Donnerstag, 11. Juli 2019

Klimasommer: Sehnsucht nach Schmerzen


Wer würde sie nicht retten wollen, unsere Welt, die derzeit noch bei zwölf bis 15 Grad im Klimasommer bibbert, aber auf Jahresfrist vor dem sicheren Hitzetod steht, wenn nicht doch noch ein, zwei deutsche Kohlekraftwerke möglichst sofort abgeschaltet werden und eine CO2-Steuer dafür sorgt, dass die BürgerInnen des Landes nicht mehr so viel Autofahren und, in kalten Sommernächten wie derzeit bei vielen Wohlhabenden durchaus üblich, nicht mehr so viel heizen.


Die Gesellschaft ist durchaus bereit, eine CO₂-Steuer als Strafe für vergangenen Klimasünden zu akzeptieren. Aber schmerzen müsste sie, eine Buße, die jeden jeden Tag daran erinnert, wie er nach Mallorca und Peru geflogen ist, in Mexiko am Strand lag, auf Kreuzfahrt ging und mit dem Auto schnell mal noch zu Freunden fuhr, die man ebenso gut bei Skype hätte sprechen können.

Mehr Klimaschutz lässt sich nicht mit Kosmetik erreichen, das wissen die Menschen längst und sie wollen es doch auch. Die Bundesregierung muss die Gelegenheit nutzen und endlich Klarheit schaffen: Wie tief werden die Einschnitte sein? Wen wird es wie hart treffen? Was bleibt von Wohlstand, Freiheit und Mobilität übrig? Und wer wird es sich noch leisten können?

PPQ-Kommentar von Svenja Prantl


Welchen Preis darf Klimaschutz haben, wenn der Untergang unmittelbar bevorsteht? Welche Verhandlungsmasse ist noch da, wenn viel zu lange zugewartet wurde, etwas zu tun? Die #fridaysforfutures-Hysterie erst hat Deutschland aufgeweckt und die Politik gezwungen, irgendwas mit Klima in ihren Bauchladen aus Programmversprechen aufzunehmen.

Bei der Umsetzung dann aber herrscht doch wieder die alte Angst vor dem Machtverlust, dass Misstrauen dem Bürger gegenüber, der einem die Stimme entziehen könnte, wenn man ihm zu schwer auf die Füße tritt. Im politischen Alltag geht es also nicht um die möglichst schnelle Umsetzung von Klimastrafmaßnahmen gegen Klimasünder, sondern um das übliche Vertagen, Prüfen und europäische Lösungen fordern.

Doch hilft das? Braucht das Land, braucht der Kontinent nach der Debatte über die Kohle nicht auch eine über das Öl: über Kraft- und Heizstoffe. Über Strom? Milch? Wasserdampf? Parallel dazu muss über die Notwendigkeit und die Grenzen von Mobilität gesprochen werden, darüber, wie viele Jacken, Hosen und Pullover ein Mensch wirklich braucht, welche falschen Ansprüche an die Qualität und Menge von Lebensmitteln jahrelang genährt wurden - nicht zuletzt durch Hitlers Krieg, der Älteren immer noch Angst macht, die an Jüngere weitergeben. Und die Frage muss diskutiert, ob Freizeitsport nötig ist und wenn ja, ob er wirklich riesige flächenversiegelnde Plätze und Hallen braucht. Auch Bewegung ist nicht klimaneutral, übertriebene Bewegung um der Bewegung willen ist sogar äußerst schädlich. Das muss genauso gesagt werden dürtfen wie die der Fakt dargestellt werden muss, welch vernichtenden Einfluss Unterhaltungsindustrieangebote wie Fußball, Formel 1 oder Olympia auf unsere Umwelt haben.


Komplizierte Diskussion


Das wird eine komplizierte Diskussion, weil sie fast jeden ganz direkt betrifft und ewig geglaubte Gewissheiten unserer Gesellschaft auf den Prüfstand gestellt werden. Schon deshalb wird es hier noch mehr um sozialen Ausgleich gehen, um Pendler, um Familien. Aber auch hier geht es erst einmal um den Einstieg ins Endspiel um die Erde. Noch ist nicht einmal klar, wie effizient Energieeffizienz sein muss, um mit einem Energieeinsatz null effektiv Waren, Güter und Dienstleistungen herzustellen und zu vermarkten. Bisher wehrt sich die Bundesregierung mit Händen und Füßen gegen diese Debatte, die nur konsequent wäre, legte man die Maßstäbe der Braunkohlendiskussion an.

Doch wenn es ihr ernst ist mit Klimaschutz und Klimazielen, wird sie nicht mehr darum herumkommen, sie zu führen, denn immer lauter verlangen gerade die Jüngsten danach, einst eine Welt übergeben zu bekommen, die nicht von Feinstaub verpestet, von Hunger und Armut geplagt und von CO2 erstickt ist.

