Montag, 20. November 2023

Neues Logo, neue Lügen: Die letzten Zuckungen der Linken

Die neue linke Bilderwelt macht linke Vision greifbar, ohne den Alltag in den Blick zu nehmen. Die Größe von Überschriften kann dabei variieren.

Es ging um Geschlossenheit, um Schulterschluss und fest Fronten gegen die da draußen, die schon die Totenglöckchen läuten hören wollen. Bei seinem Parteitag knapp einen Monat nach dem Abgang der früheren Führungsfigur Sahra Wagenknecht wollte der Rest der Linkspartei "Aufbruchstimmung" (Tagesschau) verbreiten. Ohne Wagenknecht, die ihre politische Karriere als beinharte Stalinistin begann, später aber mehr und mehr einknickte und der vermeintlichen Realität Raum in ihren ihren Überlegungen einräumte, würde die verbliebene Linke endlich darangehen können, einen neuen Versuch zum Aufbau des Sozialismus zu starten.  

Die linkeste der Linksparteien

Die großen Erfahrungen als Regierungspartei in der DDR sprechen dabei für die linkeste der Linksparteien im Land. Der noch laufende Klärungsprozess, der am Ende zur Reinigung der Reihen der Partei führen wird, ist nur temporär bedeutsam. Viel wichtiger ist, dass sich hinter der Parteiführung aus Janine Wissler und Martin Schirdewan westdeutsche Altkader wie der scheidende Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow (Osterholz-Scharmbeck) mit halbjungen Profi-Aktivisti wie der Seenotretterin Carola Rackete (Kiel), dem gescheiterten Bundespräsidentschaftskandidaten Gerhard Trabert (Mainz) und der Langzeitfunktionärin Özlem Demirel (Düsseldorf) als letztes Aufgebot zusammengefunden haben, um sich als Gegengewicht zum Rechtsrutsch der anderen Parteien anzubieten. 

Die Dissidenten, Quertreiber und Parteischädlinge sind nach der "große Tschistka" von 2023, einer lupenreinen Säuberung in der Tradition des Kampfes aller Arbeiterparteien gegen Doppelzüngler, Parteifeinde, Rechtsabweichler und Faschisten, vor die Tür gesetzt. Nun kann der Kampf um die Menschen da draußen beginnen: Links von CDU, SPD, der MLPD, der FDP und der Wagenknecht-Partei, aber links sogar von den Grünen, soll es nie mehr eine andere Partei geben als die von der Massenorganisation wieder zur straff geführten Kadertruppe aus Avantgardisten geschrumpfte.

Links ist nur die Wand

Der Parteitag der Linken in Augsburg war vielleicht noch nicht der letzte, aber einer der lustigsten seit Gregor Gysis Besenauftritt ganz zu Beginn des Neubeginns war er sicher. Es wurde getückscht und getrickst, sich gegenseitig etwas vorgemacht, einander in die Taschen gelogen und von Wolkenkuckucksheimen erzählt, als handele es sich um das aufwendige reenactment eines SED-Parteitages aus den 80er Jahren. der ehemalige Parteichef Bernd Riexinger, einer der Totengräber der Partei, spracht von einer "Befreiung" durch den Abschied der Wagenknechte.Nun sei der Gegensatz sehe zwischen Klimapolitik und sozialer Gerechtigkeitspolitik, zwischen den Interessen von Zuwanderern und Schonlängerhierlebenden zumindest parteiintern keiner mehr, weil ihn  niemand mehr ausspreche.

Die Linke ist nun so links, dass noch weiter links nur noch die Wand mit der Tür nach rechts ist. Ein ideologischer Markenkern, der zusammen mit dem angekündigten neuen Kurs auf höhere Staatsausgaben, höhere Steuern, höhere Abgaben, noch höhere Zuwanderungszahlen und straffere Kontrollen in allen Lebensbereichen dafür sorgen soll, dass ein "Passgenauigkeit zwischen dem programmatischen Angebot und den Erwartungen der ganz normalen Menschen in diesem Land" hergestellt wird, wie an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU ausgebildete Dietmar Bartsch skizzierte. 

Wie genau die Linke ihre Randstellung nutzen will, um aus der gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit herauszufinden, verdeutlicht nicht nur das schicke neue Logo "Lissi", das aus einem Pfeil besteht, der nach rechts oben strebt. Sondern auch die ersten Themenschwerpunkte, die auf den Augsburger Parteitag gesetzt wurden. Die vornehmlich aus dem Westen der Republik stammende Führungsmannschaft stützt sich auf die Klasse der hauptberuflich Engagierten, deren Alltag sich zwischen Seenotrettung, Baustellenbesetzung, Straßenblockade, Demo gegen rechts, Unterschriftensammlung für Petitionen, Empörung auf X und Werbetrommeln bei TikTok abspielt. 

