. Mein Dank, lieber ppq, für all die aufgewendeten Stunden ist ihnen sicher.

Hier an diesem
Lagerfeuer der Meinungsfreiheit, kann man sich versichern, das man wenigstens mit seiner Meinung nicht ganz allein da steht. Mehr kann und sollte niemand erwarten.