Montag, 23. August 2021

Merkels Markenzeichen: Die Erben der Raute

Die Kanzlerin (l.u.) und ihre Nacheiferer: Armin Laschet, Annalena Baerbock, Olaf Scholz - im Uhrzeigersinn.

Künstler, Politiker, Öffentlichkeitsarbeiter, sie alle suchen stets nach Signets, nach trademarks und optischen Zeichen, die sie unverkennbar machen. Karl Lagerfeld hatte seine Lederhandschuhe, Che Guevara die Baskenmütze, Erich Honecker trug Hütchen, Hitler hob die Hand über die Schulter und Barack Obama ließ den Binder weg. Bei Angela Merkel ist die Konsequenz ihrer Imagebildung von Anfang an weltweit bewundert worden: Wie die Kanzlerin sich ein für allemal entschied, als stabile Silhouette in die Geschichte einzugehen. Wie sie mit kargen Gesten ein calvinistisches Berufsverständnis offenbarte. Und schließlich, wie sie sich auf Anraten der Wuppertaler Fotografin Claudia Kempf bei einem Fotoshootings im Jahr 2002 entschloss, sich eine typische Handhaltung zuzulegen, die heute als "Merkel-Raute" im Museum für Deutsche Geschichte hängt.

Markenzeichen Merkels

Ein Markenzeichen, das beruhigt, beschwichtigt und beschäftigt. Über beinahe zwei Jahrzehnte hat Angela Merkel mit ihren nachdenklich aneinandergelegten Fingern Krisen ausmoderiert, Koalitionen geschmiedet, Atom und Braunkohle beerdigt, Europa und zahllose Flüchtlinge gerettet. Längst gilt es im politischen Berlin als sicher, dass der innere Energiefluss der Bioströme in der Kanzlerin durch die zum Kurzschluss Kontakt aufnehmenden Fingerspitzen ein Gutteil des Erfolgsrezeptes der gebürtigen Hamburgerin mit ostdeutschen Wurzeln ausmachen. Merkel speist sich energetisch auf ähnliche Weise selbst wie der berühmte indische Hunger-Yogi Prahlad Jani, der nach Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" 65 Jahre ohne Speis' und Trank auskam.

Jani starb im vergangenen Jahr, nachdem er seinen Hungerrekord auf 76 Jahre hatte ausweiten können, Angela Merkel aber kann noch guter Hoffnung sein, dass ein entsprechender Ausgang der Bundestagswahl mit zeitraubenden Koalitionsverhandlungen ihr Gelegenheit geben wird, Helmut Kohl vom Thron des am längsten regierenden Deutschen zu stoßen. Am 16. Dezember 2021 wäre soweit, knapp drei Monate nach der Bundestagswahl. Angela Merkel hätte dann erreicht, was noch niemand vor ihr geschafft hat: Ihr Land mehr als anderthalb Jahrzehnte durch Krise um Krise zu steuern, viele davon selbstgemacht und andere so lange unterschätzt, bis Wundherde sich entzündet hatten. 

Ein dicker Krisenvorrat

Im Erbe der ewigen Kanzlerin ist aber auch für die oder den Nachfolger noch einiges an Krisenvorrat versteckt. Merkel, die stets von hinten dachte, hat vorn immer nur abgebügelt und - gern durch sogenannte "Ausstiegsbeschlüsse" - akute Problemverschiebung betrieben. Wirklich beantwortet wurde während ihrer Dienstzeit keine Zukunftsfrage. 

Von der perspektivisch unsicheren Rente bis zur auseinanderstrebenden Europäischen Union, vom Schuldenberg der öffentlichen Hand, der Ratlosigkeit bei der Entwicklung von digitalen Industrien bis zum Energieausstieg ohne Plan, woher denn dann der Strom kommen soll: Merkel war groß im Beschließen dessen, was werden soll.  Die Umsetzung all der Pläne für europäische Armeen, demokratisierte Fremdstaaten, integrierte Zuströme oder fantastische Wasserstoffwirtschaften überließ sie am liebsten Gang der Dinge in einer weit entfernten Zeit jenseits ihrer Tage im Amt.

Muttis Botschaft

Es wird kein verlockender Job werden, das Land mit Rudern, die kaum noch ins Wasser reichen, wieder auf Kurs zu bringen. Längst glaubt das Volk an "Muttis" (Spiegel) Botschaft. "Anstrengungsloser Wohlstand" (Guido Westerwelle) ist möglich, ja, er ist sogar verdient. Deutschland ist "das reichste Land der Welt" (ZDF), es mangelt nicht am Geld, gerettet wird, wer nur laut schreit, niemand braucht mehr Industrie, niemand braucht Mühe oder Entschlossenheit, Lebensrisiken sind vermeidbar und ein betreutes Leben ist der Traum jedes vernünftigen Bürger*inseienden. 

Deutschland aufzuwecken, braucht es vermutlich Fingerschnipsen, sondern einer geduldigen, Jahre währenden Umerziehung. Den Enkeln der Wirtschaftswunderkinder klarzumachen, dass es so zwar weitergehen kann, aber nicht mehr sehr lange, hat sich jedoch keiner der drei Bewerber vorgenommen. Niemand rüttelt am Zaun, niemand trommelt für einen Neuanfang. Stattdessen üben Baerbock, Laschet und Scholz die Raute (Fotos oben), als suchten sie Zugang zu Merkels geheimen Eigenenergieströmen.

