Sonntag, 8. Mai 2022

Hitler: Wie richtig lag er mit dem Russen?

Wie verfault ist Russlands Armee, fragt der Economist.


Der Mann im Kreml ein grausamer Zar, getrieben von der Lust auf Expansion. Seine Handlanger willfährig, beseelt vom Gedanken, Vergeltung für die vielen Ungerechtigkeiten zu üben, denen das Vaterland ausgesetzt gewesen ist, seit seine letzte Blüte unter dem großen Leonid Breshnew brach. Die Bevölkerung schließlich keinen Schuss Pulver wert. Abwehrkräfte gegen die Demokratie in den Genen. Das gebrochene Rückgrat der Muschiks als Erbteil. Aufrechtgehend nur in Uniform.  

Keine richtigen Europäer

Die meisten Russen sehen sich nicht einmal als Europäer. Und sie sind neueren Erkenntnissen nach  wohl auch keine. "Russen sehen europäisch aus, sind aber keine Europäer", denn bei ihnen gehört das Sterben nun mal dazu wie beim radikalislamistischen Extremisten, der mit Bomben missioniert. Die Nähe ist eine Brüderschaft: Als Wladimir Putin die Tschetschenen an die Front in der Ukraine beorderte, galt in deutschen Medien als ausgemacht, dass es nun keine Grenzen der Grausamkeit mehr gegen wird. Der Russe ist furchtbar. Der Tschetschene aber wie all die sibirischen Schützen, die aus den Weiten der Taiga zusammengetrieben und in Uniform gesteckt wurden, verkörpert den Mongolensturm, vor dem schon Urgroßmutter aus dem Osten geflohen war.

Eine Neubewertung der Geschichte ist gerade in Gang gekommen, eine Neubewertung, ob Putins Regime Faschismus ist. Und wenn ja, ob das nicht tief aus der russischen Seele kommt, einem schwarzen Abgrund aus Obrigkeitshörigkeit, in dem ein einziger Politiker im Land ein bonapartistisches Regime betreibt, "das sich auf eine passive Masse stützt, die ihn in plebiszitären Wahlen unterstützt" (Der Freitag). 

Die Gleichsetzung ist Konsens

Anfangs noch zaghaft vertreten von leise flüsternden Einzelstimmen, ist die Idee, Putin nicht nur mit Hitler zu vergleichen, sondern die beiden kleingewachsenen Männer mit dem übergroßen Ego gleichzusetzen, inzwischen Konsens. Von Putin aus führt eine gerade Straße zu Stalin, das Väterchen, dessen Reich Wladimir I. um jeden Preis wiederherstellen will: Der Kreml-Herrscher ist ein  geradezu lupenreiner Faschist. Zwar nicht Hitler. Aber umso mehr Benito Mussolini.

Was aber das für den antifaschistischen Charakter des Hitlerregimes? Hatte der Füher doch recht mit seinen eindringlichen Warnungen, dass Russland niedergeworfen werden müsse, ehe es selbst ausziehe, die Nachbarvölker zu unterjochen? Hitler hatte den Vernichtungskrieg gegen die Russen als unausweichlich angesehen, weil anderenfalls Russland jede Möglichkeit nutzen werden, Deutschland anzugreifen. Späterhin konnte die Wissenschaft unwiderlegbar nachweisen, dass es sich bei diesen Vorhaltungen um reine Propaganda handelte, die die aggressiven Natur des Dritten Reiches mit einer Art Notwehr-Lüge tarnen sollte. 

Die Gefahr aus dem Osten

Die Warnung vor der Gefahr aus dem Osten, sie sollte Kriegslust machen. Dabei war damals als Sowjetunion auftretende Russland ausschließlich darauf bedacht, seine Wirtschaft und seine Gesellschaft friedlich aufzubauen. Zwar wurde dabei viel Wodka getrunken, doch an der gutmütigen Natur des Russen als solchem bestanden keine Zweifel. Selbst seine aus den Weiten der Taiga stammenden Sowjetbürger*innen sehnten sich nach Frieden, Freundschaft und Solidarität, der Zärtlichkeit der Völker. Hitlers Scharfmacherei traf auf entschiedenen Widerspruch sogar schon, ehe das ungeheuerliche wahre Ausmaß der Verbrechen der Nationalsozialisten allgemein bekannt wurde.

Seitdem war Konsens, dass Hitler und der deutsche Nationalsozialismus ein singuläres Phänomen waren, das weder verglichen noch gar gleichgesetzt werden dürfe mit irgendeinem anderen massenmordenden Regime. Gleichgesetzt werden hingegen musste der Russe mit den übrigen Europäern. Er war genauso, ein liebender Familienvater, eine treusorgende Ehefrau, ein nach seiner Geschlechteridentität suchender Netflix-Abonnent, ein Fußballfan, ein Pauschalurlauber, der in amerikanischen Fernsehserien nur noch daran zu erkennen war, dass er das R ein wenig rollte.

Ohne Alarmlampen

Die Alarmlampen hätten daraufhin schon angehen müssen. Doch nicht nur die deutsche Sozialdemokratie wiegte sich lieber in der Sicherheit eines status quo, der zu schön schien um nicht wahr zu sein. Die Löwen neben den Lämmern. Konferenzen dazu, wie alle gemeinsam Vegetarier werden. Erst nach dem Einmarsch in die Ukraine veränderte sich der Blick westlicher Medien, westlicher Denker und westlicher Lenker auf die Systematik der Machtausübung in Moskau und die schwarze russische Seele, durch deren Putin-Treue Putins Bonapartismus binnen weniger Tage "eine deutlich faschistische Einfärbung" (Freitag) annahm.

