Sonntag, 6. März 2022

Der größte Knüppel: Putins Flirt mit den Nazis

Teufel, Verbrecher, Kinderschänder, Lügner oder "Sozialdemokrat" (Egon Olsen): Seit Urzeiten hat der Mensch nach Begriffen gesucht, mit denen er das unaussprechlich Böse bezeichnen konnte. Die Worte wechselten über Jahrhunderte je nach Stimmungslage, mal waren Ungläubige die größte anzunehmende Unausstehlichkeit, mal waren es Protestanten, mal Katholiken, mal Anhänger der Religion des wissenschaftlichen Kommunismus oder Bauern, die sich der Kollektivierung verweigerten. Zudem unterscheiden sich die Sitten von Land zu Land, zwischen Sprachfamilien und Glaubensgemeinschaften.  

Kampf der Ideologen

Wer irgendwo hier in höchstem Ansehen stand, konnte sich irgendwo dort härtester Ungnade gewiss sein - das war vom alten Rom bis ins Washington des Senators McCarthy und von Stalins Kreml bis in die "Spiegel"-Redaktion im deutschen Herbst der Endsiebziger nicht anders. Der Kampf der Ideologen um die weltweite Vorherrschaft erforderte die Trennung von Spreu und Weizen, wobei einerseits des eisernen Vorhangs in der Regel als Getreide gerühmt und verspeist werden durfte was auf der anderen Seite als ungenießbar aussortiert wurde. 

Die Moden wechselten, das Feld der Anhängerschaft für die eine Glaubensschule konnte schrumpfen, das einer anderen wachsen. Zeitweise war der "amerikanische Agent" ein Feind, zeitweise war es der "Russenknecht", im Laufe der Jahre wurden "Atlantiker" beschimpft, dann Manager, Spekulanten, Euro-Gegner, Sozialreformer, Sachsen, Ostdeutsche, Fremdenfeinde, Impfgegner, Querdenker und Russlandversteher. Jeder war mal dran, jedenfalls fast jeder. Wem nicht irgendwann wenigstens eine kleine Zielscheibe auf die Stirn geklebt wurde, der hatte jedenfalls nichts richtiges erreicht.

Die Atombombe des Verbalkrieges

Erst im großen Bild wird der Siegeszug deutlich, den eine zentrale Bezichtigung in all diesen Jahrzehnten und zunehmend in den vergangenen paar Jahren gefeiert hat. Je weiter der Untergang des Dritten Reiches und seiner nationalsozialistischen Ideologie zurücklag, desto erfolgreicher wurde der "Nazi" als Schimpfwort, Unterstellung und Vokabel für den politischen Nahkampf. Andere Vorwürfe kamen und gingen, dieser eine aber blieb, universell einsetzbar und nach und nach soweit von jeder konkreten Bedeutung befreit, dass "Nazi" nun jeder sein konnte: Die Feministin und der Naturschützer, der israelische Ministerpräsident und der Liebhaber deutscher Klassik, der amerikanische Rockmusiker und der rheinische Filmemacher, ein Bäcker in Plauen und ein Virologe in Schweden.

Untauglich dagegen Beschuldigungen wie die noch vor 40 Jahren durchaus wirkmächtige, ein Kommunist zu sein. Was seinerzeit Karrieren kostete, wird mangels Wirksamkeit nicht mehr benutzt. Der Nazismus hat den Kommunismus letztlich besiegt, zumindest als Massenvernichtungswaffe für Zwischentöne. Wer nicht links ist, ist Mitte, die Mitte aber ist immer latent rechts, rechts ist rechtsradikal, rechtsradikal ist rechtsextrem ist rechtsextremistisch ist Nazi. Ende der Diskussion.

