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Die Unterhaltszahlungen an früherer Regierungschefs sind in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Jeder Ex-Kanzler sagt einfach, was er für angemessen hält. |
Schnell zurück zu einem straffen Volkskörper, zu schlanker Beweglichkeit und einem Staatswesen, das mit 20 Prozent weniger Personal auskommt - das war die vielleicht größte Mammutaufgabe, die sich der neue Bundeskanzler Friedrich Merz im Wahlkampf vorgenommen hatte. Grenz- und Friedensschließungen hier, Wirtschaftsrettung und AfD-Verbot her. Den zu einem alles beherrschenden Giganten gewachsenen Vater Staat auf Diät zu setzen, kaum jemand wusste das besser als der frühere Blackrock-Manager aus der CDU, würde die wahre Herausforderung sein.
Mit Bürokraten gegen die Bürokratie
Und Merz, der öffentlich als sein eigener Außenminister auftritt, lässt nicht locker in seinem Bemühen. Sein Vizekanzler Lars Klingbeil, Chef der deutschen Sozialdemokratie und des Finanzministeriums, hat jetzt im ersten Anlauf beim Haushaltsausschuss des Bundestages, der formell das letzte Wort hat, 208 zusätzliche Planstellen beantragt.
Die Neueinstellungen sollen helfen, den bereits unter Angela Merkel erfolgreich angeschobenen Beamtenboom fortzusetzen. Die neuen Mitarbeiter*innen werden dringend gebraucht: Bereits vor geraumer Zeit aber haben die mit Kosten von derzeit einer runden Milliarde Euro geplanten Bauarbeiten zur Erweiterung des Bundeskanzleramtes in Berlin begonnen. In Kürze werden in der dann größten Regierungszentrale der Welt 400 funkelnagelneue Büros mit emsiger Betriebsamkeit zu füllen sein - eine Aufgabe, an der die 200 Neuen mitarbeiten werden. Gemessen an den Baukosten fällt ihr Unterhalt kaum ins Gewicht, denn die Gehälter summieren sich auf nicht einmal 16 Millionen Euro im Jahr.
Gewohnheitsrecht für Scholz
Ohnehin unumgänglich waren die acht Stellen, die sich der ausgeschiedene Bundeskanzler Olaf Scholz für sein künftiges Büro ausbedungen hat. Gesetzlich ist die Übernahme der Betriebs- und Personalkosten früherer Regierungschefs in Deutschland nicht geregelt. Gewohnheitsrecht bestimmte lange, dass die ausgeschiedenen Regierungsspitzen ihre Wünsche anmelden und sie dann entsprechend erfüllt bekommen. Diese schöne freihändige Tradition, die zeigt, wie locker und unbürokratisch Deutschland sein kann, endete abrupt, als Gerhard Schröders sattsam bekannte Russlandverbindungen aufflogen und der Ex-Kanzler nicht von seinen Friedensbemühungen abließ.
Der Bundestag verfügte die Zwangsauflösung des Schröder-Büros. Der Altkanzler klagte, unterlag aber mangels einer gesetzlichen Verpflichtung, nach Ende seiner Amtzeit weiter vom Steuerzahler unterhalten zu werden. Nach sieben Jahren im Kanzleramt, deren sogenannte "Fortwirkung" ursprünglich mit sieben Mitarbeitern hatte sichergestellt werden sollen, bekam der Niedersachse bescheinigt, dass in seinem fall von keiner öffentlichen Fortwirkung auszugehen sei. Ein Todesurteil über jeden Politiker, der auch nach getanem Lebenswerk natürlich davon lebt, gesehen, bewundert und für wichtig gehalten zu werden.
