Samstag, 5. März 2022

Kalter Entzug: Aufstand der Ungeduschten

Die Jungunternehmerin Rabeanna Fleißer hat beschlossen, sich dem deutschen Erdgasboykott anzuschließen.


Die Wut ist groß nach den härtesten, umfangreichsten und schwersten Sanktionen aller Zeiten, die bisher so gar nichts bewirkt haben. Noch immer marschiert Putins Armee, noch immer kassiert sein Staatskonzern für Öl- und Gaslieferungen in den Westen, mehr noch sogar als vor Kriegsausbruch. Seit Russlands Einmarsch in die Ukraine ist der Ölpreis um zwölf Prozent gestiegen, der Preis für Erdgaslieferungen im April sieht vom Rekordhoch um weitere sechs Prozent. Milliarden für die russische Kriegsmaschine, die jeden Dollar Rubel gut gebrauchen kann, ist doch der Rubel inzwischen nicht einmal mehr einen Dollar-Cent wert.

Ausschluss Russlands aus der Weltgemeinschaft

Der warme Entzug aber, mit dem Deutschland, die EU, Europa und der Rest der Koalition der Willigen versucht, Zeichen für Russlands Präsidenten zu setzen, erregt angesichts seiner Wirkungslosigkeit zusehends Unmut. Vor allem aus den Kreisen des moralisch hochartifiziell ausgestatteten Bionadeadels, bei hauptberuflichen Atlantikern und leidenschaftlichen Kämpfern für und gegen jeweils aktuelle Tagesaufgaben ruft es nach einem Embargo statt symbolischer Sanktionen, ein Ausschluss Russlands aus der Weltwirtschaft auch um den Preis eigener Bequemlichkeits- und Wohlstandsverluste. 

Alles, was einem selbst nicht wehtue, schmerze auch den Feind nicht, heißt es etwa beim Fernsehmoderator Georg Restle. Der frühere "No-Covid"-Kämpfer hat mit dem russischen Feldzug ins Nachbarland das Spezialgebiet gewechselt - er ist jetzt nicht mehr Seuchenbekämpfungsexperte und Spaziergangswarner, sondern Fachkraft für Wirtschaftssanktionen. Seit der Zusage von Außenministerin Annalena Baerbock, dass die neuen "Maßnahmen" (Scholz) gegen Russland auch für Deutschland richtig teuer würden, hatte Restle auf ein umfassendes Energieembargo gehofft. Nun sieht er sich enttäuscht. "Ist uns der Preis deutlich höherer Energiekosten wirklich zu hoch, angesichts der Brutalität eines Krieges, der uns allen gilt?", fragt der ARD-Ansager offenbar nach einem Blick auf seine Kontoreserven, die es ihm erlauben dürften, auch drei-, vier- oder zehnmal so viel für eine warme Wohnung zu zahlen. wenn er dafür danach "den Menschen in der Ukraine noch ins Gesicht schauen" (Restle) könnte. 

Geld als Waffe

Und darum gehe es doch, so Röttgen. "Geld ist unsere stärkste Waffe gegen Putin", hat der immer wieder gescheiterte CDU-Chefkandidat das Waffenarsenal des Westens bei Twitter geordnet. Putins wichtigste Einnahmequelle zur Finanzierung seines Krieges seien Öl und Gas. "Wir können diese Quelle trockenlegen", ist sich Röttgen sicher. Das werde "kosten, aber es wird Putin empfindlich treffen".

Ein Deutschland, das bereit ist, "einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen“, wie Außenministerin Annalena Baerbock schon vor dem Beginn des russischen Angriffs bestimmt hatte, kann sich nun nicht mehr vor ernsthaften Konsequenzen wegducken. Dass deutsche Wohnungen weiter mit Feindgas geheizt werden, deutsche Firmen ihre Dünger aus russischen Zulieferungen kochen, mit Russengas Strom herstellen und dafür Geldströme weiter nach Moskau, um neue Panzer, Geschütze und Munition zu finanzieren, muss ein Ende haben, auch um den Preis gewisser Einschränkungen für gewisse Bevölkerungsgruppen, der die Ampelkoalition ja ohnehin gerade mit einem großzügigen Entlastungspaket zur Aufrechterhaltung der Klimafolgen beigesprungen war.

Körperwärme im Haus halten

Jetzt geht es darum, situationsangemessen kalt zu duschen, mit Vorhängen vor Türen und Fenstern Körperwärme im Haus zu halten, die Heizung herunterzudrehen und elektrische Geräte soweit als möglich abzuschalten, um Putins Geldquellen auszutrocknen. Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) würde ein kompletter Importstopp für russisches Erdgas Russland etwa drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts kosten, ein zusätzliches Embargo für Öl ließe die russische Wirtschaftsleistung um weitere 1,2 Prozent schrumpfen. Das wäre sogar etwas mehr als der von der Pandemie bedingte Rückgang im Jahr 2020, zwänge Putin also, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen.

Für Deutschland und die EU hingegen hätte ein umfassendes Gas- und Öl-Embargo nur "einen minimalen negativen Effekt", beschreibt Hendrik Mahlkow vom IfW. Es wird dort, wo Bürgerinnen und Bürger wegen unzureichender Einkommen oder Sparguthaben ihre Gas- oder Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, ein wenig kälter, wer wenig verdient und womöglich schon mit einer monatlichen Gasrechnung von 300, 400 oder 650 Euro überfordert sind, wird auch daheim eine Jacke tragen müssen und häufiger kalt duschen. Doch das ist keine soziale Kälte, sondern "#FrierenfuerFrieden",  ein Aufstand der Ungeduschten in dicken Pullovern, Decken und Schals.

Das aber ist nicht nur Ausdruck von Solidarität, die als Zärtlichkeit der Völker naturgemäß kein Preisschild hat, sondern langfristig auch gesund.


2 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Das gilt auch für die Bekleidungsleugner

https://zellerzeitung.de/index.php?id=1197
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Staatsschutz beobachtet Szene der Bekleidungsleugner

Die Bekleidungsleugner vernetzen sich immer weiter und nehmen eine
staatsgefährdende Positon der Verachtung gesellschaftlicher
Dresscode—Konsensbedingungen ein. Zu diesem Ergebnis kommen die
Beobachtungsdienste von Bund und Ländern, „Die Grenzen zwischen
lediglicher Unbekleidetheit und offensiver Verächtlichmachung von
Anziehsachen verschwimmt", sagt Verfassungsschutzchef
Haldenwang. Bekleidungsvorschriten. werden als Gängelei. und
staatlicher Zwang kommuniziert und extremistisch abgelehnt, so seine
Analyse. „Die Gesellschaft ist gefordert" sagt er im ZZ—Gespräch.

Anonym hat gesagt…

muss der ps-starke Konsumami auf billigen Sprit verzichten ?


nein - natürlich nicht - warum auch - ist er doch der historische Sieger .

rotgrüne Verzichtspolitik kann endlich hübsch begründet werden

( das Rehaugenklimerkind hat sich mal wieder im Fahrstuhl fotografiert , Deko diesmal : die ukrainischen Nationalfarben ( PLUS TEXT ) .

der ukr. Botschafter heute : " lieber Bargeld - Sachspenden landen immer wieder im Straßengraben "