Sonntag, 2. Dezember 2012

Die totale Eurorettung

Bei PPQ läuft seit Monaten der Counter zum Griechenland-Austritt, aber noch stimmen die deutschen Parlamentarier jeweils nach Übernacht-Lektüre von telefonbuchdicken Gesetzeswerken für ein Beibehalten des status quo, koste er auch, was er wolle. Der "Wahnsinn bei der Euro-Rettung hat längst Methode", diagnostiziert inzwischen aber auch die "Welt", selbst die über drei abgrundtiefe Rettungsjahre stets euro-euphorischen Regierungsblätter "Spiegel", "Süddeutsche" und "Stern" fordern "Schluss mit Streichelzoo!" (Spiegel) und kritisieren "Immer weg mit den Milliarden".

Während sich die Parlamentarier noch für erfolgreiche Anstimmungen feiern und die "Tagesschau" die Defizitfinanzierung des Kontinents zum Anlass nimmt, über die "Kanzlermehrheit" nachzudenken, wagt sich der Vermögensberater Felix Zulauf im "Handelsblatt" schon dorthin, wo es bald richtig wehtun wird. "Griechenland wird nicht das einzige Land sein, das wegen der wirtschaftlichen Depression den Euro bald aufgeben muss", sagt der Hedge Funds-Manager. Europa, zerrissen zwischen Leistungsländern und Empfängerstaaten, strebe ein neues Gleichgewicht zu Deutschlands Lasten an, dieser Plan aber werde scheitern. "Selbst wenn die anderen Staaten ihnen ein paar Sparmaßnahmen erlassen oder auch Investitionen fördern – der griechischen Volkswirtschaft wird das nicht helfen, wieder auf die Beine zu kommen."

Das Ende hat der Lemberger Ludwig von Mises bereits 1922 beschrieben. "Durch Kunstgriffe der Bank- und Währungspolitik kann man nur vorübergehende Scheinbesserung erzielen, die dann zu umso schwererer Katastrophe führen muss", schrieb er, "denn der Schaden, der durch Anwendung solcher Mittel dem Volkswohlstand zugefügt wird, ist umso größer, je länger es gelungen ist, die Scheinblüte durch Schaffung zusätzlicher Kredite vorzutäuschen."

13 Jahre nach Einführung des Euro ist die wohlstandsschaffende Kraft der Einheitswährung nur noch über jeden Selbstzweifel erhaben: Die Arbeitslosigkeit in Euro-Europa liegt mit mehr als 11 Prozent drei Prozent höher als 1999, die Staatsverschuldung hat sich verdoppelt bis verachtfacht und die Demokratie in den ageschlossenen Staaten ist in weiten Teilen dauerhaft suspendiert. "Alle wichtigen Eckpunkte des Grundvertrages zur Europäischen Währungsunion sind ja inzwischen gebrochen worden, was die Verluderung unserer Rechtsstaaten aufzeigt", attestiert Felix Zulauf dem Friedensnobelpreis-Projekt, das kommende Generationen womöglich in eine Reihe stellen werden mit anderen großen, gescheiterten Gesellschaftsdesign-Projekten wie Lenins Versuch, den Kommunismus durch Sowjetmacht und Elektrifizierung von oben aufzubauen, oder Nordkoreas "Juche"-Erbsozialismus mit seiner Betonung von Hunger und Not als fortschrittschaffenden Kräften.

Den Rest des Weges, der für die EU noch zu gehen ist, beschreibt Zulauf als Fortsetzung des allseits Bekannten, so lange die Medien als Transmissionsriemen der Regierungspropaganda funktionieren. "Es werden Verträge geschlossen, die dann jeweils wieder schnell gebrochen werden."

Doch wie viele "Rettungspakete", "Rettungsschirme", "Brandmauern" und "Notkredite" auch immer - "es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde" schrieb von Mises anno 1949, 50 Jahre vor der Einführung des Euro im Geldverkehr. Zeit zu kaufen, wie es die Phalanx der Euro-Retter seit drei Jahren zu tun vorgibt, führt letztlich dazu, dass die Kosten für immer weniger gekaufte Zeit in immer höhere Dimensionen steigen. Der Grenznutzen der "gekauften" Zeit, die eigentlich nur geliehen ist, nähert sich unaufhaltsam dem Nullpunkt. Oder wie es bei von Mises heißt: "Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion – oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.“

Die Euro-Krise in Lesestückchen:
Der Masterplan hinter der Pleite: Euroscheitern dank Hades-Plan
Heftpflaster für Herzanfälle
Hochbetrieb in der Worthülsenfabrik
Horst Köhler. Auf der Flucht vor dem Rettungsschirm
Sprich Krisisch: Das Alphabet der Krise I
Sprich Krisich: Das Alphabet der Krise II
Schweigen ist Geld: Die Lüge braucht die Stille
Inside ESM: An der Großgeldquelle
Einig Vaterland: Ein Volk, ein Land, eine Meinung

7 Kommentare:

Cordt hat gesagt…

Ich weiß nicht, ob diese Schwarzmalerei nicht einmal endlich angezeigt gehört.

ppq weiß offensichtlich auch nichts von der Psychologie des Marktes. Die ist nämlich sehr wichtig. Und da hat die EU den psychologisch wichtigen Friedensnobelpreis erhalten, der z. B. dem Herrn Obama, dessen Außenpolitik so schlecht nicht sein kann, sonst hätte Oslo wohl anders entschieden, die Wiederwahl gesichert hat. Die Märkte müssen diese wichtige Psychologie jetzt nur noch durchschauen und dann nach ihr Handeln.