Es braucht Anreize für Alternativen, wie es sie bei der Energiewende auch versprochen worden waren, ehe dann doch die Stromkunden die Gesamtrechnung bezahlt haben. Und es braucht eine Debatte über die Chancen, die klimafreundliche Innovation als letzter Ausweg einem Land bieten kann, das schon Schlimmeres erlebt hat. Kann die deutsche Wirtschaft zielgerichtet zurückgebaut werden? Welche Produkte lassen sich noch herstellen, ohne Strom, ohne Netzwerke zu weltweiten Verteilung?

Kehrseite der Medaille


Die Kehrseite der Medaille ist eben, dass für all das jeweils ein Stückchen natürlicher Umwelt sterben muss. Massentierhaltung und Plastikverpackungswahn, Individualverkehr und flächenverzehrender Freizeitsport, rücksichtsloses Freizeitverhalten und ein Leben zwischen Heizung und Klimaanlage fordern ihren Preis. Deutschland schaufelt wie kein anderes Land in Europa Braunkohle und buddelt damit am Grab des menschlichen Lebens. Nirgendwo sonst werden so viele Produkte hergestellt und so viele abgenutzt. Der Klimasommer ist die Quittung!

Und er wird nicht aufzuhalten sein von einem Ausstieg aus der Kohle. Der schafft nun zwar Planbarkeit für den kompletten Ausstieg aus fossiler Energie und damit auch für den Einstieg in ein klimafreundliches, flexibles System der Energieversorgung aus Sonne, Luft und Licht.

Aber das kann nur ein Anfangs sein. Die Emissionen im Verkehr müssen genauso engagiert auf Null gefahren werden wie in den Tagebauen. Bei Gebäuden, die immer noch viel zu viel Wärme an die Außenwelt verlieren, liegt die Sanierungsrate weit unter dem Soll. Hier muss zielgerichtet nachjustiert werden, hier braucht Deutschland rigorosere Umsetzungsvorschriften, die Eigentümern Dämmungsauflagen machen und im Verweigerungsfall eben enteignen.

Gemeinnutz geht immer noch vor Eigennutz und wer nicht mitzieht, der stellt sich außerhalb unserer Gemeinschaft, die den Klimakampf nicht aus irgendwelchen nebensächlichen Gründen, sondern um ihre Zukunft führt.

Nationale Anstrengung für die Welt


Selbst die geplante Einführung eines nationalen CO₂-Preises, der dem Finanzminister rund 40 Milliarden zusätzlich bescheren könnte, droht an Egoismen zu scheitern, die nur allzu bekannt sind: Pendler werden gegen die Rettung der Welt ins Feld geführt, Autofahrer insgesamt sollen unter Schutz gestellt werden, mit Blick auf die zuweilen auch kalten Winter im Land entwickelten die Marktradikalen von der FDP Gefühle für Familien, die nach den notwendigen Preissteigerungen bei Öl und Gas im Winter nur noch einzelne kleine Räume würden beheizen können.

Fürsprecher von Menschen, die eigentlich für sich selbst sprechen könnten. Was würden sie sagen? Zweifellos geht die Einsicht bei vielen Klimabetroffenen viel weiter als im politischen Berlin. Akzeptanz für mehr Klimaschutz und höhere Abgaben, um den Staat in die Lage zu versetzen, all das zu finanzieren, ist vorhanden, denn längst ist Mittelstand wie den Ärmsten der Armen klar: ohne höhere Kosten ist mehr Klimaschutz im nötigen Ausmaß schlicht nicht möglich.


Vieles wird teurer werden, vieles sogar teurer als die sprichwörtliche Kugel Eis, die der Umbau der Wirtschaft zur solargetriebenen Ökojobmaschine bis heute gekostet hat. Aber Autofahren mit fossilen Brennstoffen oder Fliegen ist eben derzeit einfach zu teuer, Bahnfahrten zwischen Berlin und München sind für Alleinreisende immer noch billiger als der Weg über die Autobahn. Ein Irrwitz auf Klimakosten! Denn es stößt, wer mit mit einem vollen Zug unterwegs ist, 36 Gramm CO₂ pro Kilometer aus. Ein vollbesetztes Auto dagegen pustet pro Fahrgast nur 34 Gramm CO₂ aus, so dass ein vollbesetztes Auto klimaschonender ist als der vollbesetzte Zug, das Flugzeug aber klimaschonender als ein Zug, in dem weniger als 20 Prozent der Plätze besetzt sind.

Falsche Klimarechnungen


Bemerkenswert nun, wie hoch Temperaturen steigen müssen,  um auf der Hand liegende, völlig alternativlose Entscheidungen zu treffen, die die welttemperaturen abdeckeln. Deutschland muss, damit das Weltklima eine Zukunft hat, nicht aus der Braunkohleverstromung aussteigen, das hatten Studien ergeben, Umweltschützer beschworen und selbst die Bundesregierung hatte nur noch aus Angst vor befürchteten Arbeitsplatzverlusten an der umweltvernichtenden Technologie der Dampfmaschinenära festgehalten. Deutschland muss auch, man fühlt das schon, mehr tun, um ein Beispiel zu geben, dem andere, weniger einsichtige Nationen freudig nacheifern können.

