Dienstag, 10. Mai 2022

Benzinpreis: Am schlimmsten betroffenes Gebiet

Grenznahe Vollversorgung: Jenseits des deutschen Hochpreismarktes bieten Tankstellen nicht nur billigen Sprit, sondern auch Mitnahmebehälter für die umfassende Bevorratung an.

Die Zweifel am Sinn der EU sind Legion, gerade Hetzer, Hasser und Quertreiber schüren die Ansicht, dass es sich beim Brüsseler Überbau der derzeit noch 27 Mitgliedsstaaten überwiegend um ein bürokratisches Monster handelt, dessen wegweisende Initiativen entweder verpuffen, vergessen werden, Schaden anrichten oder an mangelnder Einigkeit der Mitgliedsstaaten scheitern. Die EU, einst von den Nationalstaaten als Adresse erfunden, die den Regierungen der Mitgliedsländer die Einführung unpopulärer Maßnahmen und verfassungsfeindlicher Gesetze von oben vorschreibt, hat aber gerade in Krisenzeiten durchaus ihre Nütze wie eine aktuelle Untersuchung der EU-Kommission zu den explodierten Benzinpreisen der zurückliegenden Monate zeigt.

Die EU deckt Ungeheuerliches auf

Schonungslos decken die Gemeinschaftsdaten auf, dass Deutschland einmal mehr zu den am schlimmsten betroffenen Gebieten gehört. In keinem anderen Land der Wertegemeinschaft sind die Kosten für das Tanken in den vergangenen Monaten so rasant gestiegen wie in Deutschland. Danach stieg der Preis eines Liters Dieselbenzin hierzulande zwischen kurz vor Kriegsbeginn und Ende April von 1,66 Euro pro Liter auf 2,04 Euro pro Liter um 38 Cent, der Liter Superbenzin wurde im selben Zeitraum 23 Cent teurer. Nur in Schweden und Lettland hätten die Preise in diesem Zeitraum ähnlich viel zugelegt, rechneten die Experten der EU aus. In Frankreich dagegen sei der Anstieg mit lediglich 17 Cent und in Italien mit fünf Cent viel milder ausgefallen und in Ungarn der Preis sogar um sechs Cent im Vergleichszeitraum zurück.

Stecken wieder die Großkonzerne aus den USA und Großbritannien dahitler? Putin? Der Inder Modi? Die Blutprinzen Arabiens und die umweltschädliche amerikanische Fracking-Industrie, von deren Gutdünken die aktuelle Bundesregierung die zentrale Wirtschaftsmacht des alten Europa einseitig abhängig zu machen bestrebt ist? Welche Rolle spielen der für den Herbst versprochene Tankrabatt, das mit Sehnsucht erwartete Neun-Euro-Ticket und das staatliche Heizungsgeld für die Ärmsten der Armen? Und weshalb gestattet es die Kommission populistischen Regierungen in Polen, Ungarn, Frankreich, Dänemark, Tschechien und Italien, ihre Bürgerinnen und Bürger mit einseitigen Maßnahmen zu entlasten, so dass die Spritpreise in Dänemark seit Monaten bis zu 50 Cent pro Liter, in Polen um 80 Cent pro Liter sparen und in Tschechien um gut 30 Cent unter dem deutschen Niveau liegen?

Brüssel prangert an

Brüssel urteilt nicht, Brüssel deckt nur schonungslos auf, was niemand ahnte. Während die Nachbarstaaten aus Angst vor einer neuen Gelbwestenbewegung regulierend in die Märkte eingreifen, hält der liberale deutsche Finanzminister Kurs auf die Mehrung des Nutzens aller durch die Mehrung des Nutzens der Staatskasse. 

Mit einem Steuerplus von fast 19 Milliarden Euro allein im letzten Quartal wird Christian Lindner die Mittel zur vorübergehenden Senkung der Benzinpreise ab Herbst oder Winter längst eingespielt haben. 30 Milliarden plant der Finanzminister für das große Entlastungspaket. Zwischen 50 und 80 Milliarden wird er bis dahin durch die höheren Diesel- und Benzinpreise eingenommen haben - während Deutschlands Medien zusammen mit der Linken, den Grünen und der SPD gegen die "Preistreiberei der Mineralölkonzerne" wettern. Läuft alles wie geplant, finanzieren die deutschen Fossilnutzer ihre eigene Entlastung nicht nur mittelbar, sondern ganz direkt selbst. Und geht die Kommunikationsstrategie auf, werden sie das auch noch als beglückende Erleichterung empfinden.

Mitnahmementalität des deutschen Finanzministers

Wie gut, dass es die EU gibt, die die Mitnahmementalität des deutschen Fiskus offenlegt, indem sie zeigt, was in anderen Mitgliedsstaaten möglich ist, um die für viele Pendler, Familienväter und Firmen bedrohliche aktuelle Situation zu entschärfen. Die EU, deren zukunftsweisender Klimaplan "Green Deal" einst auf zentral gesteuert steigende Energiepreise als zentralen Baustein eines Umbaus Europas zum ersten klimaneutralen Kontinent gesetzt hatte, enttarnt nun das deutsche Märchen, nach dem verbrecherische Mineralölkonzerne für die deutschen Sonderpreise bei Diesel und Benzin verantwortlich sind. Mutig setzt die Kommission den regierungsamtlichen Märchen vom schicksalhaften Steigen der Preise durch Putins Untaten kalte, harte Daten entgegen: Wo der Staat auf Sonderprofite verzichtet hat, hatte Putin keine Chance.


2 Kommentare:

Jodel hat gesagt…

Und wieder einmal werden 95 % der Michels und Michelinen in Schland die Wahrheit nicht zur Kenntnis nehmen und brav an die Verteuerung des Sprits wegen der gierigen Kapitalistenkonzerne glauben. Die Zonenrandbewohner werden sich noch mehr als bisher über der jeweiligen Grenze mit billigerem Benzin eindecken, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden warum es dort denn günstiger als Daheim sein könnte. Gottlob denkt auch keiner der Auslandtanker auch nur im Traum daran, dass man diese Preise evtl. auch im eigenen Land einfordern könnte.

Dank unserer Medien, die das alles wie immer ganz hervorragend einordnen und nachrichtentechnisch begleiten, sind alle Bewohner von Futschland auch noch Herrn Habeck dankbar, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist. Auch ist ihm zu danken, dass er trotz Gegenwind Kurs hält und nichts wissen will von Laufzeitverlängerungen bei den restlichen paar Kernkraftwerken und Ausstieg vom Ausstieg der Kohleverstromung.

Das Entlastungspäckchen der Obrigkeit, so es denn überhaupt noch irgendwann kommen mag, wird daher ohne Aufstellung einer Gegenrechnung über die Mehreinnahmen des Staates dankbar mit einem Bückling entgegengenommen. Das hätten die ja nicht machen müssen, aber zum Glück denken die Tag und Nacht über die Sorgen des kleinen Mannes nach. Laut Faktencheckern kommen wir mit unseren Spritpreisen am BIP gemessen sowieso eigentlich viel zu günstig davon. Für die Weltrettung wäre ein doppelt so hoher Preis mehr als angemessen. Das kann aber zum Glück bald noch kommen, wenn wir erst endlich auf das russische Angriffsöl verzichten.

Manchmal könnte man wirklich am eigenen Volk verzweifeln. Müssen wir denn immer die perfekten Untertanen sein?

Anonym hat gesagt…

@ Jodel

Nur manchmal?