Freitag, 23. Dezember 2022

Auf Sparflamme: Das Licht der letzten Kerze

Weiterbenutzen, so lange es geht: Die Ökobilanz uralter Lichterketten mit Glühlampen ist viel besser als die oft als "Öko-Berater" getarnte Lobby der chinesischen LED-Industrie Glauben machen will.

Aber es ist doch Weihnachten! Aber sie verbrauchen doch nicht viel! Aber es geht doch nur um ein paar wenige Tage! Überall in deutschen Familien sind es Dialoge wie diese, die seit Beginn der Hochweihnachtszeit zwischen Unterstützern des Kurses der Bundesregierung auf Sparsamkeit, Erneuerbare und hohe Speicherstände einerseits und konservativen Traditionalisten, Putin-Freunden und Kriegsleugnern auf der anderen Seite stattfinden.  

Die eine Seite verteidigt das, was war: Lichterglanz zum Weihnachtsfest, festlich geschmückte Bäume, Adventskränze und Lametta. Die andere verweist auf die Zeitenwende, die geänderten klimatischen Bedingungen, unter denen Weihnachten stattfinden muss, und darauf, dass das ehemals weiße Fest das erste Opfer der Erderhitzung ist. Möglichst wenig Strom zu verbrauchen, sei eine Aufgabe, der sich auch kein Weihnachtsfreund entziehen könne, wolle er sein Lieblingsfest retten.

Ohne Kerzen und Schnee

Wie aber soll Weihnachten stattfinden, ohne Schnee, Kerzen, Lichterketten und beleuchtete Schwibbbögen? Wie kann Deutschland seine Heiligen Tage des Konsumismus retten, bis das "Booster-Programm für die Erneuerbaren Energien" (Claudia Kempfert) greift und wieder genug Elektroenergie da ist? Herbert Haase vom Klimawatch-Institut (CLW) im sächsischen Grimma hat mit seiner Forschungs-Frau- und Mannschaft eine Liste von Möglichkeiten zusammengestellt, wie sich Wohnungen und ganze Häuser mit gutem Gewissen weihnachtlich dekorieren lassen, ohne dass das Weltklima Schaden nimmt oder die gemeinsamen Kriegsanstrengungen des Westens im Osten der Ukraine nachlassen müssen. "Weihnachten und Festlichkeit, das muss kein Widerspruch sein", sagt Haase, der es nach der Entdeckung der neuen Volksseuche Apathitis durch Forscher aus seinem Haus gerade in diesem Jahr besonders wichtig findet, dass die traditionellen Familienverbände noch einmal wie gewohnt zusammenkommen, ehe die neue Deutschland-Diät allgemeinverbindlich wird.

Beleuchtung muss dabei sein, auch kann ein kleiner Baum aus nachhaltiger Zucht aufgestellt werden. "Echtholz ist klimaneutral, wer die Transportemissionen ausgleichen will, der sammelt im Wald einige Stöcke und Zweige und lagert sie daheim im Keller dauerhaft ein", so Haase. CO2, das im Holz gespeichert sei,  werde so daran gehindert, sie nach und nach aus dem Gewebe zu lösen. "Bei guter Lagerung ist diese Art Speicherung über hunderte Jahre möglich", verwiest er auf CO2-Bindungsexperimente etwa mit der berühmten Klimakommode des Tüftlers und Erfinders Jens Urban. 

Keinesfalls ersetzen!

Lichterketten herkömmlicher Art sollten auch keinesfalls gegen neuartige Beleuchtung mit LED-Lampen ersetzt werden, wie es Werbekampagnen der Lichtindustrie teils sogar über staatliche Internetplattformen und große Nachrichtenagenturen empfehlen. Herbert Haase führt Untersuchungen an, nach denen eine Lichterkette in Deutschland pro Jahr durchschnittlich 50 Stunden in Betrieb ist. Eine althergebrachte Christbaumkerze komme damit auf eine Lebensdauer von 20 Jahren. "Da der größte Teil der CO2-Belastung, die sie verbraucht, während der Produktion anfällt, ist ein Austausch, so lange sie noch funktioniert, ein verantwortungsloses Verbrechen an kommenden Generationen", sagt Haase. Auf den Energieverbrauch der kleinen Lämpchen komme es nämlich überhaupt nicht an.

Eine altertümliche Lichterkette verbrauche über die gesamte Weihnachtszeit etwa 20 Kilowattstunden, eine Menge an Energie, die angesichts eines deutschen Durchschnittsverbrauchs von 1.700 Kilowattstunden kaum ins Gewicht falle, zumal sie rechnerisch auf alle Familienmitglieder aufgeteilt werden müsse. "Wir reden von Kosten in Höhe von acht bis 10 Euro im Jahr, aufgeteilt auf zwei bis zehn Personen."