Es gilt das Prinzip der Kontaktschuld, nach dem jeder, der mit Nazis zusammen gesehen wird oder Ansichten teilt, die auch Nazis teilen, selbst wenn es sich um Auffassungen zur Karnickelzucht oder zu Frage des Umgangs mit Kochgemüse handelt, sich ungeachtet seiner sonstigen persönlichen Eigenschaften selbst in einen Nazi verwandelt. Wer so angegriffen wird, kann nicht mehr in der Sache argumentieren, er kann sich nur noch rechtfertigen und versuchen, sich zu verteidigen, wird dabei aber keinen Erfolg haben.

Wahnsinn auf die Spitze getrieben

Wladimir Putin hat gut zugeschaut, was da im Westen passiert. Den im Westen zunehmend beliebten Begriff der fake news, eine weitgehend undefinierte Propagandavokabel, die alles, aber auch nichts bedeuten kann, hat sich der Kremlherrscher angenommen, weil er ihr unfassbares Potenzial erkannte. Wer fake news ruft, muss über nichts mehr diskutieren. Er kann per Gesetz jede abweichende Ansicht zensieren und ihre Urheber bestrafen. In Russland nicht nur per Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben bis hin zum bürgerlichen Tod. Sondern im Wortsinn per Anklage, Urteil und Haftstrafe.

Der Nachahmer im Kreml übertrifft das Vorbild auch beim ahistorischen Wahnsinn der Naziwitterung überall, wo abweichende Meinungen und widersprechende Stimme lauern könnten. Putin hat den "Kampf gegen rechts" mit seiner Kriegserklärung an die Ukraine auf die Spitze getrieben. Er müsse das Nachbarland "entnazifizieren" griff der Kreml-Herrscher auf zur Atombombe des Verbalkrieges, einer Waffe, die es ihm aus seiner Sicht sogar erlaubte, auf einen inszenierten Angriffsgrund oder eine halbwegs überzeugend vorgeschobene Begründung für den Einmarsch zu verzichten. 

Der größte Knüppel, in den zurückliegenden Jahren der Trump-Präsidentschaft im Westen als alltägliche Propagandapeitsche geschwungen, würde schon reichen, die Offensive zu rechtfertigen. Wer gegen Nazis kämpft, das hatte sich nach dem Ausbruch der Sarrazin-Kriege klar und immer klarer herausgestellt, darf alles, er ist der Gute, ihm wird nichts nachgetragen und nichts vorgeworfen, denn ohne ihn würde das Fürchterlichste zurückkehren, das die Menschheit jemals erlebt hat. Wer gegen rechts ist, der kann Ermittler, Ankläger, Richter und Vollstrecker gleichzeitig sein, wobei er wie Putin selbst darüber bestimmt, wer oder was dieses "rechts" ist, das er zu bekämpfen verpflichtet ist.


9 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Tichy holt den ganz dicken Knüpepl aus dem Sack, den Josef Kraus
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NAMEN HINTER DEM VERSAGEN

Wer für den desolaten Zustand der Bundeswehr hauptverantwortlich ist

https://www.tichyseinblick.de/meinungen/fuer-den-desolaten-zustand-der-bundeswehr-hauptverantwortlich/
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Weiß jemand genaueres, wer oder was da versagt hat? Das wird im Text unterschlagen, nicht erwähnt oder vergessen zu erzählen.

Anonym hat gesagt…

interessant : alle linksliberalen Gutmenschen , MännerhasserInnen und Wehrdienstablehnenden sind bei der gez versammelt und fordern den totalen Krieg .

( nun könnte ich was über die Psyche der brd Akademikerin schreibn - aber dann wird`s wieder unsachlich und der Berndbeitrag wird gelöscht




Die Anmerkung hat gesagt…

So ziemlich das aktuellste Wissen lautet so:
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https://www.medizin-im-text.de/2021/61899/die-einsamkeit-der-akademikerinnen/

Einsamkeit bei Akademikerinnen

05.10.2021 VON DUNJA VOOS

„Könnten Sie sich vorstellen, etwas offener zu werden und sich auch nach Nicht-Akademikern bei der Partnerwahl umzuschauen?“, fragt der überteuerte Coach die Chefärztin, die schon lange auf der Suche nach einem Partner ist. Die vielen Jahre des Alleinerziehens haben ihre Spuren hinterlassen. Der berufliche Druck und die Herausforderung, alleine das Geld nach Hause zu tragen, haben zu Vorhofflimmern und Reizdarmsyndrom geführt.