Gestützt auf eine dumpfe, tumbe Masse, die einem "Sack von Kartoffeln" (Karl Marx) gleicht, erfuhr Russland unter dem in Deutschland inzwischen verbotenen Buchstaben "Z" seine faschistische Transformation: Das Z ist das Hakenkreuz Putinisten, Begriffe wie "spezielle Militäroperation", "Entnazifizierung" und der Kampf gegen die westliche Vorherrschaft sollen die verbalen Grundlagen beseitigen, mit deren Hilfe Lenins Frage nach dem "Wer - Wen" noch beantwortet werden könnte.

Frieden gegen Faschismus

Putin, der Faschist, erklärt den Faschismus zum Gegner seiner Mordbrennerabteilungen. Die tragen ein  Geschichtsbild vor sich her, das "durchdrungen ist von Ressentiment, Verbitterung und Revanchismus". Die Friedensstaaten im Westen sahen sich überrumpelt. Sie brauchten Tage, um den Faschisten Putin zum Endgegner zu erklären und sich gegenseitig zu vergewissern, dass die Zeit, in der man sich aus Kriegen heraushalten konnte, vorüber ist. 

Es gibt kein Sowohlalsaus, kein Treffteuchindermitte, kein Wennnunaberdoch. Nachdem langjährige Bemühungen um "eine Klärung auf diplomatischem Wege" fehlschlagen waren "und damit der Wille Russlands deutlich wurde, seine Politik Deutschland gegenüber zu ändern" (Alfred Jodl) hatte sich Hitler einst "entschlossen, den unvermeidlichen Konflikt mit Russland eher im Zuge dieses Krieges durchzuschlagen, als sich in einigen Jahren nötigen zu lassen, erneut einen Krieg zu beginnen und diese Frage zu lösen." Der Ausgang ist bekannt, aber das Ende war er noch nicht.

Im  neuen Überlebenskampf mit dem alten Feind muss nun die Freiheit einem "Zwang zur Einstimmigkeit" (Freitag) weichen, denn dieser Widerpart, ein entmenschter, vertierter, "verfaulter" (Economist), wird nicht nach- und schon gar nicht aufgeben. Er wird Gefahr sein, so lange er existiert, und bis zu diesem Tag wird man ihn bekämpfen müssen.


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn man überlegt, dass "Der Archipel Gulag" in russischen Schulen zur Pflichtlektüre zählt und die meisten Deutschen davon noch nie gehört haben, lässt tief blicken und darauf schließen, dass die Russen ihre blutige kommunistische Vergangenheit weit besser aufgearbeitet und verstanden haben als die Deutschen ihre eigene.

Hier wird der Russe immer noch mit "Kommunist" gleichgesetzt und der Kommunist ist eben der ewige Böse, ergo ist der Russe der Böse. Auch wenn in Russland große Teile der Menschen noch in echter Armut leben ist das Land weiter vom Kommunismus entfernt als Deutschland, welches ja wieder mit diesem Utopia liebäugelt. Man nennt es nur nicht Kommunismus wegen dem schlechten Image sondern Progressivismus. Kling viel besser und moderner.

Seit 20 Jahren versucht Russland Deutschland als Verbündeten zu gewinnen. Putin hat immer gesagt, dass die russischen Resourcen gepaart mit der Deutschen Technologie einen starken Eurasischen Machtblock bilden kann, der den USA leicht die Stirn bieten könnte. Wir haben ihm immer und immer wieder ins Gesicht gespuckt und jetzt hat sich Russland eben China gesucht und wird in Zukunft seine Ressources dort hin verkaufen und dort seine Machtsphäre aufbauen. Die Dummheit der Deutschen ist grenzenlos und die Hörigkeit zu den USA wird unser Untergang sein.

Und all das weil wir das Bild des "bösen Russen" nicht los lassen können. Welch unglückliche Pathologie wir da ausleben.

Anonym hat gesagt…

Mit Gerhard Polt: "Was heißt da >wir<!"

Die Anmerkung hat gesagt…

Ebenfalls: Gerhard Polt.

Daumendrücken, für die im Osten, ist auch Solidarität. Aber preiswert.

https://www.facebook.com/polt.de/videos/solidarität/1286047648195313/

Abgang mit dreckiger Lache.

Anonym hat gesagt…

Interessante Kommentare zu einem Artikel auf Antispeichel-Ruh zum Thema: Trolle als solche, im allgemeinen und im besonderen. Die Kommentare, nicht einkich der Artikel.

Anonym hat gesagt…

<< Wie der Klimawandel den Golfstrom verändert

Fließt er? Fließt er nicht? Der Golfstrom bewegt sich so langsam wie seit tausend Jahren nicht mehr. Forscher suchen nach Ursachen. <<

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@ Anmerkung: Zwar nicht von Pappe. Aber: "Der Südpol bricht auseinander" seinerzeit in der Blah-Zeitung ist wohl nicht mehr zu toppen.

Anonym hat gesagt…

Beitrag 1 : ganz genau : das aktuelle Affentheater ( Dr. Maydaneck aus Oukraine bei will usw ) soll die deutsche Öffentlichkeit auf Kurs bringen - wir führen keinen Krieg gegen Russland und die kiew-Kartelle und die cia können uns mal am Arsch lecken .

Anonym hat gesagt…

die kiew-Kartelle und die cia können uns mal am Arsch lecken ...

Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre. Im Gegentum (Heinz Erhardt?) - die können uns ziemlich heftig an den Eiern ziepen, aber wir sie nicht.