Sonntag, 1. Juni 2025

Erdbeerpreis für von der Leyen: Karls Enkelin

Karlspreis    Ursula von der Leyen    Europa-Politik    Aachener Rathaus    Erdbeertapete
Das berühmte Foto vor der Erdbeertapete wird am Ende der Preisverleihungszeremonie von jedem neuen Träger des Karlpreises angefertigt. 

Dass sie ihn noch nicht gehabt haben soll, nach so vielen Jahren der treuen Dienste an Europa und den Menschen, es erscheint kaum vorstellbar. Schon seit 2004 ist Ursula von der Leyen eine aus der Riege der europäischen Spitzenpolitik, die nicht wegzudenken ist aus den Wohnzimmern so vieler Bürgerinnen und Bürger. Die Welt erlebte Zeitenwenden wie noch nie, die in Belgien geborene Niedersächsin aber wechselte allenfalls das Amt.  

Wo immer die Partei 

Von der Leyen bewährte sich überall, wo immer die Partei sie hinstellte, zeigte sie Leistung. Wäre die heute 69-Jährige Frauenfußballerin, hätte jeder Trainer die Qual der Wahl: Von der Leyen ist im Tor die Beste, aber auch auf Linksaußen, im Sturm und im Mittelfeld sowieso. Bis heute ist sie die deutsche Politikerin, die den Rekord für die meisten jemals geführten verschiedenen Ministerien hält. Sieben ressorts waren es insgesa, gesundheit nicht mitgerechnet, denn die verantwortete sie nur auf Landesebene. Es wären noch mehr geworden, aber dann  kam der Ruf aus Brüssel. Und von der Leyen folgte, um Schaden von Partei, Land und Volk abzuwenden.

Dass sie nun endlich dran ist mit dem Karlspreis, jener legendären Auszeichnung, die vor ihr schon ihr Vorgänger Jean Claude Juncker als "Motor für Europa" entgegengenommen hatte, überrascht dennoch. Längst meinten viele, sie habe ihn doch sicher schon. Schließlich bekam sie auch die "Goldene Henne", den Distinguished Leadership Award des Atlantic Council  und der Global Goalkeeper Award der Bill and Melinda Gates Foundation. Aber so ist sie nicht, die Unermüdliche. Ursula von der Leyen drängt nicht nach Ehrungen und Preisen, ihre Anerkennung sind Respekt und Hingabe von Millionen und Abermillionen Europäern, die sie schätzen und hochachten und sie zuletzt sogar an die Spitze der EU-Kommission zurückwählten, obwohl sie gar nicht kandididert hatte.

Pralle Beeren  

Die Bundesverdienst- und Großkreuze, die sich andere Politiker im höheren Alter im Dutzend umhängen lassen, um noch einmal mit Blech und Tand zu glänzen, bedeuten ihr nichts. Der Karlspreis aber, alljährlich von Robert Dahl, dem Chef des Freizeitunternehmens Karls Erdbeerhof, ist ein ganz anderes Kaliber. Benannt nach Karl Dahl, der seit 1921 einen Hof in der Nähe von Rostock bewirtschaftet hatte und seine prallen Beeren auf dem Wochenmarkt feilbot, wird der Ehrenpreis ausschließlich an hauptamtliche Europa-Politiker vergeben. Niemand, der sein Leben dem Kontinent gewidmet hat, sagt da nein.

Nicht einmal die bescheidene Ursula von der Leyen. Im ehrwürdigen Krönungssaal des Aachener Rathauses, wo einst siegreiche Könige zu Kaisern gekrönt und Geschichte geschrieben wurde, erstrahlt Europa beim Festakt in der Pracht eines französischen Kaiserhofes. 

Erst die achte Frau 

Unter den goldenen Lüstern und vor den Augen einer illustren Schar aus Staatschefs, Wirtschaftsführern und kulturellen Koryphäen nimmt Ursula von der Leyen die bei den bisherigen 74 Versuchen erst achtmal an eine Frau vergebenen Ehrenpreis entgegen. Diese Auszeichnung spiegelt nicht nur ihre Verdienste, sondern die Seele Europas selbst. Erstmals in seiner Geschichte ist der Karlspreis mit einer Million Euro dotiert, gestiftet von der Stiftung eines Aachener Unternehmerpaares, das sich entschieden hat, nicht den Armen zu geben, sondern denen, die etwas zu sagen haben.

