Sonntag, 9. September 2012

Wulff-Jahre bei PPQ: Buch-Promotion per Gericht


Die gefallene First Lady Bettina Wulff hat ein Buch geschrieben - und nun wirft sie die Promotionmaschine an. SZ-Edelfeder Hans Leyendecker, bekannt geworden durch einen selbsterfundenen Zeugen einer Terroristenerschießung, durfte als erster zu Protokoll nehmen, wie sich die Frau des früheren Bundespräsidenten vor einem dreiviertel Jahr in ihrer Ehre gekränkt fühlte. Damals hatten verschiedene Qualitätsblätter mehr oder weniger unverhohlen Gerüchte zitiert, nach denen Bettina Wulff über ein "angebliches Vorleben" (SZ) verfügt haben soll.

Berichte, gegen die hat sich Bettina Wulff als Präsidentengattin seinerzeit nicht öffentlich gewehrt hat. Auch nach dem unfreiwilligen Abschied ihres Mannes aus dem höchsten Amt im Staate blieb Familie Wulff stumm. Erst jetzt, wo Bettina Wulffs erstes Buch vor der Veröffentlichung steht, entdeckt die 38-Jährige, wie hart sie die unbewiesenen Behauptungen getroffen haben: Beim bekanntermaßen promifreundlichen Hamburger Landgericht hat sie Klage gegen den Fernsehmoderator Günther Jauch und gegen den Google-Konzern eingereicht.

Ein Glücksfall für "Meine Sicht der Dinge", wie die radikale Richtigstellung der Ereignisse durch Wulff heißen wird. "Noch im September" (SZ) soll das Buch über das Leben im Präsidentenpalast erscheinen und der "Zerstörung" von Bettina Wulffs Ansehens in der Öffentlichkeit entgegenwirken, wie der emsige Hans Leyendecker recherchieren konnte.

Passenderweise hatte die Öffentlichkeit gerade vergessen, was da war, so dass Bettina Wulffs Initiative alle, die noch nichts davon gehört hatten, wieder neugierig auf das "angebliche Vorleben" (SZ) der früheren erste Frau der Republik zu lenken verspricht. unmittelbar nach Veröffentlichung ihrer Klagepläne schaffte es ein neun Monate alter "Stern"-Artikel über die Affären der Wulffs wieder in die Hitparade der meistgelesenen Beiträge. Bei Amazon stürmte Wulffs Werk binnen sieben Stunden von Platz 298 auf Platz 6.

Ja, die spektakulären Klagen gegen Jauch und Google garantieren Bettina Wulff ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit für ihr Büchlein - bereits im ersten Anlauf schaffte es die Nachricht in rund 5.000 Zeitungen, Zeitschriften, Online-Portale und Blog.. Von Günther Jauch erreichte Bettina Wulff damit die Erklärung, dass er nie wieder einen Zeitungsbeitrag zitieren werde, in dem das "angebliche Gemunkel in Berlin" (SZ) thematisiert worden war. Was er sicherlich auch nicht vorgehabt hat: Bettina Wulffs Schicksal war ja längst höchstens noch so spannend wie das von Brigitte Seebacher-Brandt oder Frau Steinbrück.

Google soll dafür sorgen, dass nach der Eingabe des Namens Bettina Wulff in der Suchzeile sofort Begriffe wie "Rotlichtvergangenheit" oder "Escort" als Trefferangebote auftauchen. Stattdessen, schildern Insider, würde man sich im Haushalt des Altbundespräsidenten freuen, wenn der Suchriese über seine "Autovervollständigen"-Funktion darauf hinwiese, dass Bettina Wulffs Buch auch als tolles 320-minütiges Hörbuch zu haben sein werde, das unter anderem ein "persönlich eingesprochenes Vorwort und ein kurzes Interview" (Focus) enthalte.

Das Ziel der Promotion-Aktion liegt also offen zutage: Such dir große Gegner, greif' sie laut schreiend an - und wirb´ so kostenlos für Dein Buch. Dass es dennoch keines der selbsternannten Leitmedien schafft, diesen offen vor aller Augen liegenden Zusammenhang auch nur in einem Satz zu benennen, muss Gründe haben. Nur erkennbar sind sie nicht...

Referenz von Fans: All the Presidents Men singen für Wulff die deutsche Bellevue-Version von "Behind Blue Eyes":

22 Kommentare:

Tom hat gesagt…

Interessant, dass Sie sich auf die Seite der Moborgane BILD und SPON schlagen.