Dann mag ppq eifrig versichern, das alles gar nicht so gemeint zu haben, aber ich habe alles notiert, was strafrechtlich (Defätismus) relevant ist.

Cordt hat gesagt…

Im übrigen gilt für den Euro das, was Obama für seine ersten vier Jahre postulierte: Ohne ihn wäre alles noch viel schlimmer.

ppq hat gesagt…

das sieht man ja in der schweiz und in norwegen

Anonym hat gesagt…

Für die Schweiz kann ich nicht sprechen. Aber eine Flasche gemeinen böhmischen Wodka kriegt man in Norge für den zwölffachen Preis wieder los... So es gelingt, diese über Sverige einzuschmuggeln...Ich mache mich mit Normän förstådd, wie ein sächselnder Holländer in Mecklenburg.
-Hildesvin-

Anonym hat gesagt…

Schwarzmalerei? Die EU ist mittlerweile schlimmer als das Dritte Reich und andere Despotien. Mit dem Unterschied, dass der Bürge es nicht wahrhaben will. Wie man an Cordt & Co sieht. Doch ignorieren schützt nicht vor den Konsequenzen, lol

Anonym hat gesagt…

Lieber Herr PPQ,
Die Folgen des EU/Euro-Geniestreichs wie etwa 53-Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Spanien sind für keinen Parteifunktionär das Problem! D a s P r o b l e m i s t, d a s s e s n i c h t ü b e r a l l i n E u r o p a 53-Prozent J u g e n d a r b e i t s l o s i g k e i t gibt! Das setzt den jungen Spaniern nämlich den Error ins Hirn, dass ihr Land eventuell wegen seiner pfründegeilen Parteifunktionäre, der Gemeinschaftswährung mit Deutschland (Euro) und folgender abstruser Kreditexzesse (siehe von Mises) und Fehlallokationen absolut wettbewerbsunfähig ist. Der grüblerische Vergleich mit Deutschland (circa 20 Prozent Währungsvorteil dank Euro) ist für die jungen Spanier (circa 40 Prozent Währungsnachteil dank Euro) das saugefährliche. Der Beweis: Die DDR hatte eine exzellente Planwirtschaft! Also eine gut organisierte ökonomische und gesellschaftliche Katastrophe. Aber sie ist doch nicht untergegangen weil dort ziemlich viel grotesk schlecht war – sondern weil die Leute den Vergleich mit dem Westen (Westfernsehen, Verwandte) hatten! Die hätten sonst nie was gemerkt...
Solange die Unterschiede noch nicht beseitigt sind (53-Prozent tatsächliche Jugendarbeitslosigkeit für Alle, ausgewiesene Jugendarbeitslosigkeit 0-Prozent (siehe auch DDR/Vollbeschäftigung)) müssen Vergleiche unterbunden werden. Der Weg dort hin: Jugendarbeitslosigkeit wird verboten (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigungsgarantie-eu-will-die-jugendarbeitslosigkeit-verbieten-11979674.html).
Schade, dass auf dem Weg zur Vergleichslosigkeit Internet-Stammtische wie dieser hier auch abgeschafft werden müssen. Die staatlichen Presseorgane weisen den steinigen Weg. FAZ-Herausgeber Kohler (Politologe) wurde kürzlich allerdings von seinen Lesern undankbarerweise (aber sehr unterhaltsam) verprügelt als er die FAZ-Leser in Sachen Eurokritik als Internetstammtischler beleidigte und das es doch nicht angehe, dass man die Vollidioten und Verbrecher im Bundestag als „Vollidioten und Verbrecher" bezeichne (http://www.faz.net/aktuell/politik/griechenland-hilfen-weder-vollidioten-noch-verbrecher-11977944.html). Kohlers intellektuelle Meisterleistung: Man wisse ja nicht, wie es wäre, wenn man Deutschland n i c h t Vollidioten und Verbrechern überlässt! Ich schlage für diese These den Begriff „Kohler-Doktrin“ vor.
Fazit: Das Problem ist nicht das Euro-Desaster und der Zentralstaat sondern die bisher ungleiche Verteilung des Untergangs. Also: 53-Prozent Jugendarbeitslosigkeit für alle und Schluss mit diesem unsinnigen Internet. Dann merkt kein Schwein mehr etwas. Und jetzt gönne ich mir noch einen Blick auf eine Abgeordnetenbiographie...

ppq hat gesagt…

bemerkenswerte erwägungen, wobei ich an die angleichung nach oben nicht glaube. spanien wird einfach ein unfreiwilliges soziales jahr einführen und schon die leute untergebracht. macht man ein unfreiwilliges jahrzehnt draus, auch dauerhaft