Von der Leyen erweist sich dieses Vertrauens würdig. Doch gewaltige Summe, nach der Kaufkraft des Jahres vor der Euroeinführung immerhin eine Million D-Mark, wird nicht auf das Konto der Frau wandern, die gar keine Zeit hätte es auszugeben. Nein, Ursula von der Leyen nutzt ihren Zugang zu den großen Medien, um  die Million mit einer Geste der Selbstlosigkeit in die Hände der Schwächsten zu legen. Ukrainische Kinder, die unter dem Schatten des Krieges leiden, sollen das Geld bekommen, das hat von der Leyen schon vorab klargestellt.

Vibrationen der Erwartung 

Umso wärmer ist der Empfang in Frankfurt, das sich nach Monaten der Dürre und der Hitze luftig und kühl zeigt. Die Luft im Krönungssaal vibriert vor Erwartung, als die Fanfaren erklingen und die Türen sich öffnen. Ursula von der Leyen, in schlichtem, doch würdevollem Dunkelblau mit gelbem Halstuch,  schreitet ein, begleitet von den Klängen eines Streichquartetts, das Händels "Scharade" in d-Moll spielt und die Herzen der Anwesenden zum Schwingen bringt. 

Der Saal, prall gefüllt mit den Vertretern der 27 Mitgliedsstaaten, erhebt sich wie ein Mann und eine Frau. Unter den Gästen sind bekannte Namen, berühmte Fernsehschaffende, Politiker und Wirtschaftsführer. Doch keiner von ihnen will heute im Mittelpunkt stehen. Alle Scheinwerfer sollen sich nur auf die richten, die Europa vor Corona gerettet und derzeit dabei ist, den Kontinent zu einem "Stachelschwein" aufzurüsten, an dem sich der russische Bär den Kiefer brechen wird.

In stürmischen Zeiten 

Alle sind sie gekommen, um die Frau zu ehren, die Europa in stürmischen Zeiten mit ruhiger Hand lenkt, Trump die Stirn bietet und den Massen voranschreitet. Die Laudatio hält Robert Dahl selbst, Urenkel des Gründers von Karls Erdbeerhof, ein großgewachsener Bauer, der den Vorsitz des Karlspreis-Direktoriums in alter Familietradition führt. Seine Worte sind wie eine poetische Hymne. Ursula von der Leyen sei nicht nur "die Präsidentin von 450 Millionen Europäern", sie sei auch die "Präsidentin der Herzen", die mit unerschütterlicher Kraft und einem untrüglichen Gespür für Gerechtigkeit Europa immer weiter eine.

Wo andere den Traum von den Vereinigten Staaten von Europa aufgegeben und sich in die Büsche geschlagen haben, träumt sie weiter. "Ursula von der Leyen hat Europa zu einer moralischen Bastion in einer Welt voller Unruhen gemacht", lobt Robert Dahl. Applaus brandet auf, mächtig wie die Wellen der Nordsee, und doch ist es die Stille, die folgt, die die wahre Tiefe dieses Moments offenbart. Gerührt steht von der Leyen inmitten des Schweigens. Eine Architektin der Einheit. Aber eben auch ein Mensch.

Sie und "Hera" 

Ja, diese Frau, eine ganz  normale Christdemokratin aus Niedersachsen, sieben Kinder, Dr. med und graduiert, hat Europa in den letzten Jahren geprägt wie wenige vor ihr. Ihre Gründung der Europäischen Gesundheitsunion, ein Meilenstein in der Geschichte des Kontinents, wurde zur Antwort auf die Pandemie, die die Welt in ihren Grundfesten erschütterte. Inmitten globaler Unsicherheiten schuf sie Strukturen, die nicht nur das Leben der Bürger schützten, sondern auch die Solidarität zwischen den Nationen stärkten. Impfstoffe wurden per SMS bestellt, auf dem kleinen Dienstweg. "Hera" entstand, eine Gesundheitsunion, die Europa als Vorreiter globaler Gesundheitspolitik etablierte.

Das hat ihr niemand vergessen, das ist das wonach heute immer noch gefragt wird. Die Geschichte der Pfizer-SMS - jene rätselhaften Nachrichten, die wie ein moderner Mythos die Schlagzeilen füllten -bleiben ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Geheimnis. Mit der Eleganz einer Diplomatin navigierte von der Leyen durch die Kontroverse, ohne je den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren: die Sicherheit und das Wohl Europas. 

Schweigende Stimme 

Doch nicht nur in der Krise rund um die Gerichtsverfahren, die Neugierige gegen sie anstrengten, bewies sie Charakterstärke. Ihre Fähigkeit, die Interessen der EU in einer Welt voller geopolitischer Spannungen zu vertreten, brachte sie bis nach China und in die Türkei, wo sie am Katzentisch saß, aufrecht und würdevoll. Und "mit der starken Stimme Europas schwieg", wie das Karlspreis-Direktorium treffend formulierte. 