Der Letzte mit Linksparteibuch

Von hierher, aus den Bionadevierteln mit den Echtholzböden und Lastenradgaragen mit familieneigenen Solaranlagen, muss die geistig-moralische Wende kommen, das hat Bodo Ramelow in Augsburg klargemacht. Der letzte noch bundesweit bekannte Verantwortungsträger mit Linksparteibuch, nebenher eine Art Ralf Stegner der umbenannten SED, rief zum Kampf gegen die Reichen, gegen alle, die anders sind, erfolgreicher und geleitet von einer von seiner abweichenden Vorstellung von Meinungsfreiheit. "Ich bin dafür, X endlich unter öffentliche Aufsicht zu stellen", donnerte der bei der Kurznachrichtenplattform als "Mensch" (Ramelow über Ramelow) auftretende Funktionär. Es gehe darum, "klare Gegengewichte gegen den Einfluss von Milliardären" zu schaffen, die "den reichsten Menschen, der meint mit seinem Reichtum Demokratien erodieren lassen zu können", ausbremsen.

Ramelows Vorstellung sind spezielle Filter für die Freiheit, Rundfunkräte für das Internet, Kommissionen, die er besetzen kann wie er heute Delegierte in die Fernsehräte entsendet. Unter dem Vorwand "auch US-Milliardäre zu zwingen, ihren Beitrag zur Stabilität eines funktionierenden Rechtsstaat zu leisten", jenseits vom Aufbau irgendwelcher Autofabriken, zielt Ramelow auf die strukturellen Möglichkeiten zu Widerspruch, die Plattformen wie X bieten. Wie viel schöner war das Leben in der DDR, als Neues Deutschland, Junge Welt und Aktuelle Kamera sagten, was Sache zu sein hatte? Als es keine fake news gab, weil allein schon die Verbreitung einer Nachricht über die amtlichen Kanäle jede Lüge in Wahrheit verwandelten?

Dass es heute bei X möglich ist, fake news über Fördermittel für den Aufbau moderner Fabriken zu verbreiten, die wie Bodo Ramelow es tut, spricht aus Sicht des früheren Gewerkschaftsfunktionärs dafür, die bisher weltweit zwischen den Staaten vereinbarte Steuersystematik nach dem Ansässigkeitsprinzip über Bord zu werfen. Ein sozialistisches Deutschland würde X unter Aufsicht stellen, das Bundesblogamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin als Clearingstelle für richtige Inhalte dazwischenschalten und den derzeitigen Eigentümer zu Strafzahlungen verurteilen, dass es quietscht.  "TaX the Rich", schürte Ramelow schon vor dem Parteitag den Neid der Besitzlosen, über die er daheim zur Genüge gebietet. Parteichef Schirdewan verlost T-Shirt dazu.

Automatisierter Aufbruch 

Keine Lösungen für Probleme zu haben, bedeutet nicht, dass es verboten ist, mit Marx' und Lenin auf die Barrikaden zu rufen. Wenn das nicht hilft, was dann? Wen das nicht mobilisiert, der ist schon tot. Die alte SED, einmal mehr als neue Linke am Start, hat sich mit "Lissi-Express" pünktlich zum erneuten Neustart eine eigene Propagandaschleuder bauen lassen, die "schnelle Sharepics und Stories für die Socials auf Basis vielfältiger Vorlagen" (Die Linke) produziert. Das "neue Kapitel", das Janine Wissler eingeläutet wissen will, es verspricht damit ein weiteres überaus erfolgreiches zu werden. Hört die Partei auf ihre neue Europa-Spitzenkandidatin Carola Rackete, dann wird sie sich noch vor den EU-Wahlen ein weiteres Mal umbenennen. Alle Spuren in die unselige Vergangenheit verwischen sich so langsam selbst. Von der Linken bleibt ein Loch zurück, dessen gähnende Leere mehr Inhalt bietet als das, was vorher da war.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da ist Rackete offensichtlich auf dem falschen Dampfer und auf dem Weg nach Brüssel in Seenot geraten.
Har.

Im Interview erklärt sie ihre Pläne – und was sie über Greta Thunbergs Palästina-Äußerungen denkt.

Was Rackete denkt kann sie gern hinter dem FAZ-Kassenhäuschen für sich behalten.

Anonym hat gesagt…

Freimaurerkinder fallen immer und immer wieder die Jakobsleiter hoch . Liegt wohl am Schwerkraftkonverter.

Anonym hat gesagt…

"Wand mit der Tür nach rechts"...
Warum heißt es "Hufeisen-" und nicht "Ring-Theorie"?
Weil der Ring sich wegen einer Bürowand in der Lubjanka nicht schließen kann.