Dienstag, 28. Mai 2024

Sylter Hassgesang: Im Rausch des Musikmissbrauchs

Die Welle der Berichterstattung hat dazu geführt, dass sich zahllose Menschen von der falschen Musik angezogen fühlen.

Wo man sang, da ließ man sich früher ruhig nieder, denn böse Menschen hatten keine Lieder. Schunkelnd und Pogo tanzend erkannte sich das bessere Deutschland jahrhundertelang selbst und gegenseitig. Aus vollem Herzen wurde gesungen, Sangeswettbewerbe, in denen die Mutternation der Meistersinger mit anderen Ländern um das bunteste Kostüm und den frechsten Lebenslauf konkurrierte, erfreuten sich allerhöchster Beliebtheit. Musik, das war das Blut Unschuldiger. Musiker avancierten zu Weisen, zu denen das Volk aufschaute, und zu Ratgebern der Mächtigen, die aus dem Elfenbeinturm der Verantwortung für alles oft nicht mehr spüren können, wie die tumbe Masse tickt.  

Sängern drohen fünf Jahre

Umso schrecklicher erscheint der Missbrauchsskandal, den die Vorfälle von Sylt ausgelöst haben. Überall, landauf, landab, kommt es zu gesungenen Übergriffen auf einen "20 Jahre alten Hit" (ZDF) des Italieners Gigi D’Agostino, den eine der größten Empörungswellen der jüngeren Mediengeschichte zum Symbol für Menschen gemacht hat, die aus der konformen Gesellschaft ausbrechen wollen und dazu bereit sind, Ansehensverlust, Karriere und selbst die "Höchststrafe" (Bärbel Bas) von bis zu fünf Jahren Gefängnis zu riskieren. Überwiegend im schon länger demokratisierten Westteil der Republik nutzen Angehörige der autochthonen Partyszene die stampfenden Rhythmen von "L'Amour Toujours", wie die Verbrecher von Sylt "Deutschland den Deutschen" und "Ausländer raus" zu "grölen" (DPA).

Zwei Jahre nach dem Ausbruch der "Layla"-Krise wirkt die Bundespolitik ratlos, die Behörden erscheinen überfordert, Staatsanwaltschaften und Polizei drohen mit "Ermittlungen". Doch die Bundesinnenministerin selbst ist ihnen bereits in den Rücken gefallen, als sie in der ARD verkündete, das Absingen der ekligen Parolen, wie sie der Bundeskanzler genannt hatte, sei nicht strafbar. 

Flickenteppich der Verbrechen

Ein Flickenteppich breitet sich aus. Städte versuchen auf eigene Faust, weitere Missbrauchsfälle zu verhindern. Andere sehen dazu keine rechtliche Handhabe. Gemeinden müssen ihre Freiwilligen Feuerwehren belehren, Polizeistreifen werden mit Musikdetektoren ausgestattet. Internate versuchen, Präzedenzfälle zu schaffen, um Nachahmer abzuschrecken. Volksfeste bannen ein Stuck europäischer Kultur, zwangsläufig, denn kein Veranstalter kann es sich leisten, in den Strudel des Sylter Hassgesangs gezogen zu werden. Doch selbst ein bundesweites Verbot des "Liedes" würde wohl nicht mehr helfen: Deutschland müsste Bilder von deutschen Urlaubsinseln fürchten, die sogenannte "Feiernde" nach altem Ferienbrauch schwer alkoholisiert zeigen, wie sie erst recht wider den Stachel löcken und Betäubung suchen im Rausch eines entgrenzten Missbrauchs.

Die Sprachbarriere und das Einstimmigkeitsprinzip der EU allerdings verhindern eine schnelle, gründliche und europaweite Lösung, wie sie etwa die rasche Einführung einer nach der EU-Verordnung über die Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit konzipierten Soundschutzkommussion (SSK) böte. Wie die ehemals in Deutschland arbeitende Reichsmusikkammer (RMK) und deren später über fast 40 Jahre erfolgreich arbeitenden DDR-Nachfolger Zulassungs- und Einstufungskommission könnte eine solche neue EU-Institution einen Musikschutzschirm über ganz Europa spannen. Wie der Meinungsshiled, an dem EU-Chefin Ursula von der Leyen bereits arbeitet, könnte er verhindern, dass irritierende, unerwünschte und öffentlich bereits verurteilte Musikstücke das Leben der Gemeinschaft stören. 

