Dienstag, 14. März 2023

Knallharter Sparbeschluss: EU nimmt sich an die Kandare

So muss es weitergehen. Aber wie?

Die Winterernte ist im Fuder, das EU-Sparziel erreicht und übererfüllt, weil das Wetter sich auf die Seite der europäischen Demokratien geschlagen mitgespielt hat. Ein Atemholen aber ist nicht möglich, noch nicht. Trotz Glühbirnenausstieg, Bundesheizungskontrollen, Duschverkürzung und der im Herbst verfügten Abschaltverordnung für Leuchtreklame reichen die EU-Sparanstrengungen nicht aus, die 27 Staaten der Völkergemeinschaft nachhaltig unabhängig von klimaschädlicher Energieumwandlung zu machen. Einmal mehr ist die EU deshalb weitsichtig in Vorleistung gegangen: Als neues Sparziel für 440 Millionen Europäer wurden 11,7 Prozent bis 2030 festgezurrt. Darauf einigten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten in Brüssel. 

Ein wegweisender Schritt

Die vereinbarte Senkung des Energieverbrauchs liegt bei zwei Prozent im Jahr, jedes Land der Union soll dabei nach Kräften zu den Energie-Einsparziel beitragen. Bis die Gremien der Gemeinschaft sich auf den Kompromiss geeinigt haben, wird aller Erfahrung nach noch einige Zeit ins Land gehen, so dass mit Inkrafttreten des neuen Sparziels kaum mehr sechs Jahre bleiben, um die bisher noch nicht bekannten Maßnahmen zur Umsetzung zu finden und sie in Kraft zu setzen. Allerdings haben die Entscheidungsträger bei ihren Verhandlungen zwar einerseits keinen Zweifel daran gelassen, dass sie bereit sind, die Bürgerinnen und Bürger fest an die Kandare zu nehmen. 

Andererseits aber ist es ihnen gelungen, im Kleingedruckten des neuen Sparbeschlusses zur Senkung des Energieverbrauches eine unauffällige Hintertür einzubauen: Die 11,7 Prozent weniger Energieverbrauch sollen sich am großen Tag der Abrechnung nicht auf den realen Energieverbrauch eines Referenzjahres beziehen, sondern auf eine Prognose, die im Jahr 2020 den Energieverbrauch von 2030 hatte vorhersagen sollen. Für Deutschland etwa sagen solche Prognosen einer Anstieg des Stromverbrauches um etwa elf Prozent voraus, getrieben vor allem von der Elektrifizierung des gesamten Kontinents. 

"Endenergieverbrauch"

Wenn jedes EU-Land sein Scherflein zu den Sparzielen beiträgt, die medial als überaus ehrgeiziges Ziel gefeiert werden, kann damit alles bleiben, wie es ist: Das jährliche Sparziel für den "Endenergieverbrauch" wird ab 2024 schrittweise steigen, allerdings, ohne dass damit irgendetwas gespart werden muss. Anhand einer "bestimmten Formel" (DPA), die erst viel später verraten werden wird, sollen die nationalen Beiträge berechnet werden, die sich erstaunlicherweise nicht am Karbonisierungsgrad der einzelnen Volkswirtschaften, sondern am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und am Ausbaustand der sogenannten erneuerbarer Energien orientieren werden. Losglück kommt selbstverständlich dazu.

Der frühere Umweltaktivist, EU-Parlamentarier und nunmehrige grüne Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold nannte die Ausrufung des zweiten großen EU-Energiesparzieles binnen von nur einem Jahr  ein "wichtiges Signal", das eine "richtige Antwort auf die Energiekrise" formuliere. Die neuen Regeln verpflichten Behörden, Parteien und Institutionen wie die EU oder den Bundestag, aber auch die Organisatoren von Klimakonferenzen, die derzeit oft noch von Dieselgeneratoren versorgt werden, vor dem Einkauf von Waren und Dienstleistungen in eigenen Abteilungen für Energiemanagement zu prüfen, ob ein Verzicht womöglich sparsamer wäre. 

Briefe aus Brüssel

Haushalte mit niedrigem Einkommen, die sich ein eigenes Energiemanagement nicht leisten können, dürfen auf Entlastung hoffen. Viele öffentliche Wärmestuben könnten zu Anlaufstellen für technische Fragen umgebaut werden, etwa, wenn es darum geht, Heizungen zu entlüften, Zimmerfenster mit Decken zu verhängen oder Heizdecken mit eignen Solarmodulen zu betreiben. Reicht das alles immer noch nicht, dürfen die Mitgliedsstaaten wie beim Stabilitätspakt oder den Maastricht-Kriterien auch von den Sparzielen abweichen - bis zu 2,5 Prozent nach unten und oben sind erlaubt, wird es mehr, hat die EU-Kommission das Recht, mahnende Briefe an die verantwortlichen Regierungen zu schreiben. 

Obwohl das EU-Parlament ursprünglich ein Sparziel von 14,5 Prozent hatte durchsetzen wollen, nannte der Chef-Verhändler des Parlaments, Niels Fuglsang, das erreichte Zwischenergebnis, das nun nur noch durch die übrigen Gremien muss, was aber als Formsache gilt, einen "echten Wandel zum Vorteil des Klimas und zum Nachteil von Putin". Nach Berechnungen der deutsches EU-Abgeordneten Jutta Paulus (Grüne) werde durch die Einigung der gesamte Energieverbrauch Spaniens eingespart, falls das ambitionierter Ziel erreicht werde und sich in sieben Jahren noch jemand an den wegweisenden Beschluss erinnert.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie nett, dass der Oberste Sowjet in Brüssel keine Kosten und Mühen bzw. hauptsächlich keine Kosten scheut, um meine Energie einzusparen.

Anonym hat gesagt…

Dann soll halt Spanien die Energie einsparen. Dort ist es warm, sie brauchen nicht zu heizen.
Sie sind auch hunderte Jahre prima damit zurechtgekommen, auf Eseln rumzureiten, die Oberschicht natürlich auf Pferden. Furzen eigentlich Esel und Pferde auch klimaschädliches Methan aus, oder machen das nur Kühe? Über den Stierkampf müsste man in diesem Sinn auch mal nachdenken.

Anonym hat gesagt…

OT
> ferdinand 14. März 2023 at 15:50

In Freudenberg wird man die beiden Täterinnen, die aus dem Bekanntenkreis von Luise kommen, genau kennen.
Wie schon weiter oben geschrieben, ist hoffentlich jemand dabei, der genug Rückrad hat, um aufzuklären. <


Seid(kleiner Scherz) einiger Zeit vermisse ich "Progrom" und "Ursupator" - letzteres wohl so eine Art Bärenschänder.