Dienstag, 16. August 2022

Sieg im Winterkrieg: Heißer Herbst für Temperatursparer

Um den Krankenstand zu senken und eine Überforderung des Gesundheitsystems zu verhindern, kommt die Gaskrise gerade rechts.

Das Hemd war offen, das Jackett aber saß. Dann schritt Robert Habeck zur feierlichen Verkündigung: Wenn es fett über den zwei Eiskugel-Cent des Kanzlers, so doch deutlich unter π, ein bisschen was für den Finanzminister kommt noch obendrauf, aber Glück gehabt. Die Gasversorgerrettungsumlage wird wirklich nur für die existenzbedrohend, die im im Winter auf ihrem gewohnten Heizverhalten verharren und nicht wenigstens die 25 Prozent sparen, die die EU ohnehin vorgeschrieben hat.  

Goldene Zeiten für Temperatursparer

Für alle anderen brechen einmal mehr goldene Zeiten an. Mit jedem Cent, den Erdgas teurer wird, steigen die Chancen, erkleckliche Summen in einem Bereich zu sparen, über den sich die meisten Bürger in der Vergangenheit kaum Gedanken gemacht haben. Wenn es kühl zu sein schien, wurde geheizt, war es kalt, eben mehr. Die Rechnung kam im nächsten Jahr, war der Winter hart gewesen, verdarb sie den Tag. Vor der Zeitenwende aber reichte eine Woche, um die guten Vorsätze zu vergessen, im nächsten Winter aber ganz bestimmt lieber mit Strickjacke und Decke über den Beinen vor der "Tagesschau" zu sitzen als sich von der Bequemlichkeit einer warmen Wohnung um die Früchte harter Arbeit bringen zu lassen.

Die feierliche Verkündung der neuen Gasentlastungsabgabe, mittlerweile der sechste staatliche Preisaufschlag neben Umsatz- und Gassteuer, Konzessionsabgabe, Netzentgelt und Konzessionsabgabe, öffnet Tür und Tor zu individuellen Entlastungsanstrengungen. Das Prinzip ist bewährt und vielfach durchgerechnet: Wer heute noch 14 Cent für die Kilowattstunde zahlt und im Jahr auf 2.200 Euro Gesamtkosten kommt, würde mit einer Verringerung seines Verbrauchs um 20 Prozent 400 Euro sparen. Wenn die "rund 2,4 Cent" (Tagesschau), die sich mit dem Umsatzsteueraufschlag zu knapp 3 Cent aufrunden werden, ab Oktober fällig sind, klettert der Kilowattstundenpreis auf beinahe 17 Cent und die Jahresrechnung bei identischem Verbrauch ungefähr 2.700 Euro.

Jedes Grad bares Geld

Zwanzig Prozent weniger verbrauchen bringt nun schon 540 Euro bares Geld, 140 mehr als vorher. Und wer seine Heizung nur  fünf Prozent niedriger einstellt, ist schon bei nur noch 1.800 Euro Gesamtkosten - satte 1.000 Euro weniger als vor der ersten von vielen weiteren Entlastungsmaßnahmen (RND), die jetzt rasch ausgedacht, beraten, diskutiert und beschlossen werden sollen, damit sie dann im kommenden Frühjahr sofort greifen können.

Auch das Klima dankt es bis dahin, denn wenn die 29 Millionen Gaskunden in Deutschland kurz vor Weihnachten ihre neuen Erdgas-Abschläge mitgeteilt bekommen, die dann zumindest zu einem ersten kleinen Teil auch die zuletzt leicht gestiegenen Großhandelspreise enthalten dürften, die nach einem Beschluss der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) offiziell als "marktgetriebene, teilweise drastische Preissteigerungen" (BR, Handelsblatt, Saarbrücker Zeitung, Stern) bezeichnet werden, braucht es einerseits einen Hasen, damit der Hund weiterläuft. Andererseits aber auch gute Nachrichten wie die, dass es gemeinsam gelungen sein wird, die systemrelevanten Gasimporteure never alone walken zu lassen.

Sieg im Winterkrieg

Wenn  Trading Hub Europe, mit Blick auf kommende große Dinge kurz vor knapp im Herbst 2021 gegründet, dann immer noch "die operative Abwicklung der Marktgebietskooperation sicherstellt", für laue 2,7 Cent, ist der Winterkrieg gewonnen. Gekostet haben wird das alles niemanden etwas, denn die 25 Milliarden Euro, die deutsche Gaskunden bei ihrem derzeitigen Verbrauch von 900 Milliarden Kilowattstunden Erdgas allein wegen der Erdgasumlage zusätzlich zahlen müssen, werden sie durch preisbewusstes Verhalten mehr als eingespart haben. 


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Marktgetriebene Preissteigerungen kann es ja nur geben, wenn es einen Markt gibt. Lösung: Weg mit dem Markt. Wir sind auf einem guten Weg, wiedermal.

Die Anmerkung hat gesagt…

"LIDL schützt neuerdings teure Lebensmittel mit einer Diebstahlsicherung. Die steigenden Lebensmittelpreise scheinen den Discounter dazu veranlasst zu haben. Neben Fleisch wird auch Butter mit einem Sondersiegel versehen."

Anonym hat gesagt…

33°C im Schatten , Transpirationsbernd braucht jetzt ein warmes Vollbad: 28 Schaufeln Anthrazit heizen das Warmwasser auf , noch zwei Blöcke Eiche hinterher und schon ist es im Heizungskeller so warm wie im Kongo

Anonym hat gesagt…

Habe ich gerade bei Buissenes Insider gelesen. Pro Tanker Flüssiggas aus Amerika 175 Millonen Euro Gewinn. Das ist alles Marktwirtschaft. In Halle gab es mal ne Kneipe die Maktwirtschaft hieß.
Da gab es immer Klasse Metalkonzerte. Diese Marktwirtschaft war mir lieber.