Dann endlich war der Kampf gegen Kohlekraftwerke gewonnen, der Klimaschutz hatte einen Etappensieg errungen. Deutschland wird den noch genauer zu justierenden Plänen zufolge ab 2038 ein Viertel seiner CO2-Emissionen einsparen. Eine Zahl, die zeigt: Drei Viertel aller Emissionen werden danach immer noch ausgestoßen werden.

Schuld daran ist vor allem der Verkehr, der immer noch vom Nimbus der Mobilität als Errungenschaft der modernen Zivilisation zehrt. Ebenso mitverantwortlich ist der Glaube des Menschen daran, seine Wohnung beheizen zu müssen, einen Anspruch auf warmes Wasser aus der Wand zu haben und jederzeit über jede Menge an sorgfältig eingeschweißten und oft mehrfach hygienisch verpackten Lebensmitteln zu haben.

Über Jahrzehnte haben Werbung, Wirtschaft und Politik den Menschen eingeredet, es handele sich bei alldem um Errungenschaften, die unsere Gesellschaft erst lebenswert machen.

Bürger sind längst willig


Viele Bürger haben das begriffen. Sie sind für volle Züge und gegen Leerfahrten der Bahn, für Gruppenreisen und Raumtemperaturen, die zuerst einmal dem Weltklima dienen und nicht egoistischen eigenen Interessen. Ein höherer Sprit- oder Heizölpreis wird sie damit besonders hart treffen. Besonders Geringverdienern fällt es noch schwerer, sich auf kommende Zeiten einzurichten, in denen Mobilität sich wieder als Exklusivität wird buchstabieren lassen.

Der Kauf eines neuen Elektro- oder Hybridautos ist für viele derzeit schlichtweg nicht drin. Aber, so hofft Umweltministerin Svenja Schulze, kommt erst Druck auf, weil höhere Preise für Sprit das subjektive Empfinden für die Notwendigkeiten des Klimaschutzes stärken, könnten vielleicht doch auch die, die es finanziell nicht zu können glauben, mit Hilfe staatlicher Förderprogramme Elektroautos oder zumindest kleine E-Roller kaufen. Der Rest der ländlichen Regionen wird weitgehend abgehängt, das Leben in Ballungszentren ist klimanützlicher, denn es spart unnütze Wege.

Wie genau die Bundesregierung diese Probleme kurzfristig und auf ihre bekannte entschlussfeste Art löst, wird spannend zu beobachten sein. Die Pläne aus dem Umweltministerium sind ein erster Schritt in eine ergebnisoffene Diskussion, die die Bürgerinnen und Bürger als Verantwortliche des derzeitgen Klimasommers mitnimmt und ihnen klarmacht, dass künftige Belastungen nicht böse gemeint, sondern notwendig sind, um die Menschen von einem klimafreundlichen Wandel ihrer Lebensweise zu überzeugen.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Rinderwahnsinn hoch drei! Selbst wenn sich alle 500 Mio Europäer genau jetzt auf der Stelle umbringen würden, gäbs lediglich ne Delle im unverminderten CO2-Wachstum der restlichen Welt außerhalb des sog. Westens.

Wenn die #FridayforFuture-Kinder nicht nur das Schuleschwänzen ernstnehmen würden, flögen sie umgehend nach Peking und protestierten dort mal ebenso aggressiv auf dem Tian'anmen Platz wie hier in Garzweiler....

Alles andere siehe Anfang

Anonym hat gesagt…

Sepp wohnt in einer verkackten Großstadt und hier isses kalt

Klimakteriumshitze hat gesagt…

Das beweist doch den piefkeesken Größenwahn, wenn zwei Klugscheißer-Generationen der ca. 80 Mio. Michels sich zur obersten moralischen Weltrettermonstranz aufblähen und sich a) einbilden, alle 7 Mrd Erdbewohner hätten gefälligst nach ihrer Trillerpfeife zu tanzen und b) der globale CO²-Ausstoß würde sich markant verringern, wenn unsere Klimaschutzpimpfe auf Energie verzichten würden - was sie übrigens nicht tun, denn das Handy ist ständig online und in die Ferien fliegen tun sie auch fast alle. Die einzigen, die halbwegs klimaneutral leben, sind unsere Armen, die sich den immensen Konsumrausch-Firlefanz nicht leisten können.

Anonym hat gesagt…

Der Salonwagen des Führers Pferd auch klimaneutral ; eine kaum bekannte Tatsache

Anonym hat gesagt…

Das beweist doch den piefkeesken Größenwahn ----------

Wo sieht Er solchen? Theo N. Kaufman sah ja etwa 20% der Piefkes für zwar anständig an, doch dürfe man darauf im Interesse der Menschheit darauf keine Rücksicht nehmen. Killerbee legte dahingegen die Quote der Deutschen, welche das Überleben zwar verdient hätten, so zwischen 0,1 und 1 % fest, jedoch: Sachzwänge.
Daß die Masse einfältigen Geistes ist, ist ein alter Hut.

Nordlandfahrer