Mittwoch, 8. Juni 2022

Einer wie keiner: Was er kann, kann nur er

Den steigenden Ölpreises auf dem Weltmarkt einfach in den Arm fallen und die Preise im Land senken. Jedem Kind und jedem armen Erwachsenen irgendwann Geld direkt auszahlen. Den alten Traum der Ökokrieger erfüllen, und Mobilität so billig machen, dass niemand mehr überhaupt darüber nachdenkt, ob er jetzt da hin oder dorthin fahren soll. Einfach los! In Klimas Namen! Und dann der Trick mit dem Reichtum: Das überzogene Konto noch mal überziehen, richtig kräftig und vor aller Augen. Und das neue Minus dann öffentlich stolz als funkelndes "Sondervermögen" (Bundesworthülsenfabrik, BWHF) bezeichnen!

Schulden als Vermögen

Niemand würde damit durchkommen, niemand. Doch "was der Staat kann, kann nur der Staat", hatte schon der damalige SPD-Chef Franz Müntefering gelobt, was das, was aus allen besteht, aber nur von ein, zwei Handvoll Männern und Frauen gesteuert wird, so unvergleichlich macht zu allem, was sonst existiert auf der Welt. 

Der Staat ist Wille und Vorstellung, ohne dass jemand weiß, wessen Wille und nach welcher Vorstellung. Er ist aber auch Freund und Geliebte, Retter, Feuerwehrmann und Polizist, Schutzhelm, Lehrer*in und Offizier. Seinen befehlen ist zu gehorchen, seinen Anweisungen unbedingt Folge zu leisten. Wenn er sagt, dass 100 Milliarden, die sich jemand irgendwo borgt, um sie auszugeben, danach 100 Milliarden Vermögen sind, dann ist das so. Wer zweifelt, zeigt Charakterschwächen. Wer widerspricht, versteht es nicht.

Der Staat hat seine Medien

Dafür, dass niemand etwas anderes behauptet, hat der Staat seine Medien, die er sich allerdings nicht hält wie ein einer jener mittelalterlichen sozialistischen Potentaten. Kein ernsthafter Propagandist, Agitator und Organisator öffentlicher Meinung lenkt heute noch wie Goebbels selbst, kniffelt, knobelt und redigiert auf der Suche nach Formulierungen, die es vermögen, Millionen und Abermillionen Menschen hinter dunkle Tannen zu führen und ihnen dort das Gefühl zu geben, die Aussicht sei wundervoll. 

Der moderne Medienstaat funktioniert über ein System kommunizierender Röhren. Hier sind die Eingeweihten, aber Unabhängigen, reihenweise ehemalige Staatsangestellte und Parteisoldaten, die den Finanzbedarf ermitteln und zuteilen, was gewünscht wird. Dort warten die mobilen Bataillone mit den schweren Meinungswaffen auf Gelegenheiten, es mit Kommentaren und Berichten, Aufrufen, Interviews, Tweets, Haltung und jubelnder Begeisterung vergelten zu dürfen. 

Mit schweren Meinungswaffen

Die erlebte Wirklichkeit gibt denen Recht, die Münteferings 20 Jahre alten Appell, "weniger für den privaten Konsum – und dem Staat Geld geben, damit Bund, Länder und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen können" als Fingerzeig für das nehmen, was noch kommt. Wie entschlossen staatliches Eingreifen - und nur staatliches Eingreifen! - die durch Umtriebe des Kreml und der Großkonzerne in den Himmel geschossenen Treibstoffpreise in wenigen Stunden hat einhegen und zivilisieren können, zeigt, was möglich wäre, würde nur der Staat hier bestimmen.

Grenzen, die seiner Macht heute noch gesetzt sind, weil der Finanzminister eben immer noch nur über 56 Prozent des Benzinpreises gebietet, könnten eingerissen werden, läge die Entscheidung über Bohrung, Förderung, Veredelung, Verteilung und Verkauf nur bei ihm. Das Neun-Euro-Ticket, erfunden in einem Berliner Hinterzimmer und über die Verwaltungsstrukturen binnen weniger Wochen bis in die letzten Kapillargefäße der prekären Rufbusstruktur in Vorpommern durchgestellt, zeigt beispielhaft, was dann möglich wäre: Diesel könnte kostenlos werden oder Benzin nur zehn Cent kosten, Schokoriegel an der Tanke wären dazu wie Kühlerwasser und wenn der Staat wollte, könnte er das Energiegeld gegen Unterschrift vom Tankwart auszahlen lassen.

