Donnerstag, 24. Oktober 2013

Lauschangriff im Hochsicherheitstrakt

Lange gingen Experten davon aus, dass sich die Abhörbemühungen der amerikanischen Geheimdienste in Deutschland ausschließlich gegen Hartz-4-Empfänger, Staatsfeinde und potentielle Terroristen richten. Erst der ungeheuerliche Spähverdacht um Angela Merkel schreckt die Öffentlichkeit nun auf: Wenn schon die Telefongespräche unserer Kanzlerin abgehört werden, was ist dann mit mir?, fragen sich viele besorgte Bürger.

Deutsche Hightech-Firmen wie die Telekom, zuletzt vorgesprescht mit der Idee eines vor Geheimdienstüberwachung sicheren abgeschirmten deutschen Internet namens D-Net, beruhigen. "Mit zuverlässigen ICT-Lösungen unterstützt T-Systems die Arbeit nationaler und internationaler Sicherheitsinstitutionen" versichert die Deutsche Telekom, die mit einem modifizierten Samsung Galaxy S3 unter dem Namen SiMKo 3 ein Smartphone entwickelt hat, das zum Kaufpreis von 1700 Euro alle Anforderungen für sichere mobile Kommunikation erfüllt: Das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfohlene Gerät "schützt Smartphones vor Angriffen von außen und arbeitet durchgehend verschlüsselt", der Zugriff auf Daten erfolge über getunnelte Verbindungen und "im Fall des Verlusts lässt sich das gesicherte Smartphone nicht von Unbefugten nutzen".

Das überzeugt. Allein das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dessen geheime Arbeit auf keinen Fall überwacht werden darf, bestellte 60 Simko-Smartphones für 135.660 Euro. Keine Chance haben ausländische Überwacher auf beim Nokia 6260, das Bundeskanzlerin Merkel nutzt: Ihr Handy wurde von der deutschen Firma Secusmart, deren Geschäftsführer einst sogar Bundesaußenminister Westerwelle in fremde Länder begleitete, so modifiziert, dass es für 2500 Euro als abhörsicher verkauft werden kann. "Um die Hochsicherheitslösung in Betrieb zu nehmen", beschreibt die Düsseldorfer Firma, "wird einfach die Secusmart Security Card in den MicroSD-Slot des Endgeräts gesteckt. Ab diesem Moment finden Authentifizierung und Verschlüsselung innerhalb der Karte statt." Erst vor wenigen Tagen hatte der Abhörschutz nach mehrmonatigem erfolgreichem Testbetrieb die Zulassung des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für die Geheimhaltungsstufe VS-NfD (Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch) erhalten.

Die deutschen Bundesbehörden seien damit mit der "weltweit modernsten sicheren Lösung" ausgestattet, ist Quelle sicher. Ein Triumph deutschen Forschergeistes, der sich auch kaufmännisch auszahlt. Nach Unternehmensangaben haben bis heute bereits 23 Bundesbehörden mehr als 1200 Secusuite-Smartphones für rund drei Millionen Euro gekauft. Das schafft ein wohliges Gefühl von Sicherheit: „Der Bund hatte ja definitiv die Vorreiterrolle übernommen, wenn es darum geht, sich gegen Lauschangriffe zu schützen", heißt es bei Secusmart. Wäre das sicherste Handy der Welt dennoch abgehört worden, handelte es sich mithin um einen "Schlag ins Gesicht der deutschen Sicherheitsbehörden" wie die "Welt" zürnt.

2 Kommentare:

Thomas hat gesagt…

Bedeutet "Mit zuverlässigen ICT-Lösungen unterstützt T-Systems die Arbeit nationaler und internationaler Sicherheitsinstitutionen", daß T-Systems mit der NSA zusammenarbeitet? Und, wenn ja, mit wem sonst noch?

Teja hat gesagt…

Das war auch mein erster Gedanke. Ist ja naheliegend.

Nur hat der Regierungssprecher jetzt ein Problem. Man war sich bewusst, dass mitgehört wird, und es spielte keine Rolle/war egal. Und in dieser Lage die richtigen Worte zu finden, empört wirken und die USA zur Räson rufen...

Gleichzeitig hat der Sprecher die eine Chance, mal über sich hinauszuwachsen und vor versammelter Mannschaft erzählen, dass die deutsche "Regierung" auch nur den Hampelmann spielt. Das passt viel besser und wäre dermassen erfrischend.