Kritiker mögen flüstern, mögen ihr elitäre Angehobenheit nachsagen und eine Abkapslung im raumschiff Brüssel. Doch die Bürger Europas wissen: Ihre Präsidentin handelt nicht für Ruhm, sondern für die Gemeinschaft, wie auch ihre großzügige milde Gabe an die ukrainischen Kriegskinder zeigt. 

Kinder seien unsere Zukunft, sagt von der Leyen, und ihre Worte hallen nach wie ein Versprechen, das über die Grenzen Europas hinausreicht. Reporter, die als erste eingeladen waren, von dieser noblen Geste zu berichteten, nennen es "einen Akt, der die Essenz Europas verkörpert: Solidarität, Mitgefühl und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen." Gäste im Saal nennen es schlicht "typisch Ursula".

Mit Tränen der Rührung 

Sie alle erheben sich, mancher kann die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es ist dieser eine Moment, der die Seele Europas greifbar macht. Robert Dahl kommt mit der breiten Karlspreiskette, das Sinfonieorchester lässt eine Abwandlung von Beethovens "Für Elise" als "Für Ursula" aufbrausen. 

Im Sonnenlicht glänzt die berühmten Karlspreis-Tapete mit den typischen sinnbildlichen Erdbeerfrüchten. Die Verleihung wird zum Schauspiel enger Geschlossenheit, als die feierliche Prozession vom Rathaus zum Domplatz zieht. Kinder in weißen Gewändern, die die Flaggen der EU-Mitgliedsstaaten tragen, säumen den Weg, während ein Chor die Europahymne "Ode an die Freude" intoniert.

Die Symbolik ist gewollt: Wie Karl Marx, der Namensgeber des Preisstifters, vereint von der Leyen die Völker Europas unter einem gemeinsamen Banner. "Ursula von der Leyen verwaltet Europa nicht nur, sie war es, die ihm eine Seele gegeben hat", tuschelt es später in den Gängen. Sie habe "uns gezeigt, dass Einheit keine Utopie ist, sondern eine lebendige Kraft", sagt ein anderer und im Flur bricht spontan tosender Applaus aus. Nicht einmal bei der Verleihung des Preises an Jean-Claude Juncker, jenen Solitätr europäischer Zustände, spielten sich solche Szene ab, sagen Karlspreis-Kenner.

Selbst ist der Höhepunkt 

Doch es ist von der Leyen selbst, die den Höhepunkt des Tages setzt. Mit fester Stimme, doch sichtbar bewegt, nimmt sie den Preis entgegen – eine bronzene Statuette, die Karl den Großen als Brückenbauer zeigt, gestaltet von einem Künstlerkollektiv aus Maastricht. 

Jetzt spricht die Stimme der Herzen und sie singt eine Hymne an die Zukunft Europas. Klimawandel, Krieg, Zölle, die digitale Revolution. Überall brennt es, aber Europa schläft nicht. Die Botschaft ist klar: "Europa ist mehr als ein Markt, mehr als eine Währung. Europa ist ein Versprechen – ein Versprechen von Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit."

Draußen, vor dem Rathaus, haben sich einige Demonstranten versammelt - ein paar Dutzend, die mit Plakaten gegen die Macht der EU wettern, die mäkeln und schimpfen. Doch ihre Stimmen verklingen an diesem Tag ungehört im Wind.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

OT
Einer von etlichen Kommentaren auf eine ironische Bemerkung Klonovskys,
ein besonderer Leckerbissen von wegen "Bildung".
Die anderen sind nicht minder gruselig wahrzunehmen.

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Anonym hat gesagt…

Karl Dall hat also den Karlspreis gestiftet. Er war schon ein Schlitzohr.

Anonym hat gesagt…

Wahrhaftig, eine Million für den Filz.

Die DSA Schäfer-Schulz Stiftung hat einen ausschließlich gemeinnützigen und mildtätigen Zweck. Ziel der Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung, insbesondere in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik am Technologiestandort Aachen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Förderung und der Verbesserung der Schul- und Berufsbildung in den genannten Fächern. Außerdem setzt sich die Stiftung dafür ein, dass Forschungsergebnisse in der Praxis umgesetzt und angewendet werden.


Die haben die blau-gelben NGOs gar nicht erwähnt, denen Ursula die Million durchreicht.