Feindbild von Politikern, Lobbyisten und Medien

Dass die traditionelle Lichterkette zum Feindbild von Politikern, sogenannten Öko-Instituten und damit auch der Medien geworden sei, führt Herbert Haase auf grundsätzliche Vorbehalten gegen traditionelles Brauchtum und mangelndes Verständnis für Größenordnungen zurück. "Wie man eben noch glaubte, mit kürzeren Duschen und Waschlappen ließen sich messbar Gasvorräte ansparen, um im Winter heizen zu können, glaubt man nun eben daran, dass der Austausch von Lichterketten mit Glühlampen und ihr Ersatz durch LED-Leuchten, wie sie das Öko-Institut empfiehlt, Einsparungen bringt, die von irgendeiner Relevanz sein können." 

Rechne man aber die ökologischen Schäden gegen, die bei der Produktion der zum Ersatz notwendigen Millionen LED-Lampen mit ihrer gefährlichen Mischung Halbleiterkristallschichten, Golddraht, Plastik und seltenen Erden und deren Transport aus Fernost nach Europa entstehe, wachse der ökologische Schaden an Natur und Umwelt mit jeder vor der Zeit gekauften neuen Lichterkette.

Gigantische Klimaschäden

Ob qualitativ hochwertige LED-Lichterketten im Fachmarkt oder billige Nachahmungen aus Bangladesch, das mache keinen Riesenunterschied", sagt Haase mit Blick auf die Verschwendung von Produktionsressourcen. Fabriken, die in Asien eigens gebaut würden, um den Hype nach dem Ersatz bewährter Lichterketten zu befriedigen, verursachten Klimaschäden "für 1.000 Weihnachten". Gute Modelle mit Glühbirnen hielten in vielen Familien seit Jahrzehnten und sie "können noch jahrzehntelang halten, weil sie oft nur wenige Wochen im Jahr im Einsatz sind". Der billige Ersatz dagegen gehe tendenziell schnell kaputt und lassen den Berg an Elektroschrott anwachsen. "Da muss jeder sein gewissen befragen, ob er das wirklich will, nur weil ihm von der chinesischen Lichterkettenindustrie und ihrer Lobby bei den Öko-Instituten eingeflüstert wird, das müsse sein."

Die nackten Zahlen sagen etwas anderes, betont Haase. Wenn Hersteller für ihre LED-Lichterketten eine Lebensdauer von 20.000 bis 30.000 Stunden angäben, werde der Wahnsinn deutlich: "Kaufen Sie die, Sie werden sie dann 400 bis 600 Jahre lang jedes Weihnachten betreiben können." Ein klarerer Fall von Über-Engineering sei ihm in seiner Forscherlaufbahn noch nie begegnet: "Wir entsorgen funktionierende Glühlampenketten, deren Strombedarf etwa 0,1 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmacht, und ersetzen sie hochtechnisierte LED-Lampen, die so aufwendig gebaut sind, dass sie noch im Jahr 2400 einsatzfähig sein werden." 

Falsche Signale von der EU

Falsche Signale wie das EU-Energielabel unterstützen die "verrückte Kampagne" zum Ersatz althergebrachter Glühlampenketten durch vermeintlich supereffiziente LED-Lampen noch zusätzlich. Aus energetischer Sicht ergebe der Tausch Sinn, denn wenn erst alle Lämpchen in Deutschland mit Ökostrom betrieben würden, könne ein Ausstoß von 220.000 Tonnen des Klimagiftes CO2 vermieden werden, heißt es dazu.

Einen "Wahnsinn" nennt Herbert Haase das. Angesichts eines Gesamtausstoßes von CO2 in Deutschland von etwa 770 Millionen Tonnen sei der  Beitrag weihnachtlicher Lichterkette "vollkommen vernachlässigbar", betont und. Und: "Rechnen wir dagegen, dass etwa 600 bis 800 Millionen Euro investiert werden müssen, um alle Lichterketten auf LED umzustellen, wird klar, dass hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird." Während die Windkraft verzweifelt Investoren sucht, reisten die Propagandisten der LED-Industrie durch die Lande, um für ihre angeblich so stromsparende Technologie zu werben. "Dass wir auf diese Weise für jede eingesparte Tonne CO2 3.000 Euro bezahlen - mehr als das 15-fache dessen, was das Umweltbundesamt für angemessen hält - wird verschwiegen."


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der Verharmlosung des Stromverbrauchs durch Herbert Hase kann ich nicht zustimmen. Wie gravierend die Folgen eines hemmungslosen Lichterwahns sein können, zeigt sich jetzt schon auf dem Mars. Dem Mars Roboter hat keinen Strom mehr, er verabschiedet sich mit tröstenden Worten:

My power’s really low, so this may be the last image I can send. Don’t worry about me though: my time here has been both productive and serene. If I can keep talking to my mission team, I will – but I’ll be signing off here soon. Thanks for staying with me. pic.twitter.com/wkYKww15kQ

Den Trost werden wir beim Fortschreiten des Energiewendens brauchen.

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.