Ohne Spannkraft und Energie

Mit unterschiedlichem Erfolg: Bei Armin Laschet (links oben) sieht die Merkel-Raute zerbrechlich aus, sie ist ohne Spannkraft und Charisma. Annalena Baerbock hingegen imitiert absichtsvoll schlampig. Statt einer sauberen Raute, bei die Fingerspitzen aufeinandergesetzt werden, verschränkt sie die Finger und stellt nur die Daumen gegeneinander. Innere Energie fließt so nicht, sie wird blockiert und - den Erkenntnissen der Grünen Physik zufolge - in den Handwurzelknochen gespeichert. 

Eher konfrontativ auf einer staatsmännischen Ebene geht Olaf Scholz mit der Vorgabe um, dass der kommende Kanzler*In die Raute als geheimen Händedruck der Macht zeigen müsse: Für die Süddeutsche Zeitung stellte Scholz Merkels mächtigste Beschwörungsgeste nach, ohne deren Kern imitieren zu können. Seine Hände hängen spannungslos nach unten, seine Daumen scheinen sich kaum zu berühren. Die Geometrie der Scholz'schen Raute ist formal korrekt, korrekter jedenfalls als die dahingeschluderte Anmutung bei Baerbock und Laschet. Die Ambition des Sozialdemokraten aber lässt sich aus seiner Variante der Raute deutlich herauslesen: Scholz ist der beste Merkel, der für kleines Geld zu haben ist. Aber große Ansprüche darf niemand haben.


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

https://www.euractiv.com/section/digital/news/soros-accuses-facebook-of-conspiring-to-re-elect-trump/

Die Raute ist wohl eine Art Sende- und Empfangsantenne zwischen Soros und seinen Zombies.

P.S.
soros-accuses-facebook-of-conspiring-to-re-elect-trump/
Man glaub es ja fast nicht, dass es früher Leute gab, die an sowas geglaubt haben.

P.P.S.
Seit wann hat Der Postillon eigentlich die Kommentare deaktiviert? Seit er Zweifel an der Zwangsimpfung witzig findet? Er war doch schon seit Jahren das offizielle Satireorgan der Groko, war doch vorherzusehen.

Anonym hat gesagt…

Auf Klonovsky Empfehlung mal bei Speatow reingeklickt.
https://www.spaet-nachrichten.de/2021/08/blendgranaten-und-heckenschuetzen/

Spaetow:
Der Spiegel hat offenbar zudem Zugang zu einer WhatsApp-Gruppe von Unionistas, deren Quertreiberei er genüsslich verbreitet.

Ja, so wie drei unbedarfte Schreibsklaven, die mit Ach & Krach ihre Schuhe selbst binden können, mit professioneller Recherche eine geschlossene Chatgruppe knacken, um dann private Konversationen zu kolportieren.
Das das einer anderen Seite im Wahlkampf nützt, die jede, wirklich jede Hilfe braucht, ist halt ein unerwarteter Nebeneffekt guten Journalismus'.

Oh Spaetow.

Die Anmerkung hat gesagt…

Immerhin gelang dem Mann der Satire diese Aussage.

"Natürlich wurde die Beate-Zschäpe-Revision vom BGH verworfen, wäre ja wohl noch schöner! Zschäpe bekam lebenslange Haft – „auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war.“ (Welt) Hier galt in dubio pro reo nicht, denn die vom OLG gezogenen Schlussfolgerungen waren schließlich „rational nachvollziehbar“ (BGH). Außerdem standen sie so in der Presse."

Damit lebt er 5 Komikeretagen über Welke. Das alleine ist schon eine Leistung bei der vielfältigen Einfalt unter deutschen Lachmachern.

Anonym hat gesagt…

Ich bin ein wenig enttäuscht, dass die Premiumquellen über das „rational nachvollziehbar“ einfach hinweggegangen sind. Für einen Katholiken ist die Transsubstantiation der Hostie in den wahren Leib Christi „rational nachvollziehbar“. Alle philosophischen Systeme sind „rational nachvollziehbar“, selbst wenn sich ihre Aussagen einander zu 100% widersprechen.
„Rational“ bedeutet nicht „richtig“, sondern aus einer Anzahl von Prämissen deduktiv hergeleitet. Das steht und fällt mit den Prämissen. In der Juristerei würde ich sowas als sophistischen Kack werten.

Die Anmerkung hat gesagt…

>> „Rational“ bedeutet nicht „richtig“, sondern aus einer Anzahl von Prämissen deduktiv hergeleitet. Das steht und fällt mit den Prämissen. In der Juristerei würde ich sowas als sophistischen Kack werten.

Auf dem Blog des AK NSU gehen wir am Mittwoch sogar noch einen Schritt weiter. Wir werten in Würde.

admin

habe ein paar Schreibfehler terminiert.
Klasse Beitrag, anmerkung

Das Lob ist wie wenn der Fischer mir seine Ordensspange geschenkt hätte.

Die Anmerkung hat gesagt…

Die größte Gefahr für Scholz, der Union und Grünen genüsslich bei ihrer Selbstverstümmelung zuschauen kann, ist aktuell ein weiterer dümmlicher Tweet von Saskia Esken.

Steinhöfel

https://www.achgut.com/artikel/olaf_scholz_auf_der_zielgeraden

Anonym hat gesagt…

Reines Wunschdenken, aber wenn man so könnte, wie man wollte: Götzl, Sturm, Heer und Stahl scharfer Befragung ohne kleinliche Einschränkungen unterziehen zu können - bitte den Konjunktiv zu beachten ... Mögen hätten wir schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.