Offenbar ist üble Nachrede für Sie nur üble Nachrede, wenn sie Ihnen genehme Personen trifft.

ppq hat gesagt…

auf die seite schlagen? ich verstehe das so, dass Sie sich von frau wulff erzählen lassen, dass ihre klage nichts mit dem erscheinen des buches zu tun hat.

ich dagegen sehe sehr wohl, dass der zeitpunkt passt - und sie bereit ist, eine in der öffentlichkeit längst vergessene geschichte wieder zum top-thema zu machen, wenn es dem absatz ihres werkes dient.

derzeit bei amazon biografien schon auf platz 6, die strategie geht auf

was die üble nachrede betrifft noch eins: sagen sie mir einen prominenten, von dem nicht irgendetwas übles als gerücht umgeht. das ist wohl teil des preises, der für erfolg in diesen kategorien zu zahlen ist

vakna hat gesagt…

Frau Wulff hatte kein Vorleben!
Sie wurde auf Wunsch und nach Angaben ihres späteren Ehemannes frisch gebacken, sofort unter Aufsicht verpackt und mit Eskorte zum Traualtar geliefert.

Anonym hat gesagt…

Naja, so ein Schmerz, der will natürlich erst einmal verarbeitet werden, bevor man die Anwälte feuern lässt. Zuvor war Frau doch geradezu überwältigt, geknickt und seelisch am Boden zerstört, ein mißverstandenes Vergewaltigungsopfer der Presse. sozusagen.

ppq hat gesagt…

selbstverständlich musste der schmerz verarbeitet werden. deshalb hatte wulkf ja schon im januar gerichtstermin in dresden, wo er das landgericht veranlassen wollte, seine frau vor einem foto zu schützen, dass ein agenturfotograf von ihr gemacht hatte. komischerweise reichte die kraft dazu damals durchaus, nicht aber für eine klage wegen des "angeblichen vorlebens".

das ende vom lied ist bekannt: als wulff mitbekam, dass die promoaktion für seinen amtsverbleib nach hinten losging (er hätte den prozess verloren), gab er 18 stunden vor dem ersten termin zur mündlichen verhandlung andere order: ""sag alles ab" (tocotronic)

da frau wulffs interesse an dem prozess offenkundig reines marketinginteresse ist, biete ich eien wette an: google & sie treffen sich nicht vor gericht. darauf setzte ich 50 euro. hält wer dagegen?

Tom hat gesagt…

@ppq:

Sie haben aber schon mitbekommen, dass der 'Stern', die 'Berliner Zeitung' und diverse Blogger bereits Unterlassungserklärungen unterzeichnet haben?

Was stört Sie egentlich am Vorgehen der Frau Wulff?

Dass sich hier jemand gegen die Kübel Unrats wehrt, die über ihn ausgeschüttet worden sind?

Ich möchte einmal erleben, wie Sie sich verhielten, wenn Blogger und Moborgane etwa das Gerücht verbreiteten, Sie stünden Abend für Abend vor der Reichkriegsflagge masturbierend auf Ihrem Hinterhofbalkon.

Anonym hat gesagt…

Kollege Tom siezt und versteht keinen Spaß...

ppq hat gesagt…

herr tom, das wettangebot steht...

kein mensch hat mher über diese gerüchte nachgedacht, sie für ehrenrührig (warum sollten sie das eigentlich sein?) gehalten oder über sie berichtet.

die einzige, die das ganze jetzt wieder in gang bringt, ist frau wulff selbst. dafür wird sie ja wohl einen grund haben, oder? die verteidigung eines rufes, der gar nicht mehr angegriffen wird, kann es nicht sein. also ist es was anderes. jetzt bei amozon auch mit buchcover!!!

ppq hat gesagt…

um das mit fakten zu untermauern: es hat zwischen mitte märz und ende august 2012 exakt drei berichte über das "angebliche vorleben" gegeben, alle drei stammten von zwei bloggern, alle drei bezogen sich nicht auf das "angebliche vorleben" selbst, sondern auf abmahnungen wegen früherer berichte darüber.

in ihrem kampf gegen diese nicht vorhandenen versuche, ihr übel nachzureden, hat BW es nun innerhalb von 36 stunden geschafft, mehr als 16.000 berichte produzieren zu lassen, die die üblen gerüchte aufgreifen und mit großer berechtigung nacherzählen, weil sie ja nur so schildern können, warum und wieso BW kämpft.

das wäre ein knieschuss, diente es nicht einem völlig anderen interesse als dem behaupteten.

da BW nicht doof ist, liegt der rest auf der hand

ppq hat gesagt…

frau wullf hat es nun schon auf platz 4 geschafft

Volker hat gesagt…

"Ich möchte einmal erleben, wie Sie sich verhielten, wenn Blogger und Moborgane etwa das Gerücht verbreiteten, Sie stünden Abend für Abend vor der Reichkriegsflagge masturbierend auf Ihrem Hinterhofbalkon"

@Tom.
Mal angenommen, jemand würde Dich so verleumden.
Was würdest Du machen?
Und vor allem: Wann?

Davon ab, kann es sein dass Du Mitarbeiter im Büro des Altpräsidenten bist?

ppq hat gesagt…

dazu könnte frau drygalla sicher etwas sagen

Gustaf Fröhlich hat gesagt…

"da frau wulffs interesse an dem prozess offenkundig reines marketinginteresse ist, biete ich eien wette an: google & sie treffen sich nicht vor gericht. darauf setzte ich 50 euro. hält wer dagegen?"

die 50 euro sind geschenkt. der egentliche skandal an der geschichte: wen ist hans leyerdecker einen gefallen schuldig gewesen?

