Montag, 17. April 2017

Schnauze, Steuerbürger: Selig sind, die da geben


Immer jammern die Leute, und am allerlautesten, wenn eine Untersuchung wieder zeigt, dass der deutsche Staat seine Bürger härter zur Kasse bittet als 99,9 Prozent aller anderen Länder auf der Welt. Fast 50 Prozent von allem, was ein Arbeiter oder Angestellter hierzulande erarbeitet, fließt dem Finanzminister zu.

Vom Rest nimmt der sich noch einmal 19 Prozent, sobald er ausgegeben wird. Eine feine Sache, überaus gerecht und nur von verstockten Meckerköpfen zu beanstanden, wirft sich die Süddeutsche Zeitung jetzt für die deutsche Enteignungskultur in die Bresche. Detlef Esslinger, Ressortleiter beim Münchner Blatt und nebenher Zuverdiener an Journalistenschulen in Deutschland und der Schweiz, weißt Kritiker in die Schranken: "Die Bürger sollten sich weniger beschweren und sich stattdessen freuen, dass sie mit Steuern viel zur Gemeinschaft beitragen können", schreibt er.

Esslinger weißt die Betrachtung der Steuern als "Last" zurück. Begriffe und Metaphern beim Thema Steuer wie "Steuerpflichtiger", "Steuerzahler", "Steuerfalle" und "Melkkuh" seien geschaffen worde, um ein falsches Bild zu vermitteln, nämlich das des Bürgers, der dem Zugriff des Staates auf sein erarbeitetes Geld hilflos ausgeliefert sei. "Im Sprachbild von der Last werden Steuern zu etwas Erdrückendem, das uns daran hindert, uns frei zu bewegen", zitiert der Autor die Linguistin Elisabeth Wehling von der Universität Berkeley. Geringe Steuern zu zahlen, werde dadurch als positiv bewertet. Wenn es dann aber heißt "die Deutschen schultern eine überdurchschnittlich hohe Last", dann suggeriert das Belastung, Bürde und Beschwernis.

Dadurch werde "die Steuerdebatte wie ein Gottesgesetz von der Annahme dominiert, dass die Bürger gefälligst zu entlasten seien", analysiert der Medienredakteur, dessen Einkommen ihn in die höchste Steuerklasse einsortiert. Der Mann 52 Jahre alt, weiß, wovon er spricht. Und wie er das tut! Während der Finanzminister die höchsten Einnahmen aller Zeiten zählt, imaginiert er eine Erwartungshaltung der Staatsbürger an ihren Staat, die immer mehr verlange, aber immer weniger zahlen wolle.

Falsch!, ruft der Besserverdiener aus München. Es gebe "viele Staaten auf der Welt, die nicht gewährleisten können, was Deutsche ganz selbstverständlich von einem Staat erwarten" - auch wenn der bei Grenzsicherung, innerer Sicherheit, Infrastruktur, Verteidigung und Gesundheitswesen alleweil versage, sei er ja doch einer der besseren weltweit. Anderswo "müssen die Bürger Beamte und Ärzte bestechen, manche Viertel nachts wie tags meiden und Reiche sich in Gated Communitys verschanzen", dreht er die Argumentationsfigut auf links. Wenn es also anderswo schlecht ist, dann muss es doch hier gut sein? Hier, wo der Staat 44 Prozent allen Geldes in die Hand nimmt und damit mit dem Geld seiner Bürger knapp die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes verantwortet.

Je höher, desto besser, gerade hier, wo "schon das Verb zahlen eigentlich irreführend ist". Steuern seien ja "nichts, was die Bürger zahlen", damit Ministerien Bauernregeln reimen, Ämter Millionen verschwenden und Politiker auf Gemeinkosten auf Gespensterjagd gehen können. Iwo! "Steuern sind etwas, mit dem Bürger beitragen zur Gemeinschaft aller", fabuliert Detlef Esslinger. Richtig sei es, darüber zu reden, "was das Gemeinwesen mit diesen Beiträgen machen soll".

Falsch aber, zu fragen, wie viel eine Staatsmaschine sinnvoll zentral sammeln und ausgeben und über wie viel der Einzelne besser selbst die Verfügungsgewalt haben soll.




