Montag, 17. April 2023

Eine Zumutung: Die Deutschen empfinden das Wetter als zu zu

Beunruhigt suchen die Deutschen immer öfter nach den Gründen für Wetter, das immer zu ist: Zu warm, zu heiß, zu kalt, zu nass oder zu trocken.

Das Wetter tut nie, was es soll, zumindest in Deutschland nicht. Die Überlebenden im von Regen, Schnee, Kälte, Hitze, Nässe und Trockenheit weltweit am schlimmsten betroffenen Gebiet haben sich über Jahrhunderte daran gewöhnen müssen, dass die Entscheidung ihrer Vorfahren, ausgerechnet in diesen dunklen Tälern, leeren Ebenen und dürren, düsteren Wäldern zu siedeln, nicht die beste war. Dienstbeflissen und schicksalsergeben fanden die schon länger hier Lebenden sich ab mit Bedingungen, die immer besser hätten sein können, ganz egal, welche Jahreszeit gerade ausgerufen worden war. Gefühlt regnet es stets, oder aber es ist viel zu trocken, weil es viel zu warm ist oder eindeutig so kalt, dass es schon nicht mehr aufs Klima geschoben werden kann.

Wo ist das Durchschnittswetter hin

Das Wetter, vor allem aber das Klimaempfinden spielt verrückt. Seit aus Wettern zusammenhängende Klimamodell gestrickt werden, aus denen sich für jeden Monat, jede Woche und jeden Tag eine Normaltemperatur ableiten lässt, sind die Winter generell zu kalt oder zu warm, die Sommer zu warm oder zu trocken, das Frühjahr sowieso und der Herbst hat sich als im Durchschnitt viel zu nass herausgestellt. 

Ältere erinnern sich an den Juli 2007, der als letzter deutscher Monat gilt, der noch ein deutscher Durchschnittsmonat war, was damals schon als Vorbote eines beschleunigten Klimawandels galt. Alle seine Nachfolger zeigten nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes zum Teil eklatante Normabweichungen: Viele waren zu warm, andere zu kühl, manche zu nass, etliche zu trocken oder zu heiß. 

Ein Normalwetter für jede Jahreszeit

Zu zu jedenfalls, darüber sind sich Klimatologen, Wetteransager und die, die das Ganze draußen in der freien Natur ertragen müssen, weitgehend einig. Aktuelle Daten des Suchmaschinenriesen Google zeigen, wie sehr die Überzeugung, dass es ein Normalwetter für jede Jahreszeit geben müsse, von dem Abweichungen nur in sehr engen Grenzen gestattet sein sollten, gesellschaftlich angenommen worden ist. Seit das Klima als neues Gefechtsfeld für Staatsziele zu den traditionellen Aufgaben der Bewahrung von Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und Menschenwürde getreten ist, machte sich der Glaube breit, dass der langjährige Durchschnitt festlege, wie normal eine bestimmte Temperatur an einem bestimmten Ort an jedem einzelnen Tag sei. 

Jede Schwankung über das Unmerkliche hinaus gilt gesellschaftlich als bedenklich: Ist es zu warm, zu heiß gar, zu trocken oder auch zu nass, ist nicht mehr von Temperaturbewegungen in einem sogenannten normalen Schwankungsbereich die Rede, sondern von den Folgen einer kommenden Katastrophe. Wenig reicht, um viele Befürchtungen zu befriedigen: Eine Abweichung um 0,3 Grad, am liebsten nach oben, macht einen Monat schon "zu warm". Obwohl der historische Schwankungsbereich  deutschlandweit bei plus / minus 1,0 Grad liegen kann.

Vor allem immer zu warm

Mag sein, dass auch mal ein paar Wochen als zu kalt empfunden werden. Doch am Ende ist es dann doch immer zu warm gewesen. So war es im Januar, so war es im Februar, so war es März und so wird es im April sein. Selbst der November und der Dezember vergangenen Jahres, als viele Deutsche verängstigt auf ihre Erdgaszähler starrten, weil es so kalt war, dass die Rädchen heißliefen, Statistisch spielt das jedoch keine Rolle, nur die Google-Suchanfragen verraten die schüchternden Versuche der Menschen da draußen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Wenn das Wetter praktisch nur als normal gilt, wenn es zu warm ist, weshalb kann es dann so kalt sein?

Fragen, die auch im Klimaapril vermutlich unbeantwortet bleiben. Die Wetterbeschreiber in den Nachrichtensendungen diagnostizieren derzeit wechselhafte Bedingungen, in der Regel ein Hinweis auf  einen anderen, aber nicht weniger krankhaften Zustand des Wetters: Es ist nicht zu warm, es ist nicht zu kalt, eher auch nicht zu zu trocken und nicht einmal zu nass. Aber, die bunte Wettershow des mitteldeutschen Heimatsenders MDR blendet ersatzhalber Bilder aus Spanien und Australien ein, das gilt nicht für überall auf der Erde. In Madrid können schon mal 28 Grad werden. "Temperaturen, die eher zum Sommer gehören. Und in Sydney regnet es.

Wenn nicht hier, dann dort. Das Wetter muss immer wärmer werden, damit das Klima immer bedrohter sein kann. Gerade am Vorabend des deutschen Abschieds von der Kernkraft, einer Methode der Umwandlung von Masse in Energie, die weltweit irrtümlich für eine Zukunftstechnologie gehalten wird, sehnt sich der gesunde deutsche Menschenverstand danach, dass genau der Mittelwert der prognostizierte Erwärmung getroffen wird, um ein Kontrollgefühl für die oft so chaotisch erscheinenden Wetterzustände zu gewinnen. Die Zahlen aller Suchanfragen steigen. Eine aber ganz besonders: Nach Wetter, das "zu normal" ist, wird inzwischen zehnmal häufiger gesucht als noch vor 15 Jahren.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

(((Lion Feuchtwanger))) - Der falsche Nero: Wer auf die Dummheit des Pöbels spekuliert, hat einen sicheren Augenblickserfolg im Sack.