Es hakt bei den Details

Vorschläge für einheitliche Vorschriften für grenzüberschreitende Fälle im Zusammenhang mit dem Schutz von Erwachsenen liegen bereits vor, die EU-Kommission selbst hat schon festgestellt, dass die Umsetzung einmal mehr für mehr Rechtssicherheit sorgen wird, Kosten und Dauer grenzüberschreitender Verfahren verringert und die Rechte Erwachsener so gründlich wahrt, dass selbst ihr Recht auf Selbstbestimmung unbeeinträchtigt bleibt. 
 
Es hakt wie immer an Details. Während die einen in Berlin von einer nationalen Musikschutzliste träumen, die auflistet, welche Songs gerade verboten sind oder wegen Missbrauchsgefährung gesperrt wurden, wünschen sich andere eine umfassendere Regulierung. Danach habe der demokratische Rechtsstaat die Pflicht, für die Öffentlichkeit eine Liste der erlaubten Lieder mit den mitsingbaren erlaubten Texten vorzuhalten, so dass sich Feiernde in Echtzeit über Verstöße informieren können. Beide Lager blockieren sich, die europäischen Partnerländer aber ignorieren die Gefahr sogar.
 
Als der französische Präsident Emmanuel Macron jetzt in Dresden seine neueste große Europa-Rede an die Völker die 27 Mitgliedsstaaten hielt, erwähnte er das kollektive Geschehen rund um das Grölen und Skandieren des Sylter Hassgesangs ebenso wenig wie den Umstand, dass das "Lied" von den empörten Medienreaktionen inzwischen an die Spitze aller Hitparaden katapultiert wurde.



10 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Als der französische Präsident ... von den empörten Medienreaktionen

Derweil lachen sich dessen Angetraute und die Frau an der Seite von Steinmeier eins am Holocaust-Denkmal zu Berlin.

https://x.com/DD_Geopolitics/status/1795165075302408544

Spaziergänger hat gesagt…

Wie formulierte es doch Steinhöfel so schön (sinngemäß):
Wer ein Lied verbieten will, weil ein paar Halbstarke Unanständiges zu seiner Melodie gesungen haben, kann auch gleich den Bierausschank verbieten, um zu verhindern, daß ein Betrunkener ans Zelt pinkelt.

Hase, Du bleibst hier... hat gesagt…

18 x mehr Gema für Nazimugge. Sylt kann sich das leisten.

Anonym hat gesagt…

Jetzt singen schon Türken in Stuttgard dieses Lied. Der Staat muss durchgreifen. 5 Jahre Knast für jeden. Dafür darf uns nichts zu teuer sein. 5 Jahre Haft kosten rund eine halbe Million Euro
pro Person, so über den Daumen gepeilt. Hoffentlich sind auch genug Plätze in Justizvollzugseinrichtungen frei. Für eine halbe Millon könnte man auch 68 155mm Granaten in die Ukraine schicken, oder 500 Meter Radweg für das Klima bauen. Es ist alles eine Zwickmühle.
Politiker haben es nicht einfach. Sie könnte auch einfach mal das Maul halten, aber das ist wohl zu viel verlangt.

ppq hat gesagt…

da wird nichts "gesungen"! es wird gegrölt und skandiert!

Spaziergänger hat gesagt…

Ich habe mir das Lied mal auf YouTube angehört. Nicht mein Geschmack.

Aber wenn das grünlinke Gelumpe davon Schnappatmung kriegt ...

Die Anmerkung hat gesagt…

Danisch

Eigentlich müsste man den Sylt-Singern ein Bundesverdienstkreuz geben, wäre man unter Bundesverdienstkreuzträgern nicht in so erbärmlich schlechter Gesellschaft, dass man das niemandem mehr zumuten kann.
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Auch auf Sylt hat niemand gesungen, höchtens im Verhörzimmer des Staatsschutzes.

Ein Bundesverdienstkreuz für besoffene Grölerei, das ist dann doch sehr grenzwertig.

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.youtube.com/watch?v=BkARnv1m6UM

Sylt-Ohrwurm

COMPACTTV
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Der Elsässer sollte mal einen HNO-Arzt aufsuchen. Manchmal kann das helfen, wenn man Würmer hat.

Anonym hat gesagt…

Re: Zeller

Sind diese bescheuerten Sylt-Aufkleber für die Heckklappe nun auch auf Platz 1 und verboten?

Anonym hat gesagt…

>> Holocaust-Denkmal <<
Ich vermisse hier die Gänsefüßchen. Der selige Paul Rassinier dreht sich im Grabe um.