Mittwoch, 21. Dezember 2022

EU-Gaspreisbremse: Der fliegende Deckel

Auch der europäische Gaspreisdeckelmechanismus könnte zum Vorbild für die Welt werden. Wenn niemand mehr mehr für nichts bezahlt als jemand anders, bleiben die Preise für alle über Jahrhunderte absolut stabil.

Was für eine Einigung! Historisch. Dramatisch. Episch. Lange für unmöglich gehalten, schließlich gegen den ausdrücklichen Widerstand des größten Mitgliedslandes durch eine Mehrheitsentscheidung ersetzt, wie sie das größte Mitgliedsland schon so lange wünscht, wenn andere Partnerstaaten anderer Ansicht sind. Und anschließend von den Medien dennoch im Wortlauf der entsprechenden Pressemitteilungen als "Einigung" verkauft, die ein "großer Schritt" ist hin zu noch mehr Energiegerechtigkeit weltweit.  

Die Völker Europas, sie atmen auf. Die Regierungen schütteln sich zufrieden die Hände. er "Gaspreisdeckel", vom Europäischen Amt für einheitliche Ansagen (AEA) als Antwort auf die von der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin entwickelte Gas-, Strom und Energiebremse entwickelt, tritt nach monatelangem Ringen in einigen Montane in Kraft, pünktlich zum Ende der regulären Heizsaison. Für Europa, das unter explodierten Energiepreisen stöhnt, seit die Sanktionen gegen Russland verhängt wurden, ist es ein weiterer Schritt hin zu mehr Klimakraft, Zähmung der Marktkräfte und gemeinschaftlicher Verantwortung.

Verbot von Überbietung

Umstritten war lange der genaue Zuschnitt des Gasdeckels, der nun nach der Einigung entworfen werden soll. Planungen von EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Rat zufolge, die Zustimmung des EU-Parlament gilt als Formsache, wird der Deckel ab dem 15. Februar bei einem Preis von 180 Euro pro Megawattstunde auf den Topf gedrückt. Mitgliedsländern der EU ist es dann verboten, Gas zu kaufen, wenn Verkäufer mehr als diesen Betrag verlangen. Die absehbar leeren Gasspeicher in der Europäischen Union sollen dann stattdessen mit der Hoffnung gefüllt werden, dass Gasanbieter weltweit auch keine anderen Käufer finden werden, so dass sie ihre Preise senken müssen.

Eine Strategie, die angesichts des Energiehungers der Welt überaus erfolgversprechend klingt. Deshalb einigten sich die Energieminister der EU-Staaten bereits vorab auf vielfältige Möglichkeiten, die Wirkung des beabsichtigten Markteingriff zu deckeln: Statt an der von einigen Mitgliedsstaaten geforderten Eingriffsschwelle von 120 Euro tritt die Preisdeckelung erst ab 180 Euro pro Megawattstunde in Kraft, dies jedoch nicht automatisch, sondern erst, wenn die einer großen Brüsseler Tradition auch "Mechanismus" genannte Preisbremse nach einem förmlichen Verfahren aktiviert wurde.

Der Markt kuscht schon

Die Probe aufs Exempel droht derzeit nicht, denn der Gaspreis ist seit dem Beginn der Großeinkaufsaktion der Bundesregierung zur Füllung der deutschen Speicher um jeden Preis beinahe beständig gefallen. Derzeit kostet die 113 Euro, weit weg vom Höchststand von über 340 Euro pro Megawattstunde im August. Weit weg aber auch von den 180 Euro, bei denen der mechanische Bremsdeckel von EU-Kommission, EU-Ministerrat und EU-Rat aktiviert werden könnte, wobei die Zustimmung des EU-Parlaments als Formsache gilt. Schon daran ist zu sehen: Europa wirkt, in beide Richtungen. Der Markt kuscht vor der Macht des größten Wirtschaftsraums der Welt, der seit der Verabschiedung der Lissabon-Strategie vor 22 Jahren dabei ist, bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu werden.

Könnte heißt zudem nicht muss. Droht der Gaspreisdeckel die Versorgungssicherheit zu gefährden, weil Lieferanten sich weigern, zum festgelegten EU-Höchsteinkaufspreis zu verkaufen, hat der "Marktkorrekturmechanismus", wie die Planwirtschaftsbehörde in Brüssel ihre politische Preisfestlegungsmatrix nennt, eine eingebaute Bremsenbremse. Reichen die 180 Euro nicht aus, Verkäufer zu einem Geschäft zu bewegen, kann der aktivierte Gaspreisdeckel ausgesetzt werden. Er wird dann zu einem fliegenden Deckel, dessen Bremswirkung sich am Weltmarktpreis für Erdgas orientiert. Die EU-Preisbehörde greift damit auf ein Modell zurück, das sich in Deutschland als Notbremsen-Mechanismus mit atmender Öffnungsmatrix bekannt ist und sich als Instrument bewährt hat, mit dem sich Wirklichkeit durch smarte Verbalität in Wünsche verwandeln lässt.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Festpreise und unbegrenzt wachsende Geldmenge sind ein sicheres Mittel gegen Inflation. Funktioniert natürlich nur, solange es sich lohnt, unter diesen Vorgaben Waren anzubieten. Aber auch da kann der allwissende Staat eingreifen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Konsumg%C3%BCterproduktion_in_der_DDR

Klaus K. hat gesagt…

Wenn ich mit einer Butterpreisbremse von 1,89 € in den Aldi gehe, dann komme ich mit einer Packung Margarine wieder raus.

Anonym hat gesagt…

Ich bin auch für einen Geschwindigkeitsdeckel von 250 km/h auf der Autobahn, der natürlich beweglich sein muß für den Fall, daß ich einen Lamborghini mit 1200 PS fahre. Dann nehme ich den Deckel mit.