Dienstag, 5. August 2008

Strahlenalarm im Sommerloch

Damals, als die Schlagzeile Premiere hatte, war der alte Papst noch im Amt und in aller Welt bekannt als intoleranter Empfängnisverhütungsverhüter. Raider hieß zwar schon Twix, aber das wussten die Älteren noch nicht. Osama Bin Laden war der Sohn eines Zementfabrikanten, George Bush ein ehemaliger US-Präsident, der Jahrtausendwechsel gerade so überstanden worden.

Anno 2006 war es, als aufmerksame Fernsehjournalisten Uran, das radioaktive, strahlende Giftmetall, in deutschen Mineralwassern fanden. Im Laden. In der Flasche. Drei Tage schaukelte eine Welle namenlosen Tschernobyl-Entsetzens durch die Republik, die bis dahin geglaubt hatte, Wasser sei sicher, umweltschonend und gesund: Nicht einmal europäische Grenzwerte für die Menge an Uran, die im Wasser sein darf, gibt es, empörten sich Verbraucherschützer.

Das tun sie seitdem etwa aller zwei Jahre. Längst ist ein neuer Papst im Amt, der bei der empfängnisverhütenden Jugend als coolster Empfängniverhütungsverhüter aller Zeiten gilt. Längst weiß niemand mehr Raider zu buchstabieren, dafür kann natürlich jeder den Terrorfürsten Osama Bin Laden malen und George Bush als schlimmsten Präsidenten aller Zeiten identifizieren. Noch mehr hat sich nicht geändert: Denn das Uran im Mineralwasser ist immer noch da - und immer wieder wird diese Tatsache von mutigen Fernsehjournalisten schonungslos aufgedeckt.

War es 2006 die vom ehemaligen Greenpeace-Chef Thilo Bode gegründete Organisation Foodwatch, die die Journaille auf die heiße Spur brachte, war es diesmal - ja, die vom ehemaligen Greenpeace-Chef Thilo Bode gegründete Organisation Foodwatch, die enthüllte "Deutsches Trinkwasser ist mit dem Schwermetall Uran belastet - Verbraucherschützer schlagen Alarm" (SZ).

Auch der Rest ist wie vor zwei, vier oder acht Jahren: 150 Proben von etwa 8200 Proben aus ganz Deutschland enthielten einen Urananteil von mehr als zehn Mikrogramm pro Liter Wasser. Das ist zwar immer noch weniger als der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Wert von 15 Mikrogramm und sowieso ist über die Gefährlichkeit der Uranaufnahme mit der Nahrung wenig bekannt. Aber gerade das Unbekannte reicht ja zuverlässig für jede Menge Aufregung.

Was wäre zum Beispiel, würden die Menschen eines Tages erfahren, dass auch ihre Tomaten, ihre Gurken, ihr Duschwasser und das Beckenwasser im Freibad mit Uran geradezu verseucht sind? Dass in ihrer Wurst Uran ist, in ihrem Schweinebraten, im Kirschkuchen, in der Milch und in der Zigarette? Mehr noch - dass die gesamte Erdkruste etwa 2,3 Gramm Uran pro Tonne Erdreich oder Gestein enthält? Was quasi automatisch zur Folge hat, dass Trinkwasser, Böden und Nahrungsmittel voller Uran sind und sogar die Luft 0,04 Milliardstel Gramm pro Kubikmeter enthält. Bei einer mittleren täglichen Atemrate eines Erwachsenen von 20 Kubikmetern Luft gelangen daher etwa 0,8 ng Milliardstel Gramm Uran pro Tag in den Körper, im Erzgebirge und dem Mansfelder Land eher mehr, an der Ostsee eher weniger. Mit der Nahrung nimmt ein Erwachsener zusätzlich täglich bis zu 1,5 Millionstel Gramm auf - im Ergebnis enthält ein Mensch dann 30 bis 60 Mikrogramm Uran, mithin deutlich mehr als eine Mineralwasserflasche, und das ganz unabhägig davon, ob er viel Mineralwasser trinkt oder wenig.

Aber das ist vielleicht schon die nächste Geschichte: "Immer mehr Deutsche mit Uran verseucht" wäre etwas fürs Sommerloch im kommenden Jahr. Gut denkbar auch "Friseure müssen Kundenhaar als Sondermüll entsorgen" oder "Jeder Deutsche enthält 250.000 Atome aus Napoleon". Noch einfacher allerdings wäre der hier: "Kennedy bei Attentat ermordet", "Papst: Ich bin Katholik" oder "Mann vergisst seine Frau an Autobahn-Raststätte".

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Soviel Uran überall, daa sollte doch in Nanokraftwerken nutzbar zu machen sein.