Volker hat gesagt…

"So ziemlich das aktuellste Wissen lautet so:
-----
https://www.medizin-im-text.de/2021/61899/die-einsamkeit-der-akademikerinnen/"


Die Gesellschaft ist erstarrt. Zu keiner normalen Handlung, nicht mal zu einem vernünftigen Gedanken mehr fähig.

Seit Jahrzehnten werden die immer gleichen Texte abgespult. Das betrifft die Propaganda allgemein, die heuer die gleichen Texte bringt wie im letzten Jahr. Lediglich Impfgegner durch Putin-Troll ersetzt. Mehr haben die Stöckers, Lobos & Gen. nicht in petto.

Was die unfruchtbaren Chefärztinnen (das sind, glaube ich, 60% aller Frauen in D) ...
women are more unhappy now than ever
The Profile of the Most Unhappy Person
In fact, one 2011 study of the American workforce found that the "profile" of the most unhappy person was a 42-year-old woman who was unmarried, had no children, and was a professional (doctor, lawyer, etc.).

Und schon damals war das Thema eigentlich ausgelutscht.
SPIEGEL, 07.09.2002,
Über 40 Prozent kinderlos,
"Akademikerinnen finden oft keinen Partner"
.

Anonym hat gesagt…

willi jasper , der ewige Schwätzer beim "deutschlandfunk" .

"Maoist" . und : weiß ganz viel über jüdische Kultur . Redet viel - äußert sich "politisch" .

steht vor dem Buchschrank und guckt - gibt "Interviews" wünscht sich Jännis Schoplinz weil doch Musik .

und 68 - natürlich .

"how many roads " wird eingespielt .

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"der ewige Spießer - warum die brd immer ein Ort der Minuskultur sein gewollte"

( ursprünglicher Titel : der Rotwein und die KPD / AO ) .

sagt : "Mao Zing " (lacht) redet weiter . Weitere Fragen .

"wir wollten uns der Arbeiterklasse nähern - sind ins Rohrgebiet gezogen , suchten dort den Kontakt zu den Arbeitern"

Arbeiter will nix von Mao hörn . Dann aber schon wieder Vietnam .

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Jasper schrieb also einen Beileidsbrief weil doch der tote Mao nur wenige 100 Mio. Leute umgebracht hat - irgendwie für die gute Sache



Jodel hat gesagt…

Putin hat mit seiner Nazi-Strategie nur einen Fehler gemacht. Er hat nicht erkannt, wer eigentlich entscheidet, wer denn ein Nazi ist und wer nicht. Er hatte nämlich als unqualifizierter, unwoker Diktator gar kein Recht so eine Entscheidung zu treffen. So lange wir unangefochtener Moralweltmeister sind, entscheiden auch nur wir darüber, wer den Nazi-Titel verliehen kriegt und wer nicht.
Es wurde daher in Schland einstimmig entschieden, dass aktuell Putin ein Nazi ist und die Ukraine ausschließlich von Engeln bewohnt wird, die dort bis vor zwei Wochen ein Paradies auf Erden errichtet hatten. Berufungen gegen diese Entscheidung werden nicht zugelassen.

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Anonym hat gesagt…

Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt ...

Solches könnte öfter getan werden.
Und nicht von dem Gesabbel von wegen Zensurgeilheit, Feigheit vor Kritik (bruhaha)usw. ins Bockshorn jagen lassen.

ppq hat gesagt…

meist mache ich die sachen rückstandsfrei weg