Dienstag, 9. März 2021

Akt der Solidarität: Click & korrupt

Wie dieser epiphytische Parasit umschlingt der Parteienstaat das eigentliche Staatswesen, mit dem er mittlerweile identisch zu sein glaubt.

Sie sträubten sich, die kämpften, zwei Männer auf einer Mission: Die Arbeitsplätze der treuen Mitarbeiter im Bundestagsbüro wenigstens so lange erhalten, bis die einen neuen Job gefunden haben. Noch genug Zeit herausschlagen, um selbst in aller Ruhe sehen zu können, wie es weitergeht, wo jemand einem einen Posten anbietet, was finanziell noch drin ist. Zugleich aber genug Luft lassen, dass der oder die Nachrücker*in sich schnell noch einarbeiten kann vor der nächsten Bundestagswahl. So wichtig!  
 

Im Moment der ersten Pandemielüge

 
Die beiden Unionsabgeordneten Georg Nüßlein und Nikolas Löbel hatten alles richtig machen wollen. Dem Land dienen bis zuletzt, dienen, wie sie es schon getan hatten, als beide in dunkler Zeit höchster Verzweiflung helfend beisprangen und vermittelten, was damals, vor einem Jahr, mit Geld nicht aufzuwiegen war. Masken, so selten, dass sie die Bundesregierung zur ihrer ersten dreisten Pandemielüge veranlassten: Masken nützen nichts. Masken braucht man nicht. Händewaschen reicht, Seife war ja da.
 
Nüßlein und Löbel, unterschiedlich alt, in CSU und CDU daheim, aber gut vernetzt und vom bürgerschaftlich engagierten Geist der neuen Zeit beseelt, ließen sich nicht lange bitten. Sie zogen Strippen, telefonierten, meist ohne auf die Uhr zu schauen. Ihnen und heute noch namenlosen anderen ist es zu verdanken, dass die Bundesregierung schließlich ihren Kurs ändern konnte: Nun waren Masken ausreichend bevorratet. Nun ließ sich eine Maskenpflicht verhängen. Nun entschied sich sogar die Bundeskanzlerin, die das bis dahin strikt vermieden hatte, Vorbild zu sein und das "Symbol der Seuche" (Süddeutsche Zeitung)  demonstrativ zu tragen, zumindest offiziell.
 

Kein Bundesverdienstkreuz

 
Gedankt wurde Nüßlein und Löbel nie, kein Bundesverdienstkreuz, keine Erwähnung in einer Rede des Bundespräsidenten. Aber selbstverständlich beschwerten sich die beiden Abgeordneten nicht. Der Dienst am Vaterland ist Pflicht, die elegante Austarierung von gesellschaftlichen und eigenen Interessen die hohe Kunst des Volksvertreters, der im Idealfall dient, um beiden zu nützen. Genauso, wie das seine Partei und alle anderen Parteien auch tut: Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, frage, was du für dein Land tun kannst. Dann wird dein Land dich nicht unbelohnt lassen.
 
Wie Misteln, diese epiphytische Parasiten,  einen Baum umschlingen, umschlingt der Parteienstaat das eigentliche Staatswesen, mit der er mittlerweile identisch zu sein glaubt. Was gut ist für den einzelnen Parteiarbeiter, ist gut für die Partei. Was gut ist für die Partei, ist auch gut für die Gesellschaft. Und gut für die Gesellschaft ist, was dem Machterhalt dient, denn es hilft der Partei, stabile Verhältnisse zu erhalten, die wiederum der Partei nützlich sind, um gegen die Pandemie zu kämpfen. 
 

Hoher Inzidenzwert bei der Union

 
Das große Versagen des inzwischen auf absurde Ausmaße gewachsenen Staats- Parteiapparates bei der Bewältigung der Seuche ist medial gesehen schwerer zu erklären und zu bewältigen als das die Hilfseinsätze von aktuell etwa ein Dutzend Parlamentarier der Union an unterschiedlichen Berührungspunkten von Baum und Parasit. Kurzerhand ist sind die allem Anschein nach legale, weil überall als illegitim bezeichneten Hilfseinsätze von Nüßlein und Löbel, aber auch die ihrer anderweitig um das Wohl von Partei, Staat und Volk bemühten Abgeordnetenkolleg*innen zu Korruptionsfällen erklärt worden. Berechnungen von Freiwilligen zufolge soll der entsprechende Inzidenzwert in der Union bei 2.430 liegen - ein lockdown wäre eigentlich dringend nötig: Keiner rein, keiner raus, nur mit Anmeldung, click & korrupt.
 

Aus Angst vor das Wutwähler*in

 
Die Angst vor das Wutwähler*in, das am kommenden Wochenende in Süddeutschland einen ersten Einblick in seine Langmut geben wird, ließen die Parteizentralen die Nerven verlieren. In grober Missachtung des freien Abgeordnetenmandats, das laut Grundgesetz jeden gewählten Abgeordnete im Parlament als Träger des freien Mandats freistellt von Weisungen des Staates, Aufträgen der Wähler, seiner Partei oder seiner Fraktion, sondern ihn einzig und allein an sein Gewissen bindet, drohten Armin Laschet für die CDU und Markus Söder für die CSU den beiden stillen Helden von der Maskenfront so lange mit großem Ungemach, bis beide dem Druck nicht mehr standhielten. 
 
Ein verlorener Kampf nicht nur für zwei wackere Männer, die getreu der geltenden Lehre gemeint hatten,  dass der, der dem Staat diene, von diesem Staat belohnt werde. Sondern auch eine krachende Niederlage der Demokratie gegen die Parteienherrschaft.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bei Reitschuster konnte man lesen das die beiden schlimmen Finger gegen Merkel intrigiert haben, speziell gegen den Dauer - Lockdown. Sie sind ja sicher nicht die einzigen Provisionsritter im Bundestag. Die anderen werden jetzt die Füße stillhalten.

Anonym hat gesagt…

Och, das pflegt man schlicht "Bauernopfer" zu nennen, ein Bauer ist soviel wert wie 0,3 Periode Springer.
Das weise Volk wird das bei den "Wahlen" zu würdigen wissen: Es gibt noch Gerechtigkeit im Lande!
Verehrter Vorgänger, nichts für ungut, kaufen Sie noch ein Komma sowie ein s dazu - es hat einfache mehr Pfiff.

Anonym hat gesagt…

Frei nach Mao: „Bestrafe zwei, erziehe die Fraktion.“