Hofstaat als Statussymbol
Ein Hofstaat ist die Grundlage dieser Fortwirkung, ein Statussymbol, das die mit dem Wegfall des Amtes schlagartig erlöschende Strahlkaft zumindest zum Teil ersetzt. Niemand verstand das besser als Angela Merkel, die nicht nur die Rekordkanzlerin war, sondern ihren Vorgänger auch im Amt des Ex-Kanzlers in den schatten stellte. Während Schröder mit fünf Mitarbeitern auskam, ließ sich die Ostdeutsche aus Hamburg mit neun Mitarbeitern ein wahres Imperium der Nachkanzlerschaft spendieren.
Über diesen Stab an Getreuen mischt sie eifrig mit, wenn es die Zeit erlaubt. Merkels Terminkalender 2025 liest sich wie der Fahrplan eines Popstars: 16 Termine hatte die Altkanzlerin allein in diesem Jahr bereits. Darunter war ein Gespräch mit Baden-Württemberg Ministerpräsident Winfried Kretschmann, ein Treffen mit Anas Modamani, einem "Deutschen und Syrer" und ein Austausch mit Finnlands Präsidenten Alexander Stubb.
Einmal empfing Angela Merkel junge Sternsinger in ihrem Büro im vierten Stock des Hauses, in dem zu DDR-Zeiten Volksbildungsministerin Margot Honecker residierte. Und selbst für die "Teilnahme an der Jury des Gulbenkian-Preises für Menschlichkeit in Berlin" fand sie eine Lücke im eng getakteten Zeitplan ihrer fortdauernden Fortwirkung.
Bis die Augen zufallen
"Und dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin", hatte Merkel ihre Pläne für den Ruhestand einst grob umrissen. Geworden ist daraus nichts. Bis zu vier Termine im Moment stemmt die Ruheständlerin – eine Frequenz, die zeigt: Merkel ist überall, immer, und ihre Mitarbeiter machen’s möglich. Neun Köpfe, achtzehn Hände und viel Fleiß arbeiten wie ein Schweizer Uhrwerk, um die frühere Kanzlerin der Herzen im öffentlichen Gespräch zu halten, während sie selbst in aller Ruhe "mal schaut", wie sie es einmal bescheiden formuliert hat. Als "Geburtshelferein der AfD" (blaetter.de) hält sie mit gutem Rat nicht hinterm Berg.
So etwa zeigte Angela Merkel zuletzt im Januar kurzentschlossen Gesicht, als sie ihre Partei ermahnte, die von ihr mitaufgebaute Brandmauer weiterhin als tragende Wand von unsere Demokratie zu respektieren. Und stattdessen lieber mit "allen demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts, alles" zu tun, "um so schreckliche Attentate wie zuletzt kurz vor Weihnachten in Magdeburg und vor wenigen Tagen in Aschaffenburg in Zukunft verhindern zu können."
Die Stille nach der Abwahl
Ein Satz, der seine neun Autoren nicht verleugnen kann. Die sprachliche Wucht, die inhaltliche Tiefe - vieles hier erinnerte Leser an Merkels biografischen Bestseller, den die Meisterin des stillen Humors ironisch "Freiheit" getauft hatte. Umso erstaunlicher erscheint die Nachricht, dass Merkels Nachfolger Olaf Scholz von seinem Recht, sich eine imposante Entourage zu wünschen, nur schüchtern Gebrauch macht.
Acht Mitarbeiter fordert der Mann, der seit seiner Abwahl so still ist, dass mancher sich fragt, ob er seine eigene Kanzlerschaft bereits vergessen hat. Acht wären zwar drei mehr als der letzte Sozialdemokrat für sich beansprocht hatte. Aber einer weniger als Merkels Wust an bis zu vier Terminen im Monat verwalten und die gelengetlich eingehenden Briefe und Autogrammwünsche beantworten.