Gustaf Fröhlich hat gesagt…

"da frau wulffs interesse an dem prozess offenkundig reines marketinginteresse ist, biete ich eien wette an: google & sie treffen sich nicht vor gericht. darauf setzte ich 50 euro. hält wer dagegen?"

die 50 euro sind geschenkt. der eigentliche skandal an der geschichte: wem ist hans leyerdecker einen gefallen schuldig gewesen?

ppq hat gesagt…

niemandem, wenn du dem sagst, hans, das hast du exklusiv, schreibt der dir auch, dass im himmel jahrmarkt ist

Tom (kein Mitarbeiter im Büro des Altpräsidenten) hat gesagt…

@ppq:

Sie fragen: "Warum sollten sie (die Gerüchte) eigentlich ehrenrührig sein."

Nun, nennen Sie mir e i n deutsches Gericht, dass derlei Gerüchte nicht als üble Nachrede betrachtet.

"die einzige, die das ganze jetzt wieder in gang bringt, ist frau wulff selbst."

Nein. Schon bevor das juristische Vorgehen der Frau Wulff öffentlich wurde, lieferten die Suchmaschinen bei Eingabe des Namens die entsprechenden Ergebnisse.

"dafür wird sie ja wohl einen grund haben, oder?"

Vermutlich möchte sie schlicht und einfach, dass ihr guter Ruf wiederhergestellt wird.

Sie fragen, weshalb sie jetzt erst klagt?

Keine Ahnung, aber anzunehmen ist doch wohl, dass zwischen Dezember 2011 und Frühsommer 2012 die Mobbingkampagne gegen ihren Mann im Vordergrund stand.

Und nun möchte ich Sie etwas fragen: Möchten Sie eigentlich in einem Land leben, in dem sich ein Mensch dafür rechtfertigen muss, wenn er gegen Rufmord vorgeht?

Tom

derherold hat gesagt…

"Möchten Sie eigentlich in einem Land leben, in dem sich ein Mensch dafür rechtfertigen muss, wenn er gegen Rufmord vorgeht?"

Vor allem möchte ich nicht in einem Land leben, in dem der BuPrä wg. Nichtigkeiten von einem Schweine-Journalismus zum Rücktritt gezwungen wird, vom gleichen Journalismus, der zusammen mit einem bis ins Mark korrupten Staatsapparat "Terrorzellen" und "Nazi-Anschläge auf Synagogen" inszeniert oder Mord/Totschlag deckt, wenn ihm der Täter nicht genehm ist.

... oder absurde Ablenkungsmanöver mit "Steuer-CD´s" oder ähnlichem fährt.

Daß man sich überhaupt Gedanken macht, was und warum ein Leyendecker etwas schreibt, zeugt von einer gewissen optimistischen Naivität. :-))

P.S. Das obige hat Christian W. allerdings mitgetragen.

Volker hat gesagt…

Damit es nicht in Vergessenheit gerät, möchte ich hier (wohlwissend, dass Tom nicht antworten kann) die Frage wiederholen:

Und vor allem: Wann?

ppq hat gesagt…

die frage muss vor allem lauten: warum google? warum nicht bing? tom spricht wahr, wenn er sagt, auch vor der klage fürhte die auto complete-funktion zu "rotlicht" und "artemis". das tut sie bei bing (wie bei google) immer noch. wird die klage von BW gegen google da bei bing etwas ändern?

wird der in der folge ihrer klage am 7.9.2012 bei wikipedia vorgenommene ergänzungseintrag, dass es rotlichtgerüchte um sie gebe, daraufhin verschwinden? ich setzte noch mal 50 euro

Kurt hat gesagt…

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert!

Daß die Dame ein Buch am Start hat, wusste ich bisher nicht. Das wäre aber eine plausibleste Erklärung für die ganze Verklagerei.
Außerdem ist PR ihre Kernkompetenz. Warum soll sie nicht irgendetwas aufbauschen, um ins Gerede zu kommen?

Die 50 Euro kann ich nicht gewinnen, weil ich nicht dagegenwetten kann.


Gustaf Fröhlich hat gesagt…

"Außerdem ist PR ihre Kernkompetenz"

Das ist auch so ein Ding der Neuzeit, daß alles mögliche, wo sich ein Mensch wichtig fühlen muß, mit dem Präfix "Kompetenz" garniert wird .. auch wenn da gar keine Kompetenz drin ist.

Mal sehen, wann das Wort "Regierung" durch den Begriff "Kompetenzzentrum Macht" ersetzt wird ..

ppq hat gesagt…

man muss aber zugeben, dass sie das jetzt sehr gut macht. wirft ihren ruf in die schlacht, um ein buch zu verkaufen.

aber wenn man liest, dass die familie zeitweise - nach allen abzügen - mit 3500 euro im monat auskommen musste... das ist schon schwer, da muss neues geld rein, irgendwie