Das Gift als Heilmittel

Es gibt keine Grenzen, wo der Staat etwas will. Was an helllichten Tagen der Vergangenheit noch wie die absurde Traumtänzerei verspäteter Plansozialisten erschien, ist im Dunkel der neuerlichen Krisenjahre zu einem Licht der Hoffnung am Horizont geworden. Niemand erwartet heute noch etwas von jemandem, der nicht der Staat ist. Nur er allein kann noch retten, was in die Binsen gegangen ist durch fast 15 Jahre permanenter Rettung vor diesem , jenem und allem anderen. Nur er, der immer rettet, kann es weiter tun, kein höheres Wesen als der Finanzminister, die EZB-Chefin und die Staatenlenker, die wie Amazon-Logistiker Rettungspakete schnüren, sobald die widerborstige Wirklichkeit ihren fabelhaften Plänen wieder Stöcke und Bananenschalen zwischen die Beine wirft.

Als Thorsten Polleit, damals Chefvolkswirt bei Barclays Capital, kurz nach den ersten Höhepunkten der großen Staatssschuldenkrise behauptete, die Misere sei "das Ergebnis von zu viel Kredit und Geld, jahrelang bereitgestellt durch eine chronische Niedrigzinspolitik der Zentralbanken", so dass es unwahrscheinlich erscheine, dass das Problem sich mit noch mehr Kredit und Geld und noch niedrigeren Zinsen lösen lasse, ahnte der Anarchokapitalist nicht, wie weit sich die entwickelten Volkswirtschaften noch vom gepriesenen Modell der freien Marktwirtschaft entfernen konnten, ohne das irgendwer vom Rückweg in die entwickelte sozialistische Gesellschaft sprach, der selbstverständlich immer gepflastert ist vom Ausbau des Staatsanteils, von steigenden Schulden, von Enteignungsfantasien und einer exzessiven Nutzung des Geldproduktionsmonopols. 

Gegen das freie Spiel der Kräfte

Gesetzmäßigkeiten, die klug genutzt werden müssen. Dem freien Spiel der Kräfte kann Vater Staat nur gütige Aufsicht und gerechte Verteilung entgegensetzen und wo es finanziell nicht reicht, da nimmt er von denen, die nichts dagegen sagen können, weil es sie noch nicht gibt. Dankbar dürfen sie später sein, denn die heute schon länger hier Lebenden vererben ihnen nicht nur einen Schuldenberg, der bis zum Himmel reicht, sondern auch einen wunderschöne Schuldenbremse, die immer nächstes Jahr wieder strikt eingehalten werden wird, wenn es denn dann schon wieder nicht gehen wird.  

Der große Arbeiterführer Franz Müntefering jedenfalls hat schon vor vielen, vielen Jahren, als Deutschland Staatsschulden noch halb so hoch waren, alles dazu gesagt, was heute optimistischer Stimmt als jemals zuvor. "Viele Menschen sind verunsichert, weil sie daran zweifeln, ob Politik, ob der Staat etwas ausrichten kann gegen die unsozialen Kräfte des globalen Marktes", verdeutlichte er damals, als Zweifeln noch nicht genehmigungspflichtig war, in einem typischen Münte-Gleichnis. Aber da sei ja noch die deutsche Sozialdemokratie, die das Primat von Politik und Staat niemals aufgeben werde. Wenn Manager ihm sagten, dass Geld die Welt regiert, antworte er stets mit einem nein, mich nicht. "Die deutsche Sozialdemokratie nicht. Wir werden nicht zulassen, dass Geld die Welt regiert."


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Der Staat, diese Großfamilie fürs Herdenkleinvieh, bestimmt in seiner Demokratieillusion alles von der Wiege bis zur Bahre und lässt dem einfachen ehrlichen Bürger nur die Möglichkeit mager auskömmlichen Frondienstes oder bitterer Schmarotzer-Armut.

Die Mehrheit jedoch findet ihre erzwungene Rundumbetreuung prima, denn eigenverantwortliches Denken ist ihr zu mühsam bis unmöglich.

Der Staat sind nicht etwa du und ich.

Nein, der Staat sind er und sie: Graue Hintergrundeminenzen, die jene Paragrafen ausknobeln, die unsere Zwangsjacken noch enger zuziehen, denn freie Menschen sind den geheimen Landes-Herrschern ein Gräuel. Am liebsten würden sie uns Maulkörbe verordnen, damit wir sie nicht kritisieren können, oder uns Elektroden ins Hirn pflanzen, um uns komplett zu steuern wie Arbeitsameisen ohne Individualität. Schöne neue High-Tech-Welt. Meint etwa jemand, die wäre automatisch frei von übelstem Missbrauch? Man mag anständige Bürger entwaffnen können, die Verbrecher aber sicher nicht.

Der Staat: Was er kann, tut er auch, denn er ist nicht für den Bürger da, sondern der Bürger für den Staat mit all seinen unproduktiven Nassauereinrichtungen. Und die Nutznießer lassen sich ihre Sklaven garantiert nicht mehr freiwillig nehmen.