Es fehlt auch an Orden
Wofür, fragen sich Beobachter im politischen Berlin, braucht Scholz acht Mitarbeiter, wenn Merkel neun hat? In der Blase der historischen Bedeutsamkeit gilt die Größe der eigenen Betreuungsmannschaft es als wichtigstes Distinktionsmerkmal - neben der Verschaffung von Ehrendoktorwürden und Großkreuzen in möglichst besonderer Ausführung. Hier liegt Angela Merkel nahezu uneinholbar vor ihrem nachfolger. Scholz ist zwar träger des "Global Citizen Award 2023 des Atlantic Council. Doch Merkel hat 21 Verdienstorden und Ehrenkreuze gesammelt, sie trägt 34 internationale Auszeichnungen vom Eugen-Bolz- bis zum Karlspreis und dazu noch fast zwei Dutzend Doktortitel.
Doch Scholz, der mit seiner Aktentasche immer demonstrativ bescheiden auftrat, ist eben Scholz. Um seine "im Bundesinteresse liegenden Aufgaben" wahrzunehmen, insbesondere im Kontext des Ukraine-Kriegs, der inzwischen offiziell als "zentrales Thema seiner Kanzlerschaft" gilt, wie Regierungssprecher Stefan Kornelius bekanntgegeben hat, reicht dem neuen Altkanzler eine kleine Kernmannschaft.
Team muss TiokTok füllen
Ein Büroleiter (B 6, knapp 11.400 Euro im Monat), drei Sachbearbeiter in den Besoldungsgruppen E 11 bis E 14 (bis zu 7.300 Euro), eine Sekretärin (E 8) und ein Chefkraftfahrer wären das normalerweise, um die "zu erwartende Entwicklung der nachamtlichen Tätigkeit" zu wuppen. zu den sechs standesgemäßen Mitarbeitenden kommen in Scholz' Fall nur zwei Bonusstellen, die den Status des Sozialdemokraten unterstreichen: Das "Team Scholz" wird mit ihrer Hilfe eines Tages wieder auf X posten und den beliebten TikTok-Kanal des Niedersachsen befüllen.
Einzigartige Expertise
Schweigen ist Gold
Noch hat sich Olaf Scholz selbst nicht zum Streit um seine Fortwirkung geäußtert, noch hält der kühle Stratege der lärmenden Kritik des Bundesrechnungshof an der vermeinlich allzu opulenten Versorgungspraxis schweigend stand wie es immer seine Art war. Seit Ende Mai hat der Wahl-Potsdamer sich öffentlich nicht mehr zu Wort gemeldet, bis heute gibt es keine Fortwirkungshomepage oder neue Filme auf dem Youtubekanal des so tragisch an einem Verfassungsgerichtsurteil und liberalen Heckenschützen gescheiterten Ampel-Anführers. Olaf Scholz ist damit gut beraten. So lange er die Dinge einfach laufen lässt, wird er seinen Hofstaat bekommen.
3 Kommentare:
Der Demokratie-Pöbel will es.
Der Demokratie-Pöbel wählt es.
Der Demokratie-Pöbel erhält es.
Und dann wendet dieser Pöbel sich wieder seiner Ballaballa- und Trallalazauberwelt zu, in der er selber Star spielen kann. Im Hofnarrenreich gibt es nämlich nur geniale Gewinner. Dort ist jeder ein König wie in der Bierwerbung. Das schmeichelt dem schlichten Mehrheitsgemüt.
Für jeden Führtung erhoffenden ist im Betreuerangebot was passendes dabei: Klein Fritzchen bekommt seine Mutti und der Michel seinen Onkel Olaf.
Wer als Zukunftsoption den Blackrocker Merz krönte, bleibt vorerst jedoch ein püschologisches Piefke-Rätsel.
Preußische Sanssoucie-Sehnsucht nach Friederich dem Großen mit seinen langen Kampfmaschinen-Kerls? Feuchte Klein-Erna-Träume von standhaften Mannen?
>> In Kürze werden in der dann größten Regierungszentrale der Welt
Da ist nichts mit in Kürze, as baut noch lange vor sich hin, ehe die Tapeten bekritzelt werden können.
historisch gesehen war der 2. weltkrieg vur kurzem
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