3 Kommentare:

Volker hat gesagt…

Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen 20% vom Bruttolohn an SVKs. Daraus ergibt sich, dass der echte Bruttolohn 20% über dem liegt, was gemeinhin als Bruttolohn bezeichnet wird. Von diesen 120% werden 4/12 für diese Versicherungen abgeführt, was einem Drittel des tatsächlichen Bruttolohns entspricht

Dann kommen Lohn- und Einkommenssteuer zzgl. Solizuschlag. Diese bewegen sich, je nach Einkommens- und Familiensituation, irgendwo zwischen 15…44%.

Verbrauchssteuern gibt es auch noch. Zuerst die Mehrwertsteuer, wo der Satz bei 7% … 19% liegt, im Mittel bei ca. 16%
Dazu die Lenkungssteuern, die vornehmlich der Volkserziehung dienen sollen, etwa auf Tabak, Alkohol, Benzin, Diesel usw.

Alles zusammengenommen …
Wer sich zur Arbeitsaufnahme entschieden hat zahlt, je nach Lebenssituation, 75...80% seines Einkommens in die gemeinsamen Kassen.

Viel zu wenig natürlich.
100% sollten es schon sein. Mindestens.

Sauer hat gesagt…

Immer dieses Meckern über zu hohe Steuern. Wie soll denn Deutschland seiner riesigen Verantwortung für die ganze Welt übernehmen, wenn es nicht genug Geld hat? Neulich erst hat Androgyne Merkel gesagt, daß Deutschland die Ordnung der Welt aufrechterhalten muß. Soll es diese Ehrenaufgabe mit leeren Händen leisten? Wie stellen Sie sich das vor? Sollen unsere Ordnungskräfte erst als Bettler in allen Herrn Länder Geld erflehen, bevor sie an die Herstellung der Ordnung gehen? Ganz schön naiv, kann ich da nur sagen. Nur wenn unsere Ordnungsfachkraft mit vollem Beutel kommt, kann sie sich Gehör verschaffen und die Leute an den Spendiertisch bitten. Was meinen Sie, wie schnell eine haarsträubende Unruhe unter den Eingeborenen in Ordnung umschlägt, wenn der Ordnungsspender verkündet, jeder bekäme einen ansehnlichen Batzen Geld, wenn sie sich in einer Reihe anstellen. Keiner Armee der Welt gelingt es, Rekruten so schnell antreten zu lassen. Also bitte nicht jammern, sondern seine Steuern mit frohem Herzen zahlen, denn Ordnung liegt doch gerade uns mit unserem preußischen Erbe besonders am Herzen.

Denken Sie auch an die freudigen Gesichter der Flüchtlinge, wenn sie Ihr Geld entgegennehmen. Sie fallen Ihnen symbolisch vor Dankbarkeit um den Hals. 200 € täglich für einen MUFL ist zwar ein bißchen knapp, aber doch schon mal ein Anfang. Angesichts der hohen Gehälter, die der deutsche Arbeiter einstreicht, sind 6000 € monatlich wirklich nicht viel. Das werden Sie einsehen, wenn Sie bedenken, daß Sie ja sowieso schon alles haben und in Ihrem Haus kaum noch Platz für weitere Konsumgüter ist. Die MUFL aber haben nichts aus ihrem nackten Leben, da muß man doch helfen. Ich sehe, Sie empfinden die Steuern schon nicht mehr als Last, sondern als Befreiung vom quälenden Zwang, ständig Geld für unnütze Dinge aus dem Fenster werfen zu müssen. Glauben Sie mir, Steuern zahlen macht Spaß, man muß nur die richtige Perspektive einnehmen.

Carl Gustaf hat gesagt…

Gemeinhin wird Journalismus mit "Verbreitung von Informationen" und nicht mit Verbreitung von Wahrheit definiert.
Und ob der diversen Anzeigen "Anzeige" im Screenshot, aber auch im Online-Angebot des Artikels hatte ich zunächst den Eindruck, dass es sich um einen dreisten PR-Coup des Staates handeln könnte.

Man muss Milton Friedman sicherlich nicht mögen. Interessante Gegenthesen hatte er aber allemal: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-17541231.html.