Samstag, 17. Dezember 2016

Fake News: Erst teilen, dann sitzen

Wer künftig solche Falschmedlungen verbreitet, kann im Gefängnis landen.
Lange hat Bundesjustizminister Maas das wilde Herumgedichte von allerlei Praktikanten und unterbezahlten Agenturabschreibern in den Leitmedien mit Engelsgeduld ertragen. Selbst als verrückte Erfindungen die Runde machten, nach denen die Bevölkerung nach einem Bundespräsidenten Steinmeier dürstet, glücklich darauf wartet, Angela Merkel wiederwählen zu dürfen und den EU-Aussteiger Martin Schulz für eine tolle Alternative zur Kanzlerin hält, schaute der Justizminister dem Treiben von Stern, Welt, Spiegel und Co weiter geduldig zu.

Jetzt aber soll damit Schluss sein. Nach dem Auffliegen von  Falschmeldungen über einen
Fünfjährigen, der nach übereinstimmenden Angabe nahezu aller deutschen Leitmedien in den Armen des Weihnachtsmannes gestorben sein sollte, plant die Regierung nach den Worten von SPD-Fraktionschef Oppermann ein Gesetz gegen Falschnachrichten. Der Entwurf soll nach der Weihnachtspause erarbeitet werden und drastische Strafen gegen Urheber und Weiterverbreiter fragwürdiger Inhalte vorsehen. Wer mit "manipulativen Knoten" (Gerald Hensel) Meinungspullover strickt, soll in Zukunft dafür haften.

Auch Oppermann selbst wird sich künftig mäßigen müssen.
Die Große Koalition will damit alle Quellen im Netz zum Kampf gegen Falschnachrichten und Hassbotschaften verpflichten. Wer mit als Nachrichten verkleideten Märchen versuche, Quote zu machen, dürfe sich heute schon auf eine "härtere Gangart" einstellen, kündigte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im "Spiegel" an. Geplant ist nach Angaben von Oppermann, marktbeherrschende Plattformen wie Spiegel, Bild und andere durch Zentralredaktionen und die staatliche Danachrichtenagentur DPA mit gleichlautendem Nonsens beschickte Internetseiten gesetzlich zu verpflichten, eine sogenannte Rechtsschutzstelle zu errichten. Diese solle an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden erreichbar sein.

An die Rechtsschutzstellen in den Redaktionen sollen Betroffene sich wenden können, wenn sie glauben, dass sie Opfer von Falschnachrichten geworden sind. "Wenn die Zeitungen und Magazine die betreffende Meldung nicht unverzüglich binnen 24 Stunden löschen, müssen sie mit empfindlichen Bußgeldern bis zu 500.000 Euro rechnen", erläuterte der SPD-Fraktionschef. Dafür zuständig wäre ein Aufgebot an sogenannten Sitzredakteuren, die im Falle von entdeckten Fake News bereitstehen, um fällig Ersatzhaftstrafen abzubüßen.

Zudem müsse es auf Wunsch der Betroffenen eine "Richtigstellung mit der gleichen Reichweite geben". Ab sofort gelte das Motto "Erst teilen, dann sitzen", hieß es im politischen Berlin zu dem gemeinsamen Vorhaben von SPD und CDU, die den Plan zur Wahlkampfvorbereitung ohne Störgeräusche miteinander abgestimmt hatten. Unionsfraktionschef Volker Kauder bestätigte: "Jetzt werden wir in der Koalition gleich zu Beginn des kommenden Jahres handeln." Die Medien müssten "zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung gezwungen werden", da sie von selbst nicht für News-Hygiene sorgen, sondern immer wieder auf professionell hergestellte Falschmeldungen hereinfallen oder sie gar selbst hanebüchene Horrorstorys produzieren.

Kauder plädiert außerdem dafür, dass die Betroffenen einen Anspruch auf Auskunft bekommen, um herausfinden zu können, von wem die Hetzreden stammen. Nachrichtenagenturen und Magazine vermeiden es oft, die Hersteller von üblen Räuberpistolen namentlich zu nennen, um die Spuren zu den Verantwortlichen zu verwischen. Der CDU-Politiker nannte es zudem überlegenswert, Beleidigungen im Internet wegen der weltweiten Verbreitung härter zu bestrafen als im Normalfall des Kleingedruckten im Lokalteil.





6 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

Wie überall im Leben trifft auch für die Fake-News-Hysterie die alte Weisheit: "Nur was ich selber denk und tu, das trau ich auch dem andern zu".

'2 links, 2 rechts, eine fallenlassen' ... hat gesagt…

Sehr schön:
der "Meinungspullover" gemacht aus "manipulativen Knoten"....
Reich behängt mit Wortgirlanden.
Mit welchen Stricknadeln gestrickt?
;-)

ppq hat gesagt…

mit verstricktnadeln natürlich

Gernot hat gesagt…

Deutlich wird die wahre Absicht hinter diesen Bestrebungen, erinnert man mal an ohnehin vorhandenes Strafrecht in Gestalt der §§ 186 und 187 StGB (Üble Nachrede und Verleumdung), wonach die Behauptungen unbeweisbarer ehrenrühriger angeblicher Tatsachen und die Behauptung wissentlich unzutreffender ehrenrühriger Tatsachen über eine Person "schon immer" strafbar waren.
Wenn die Behauptung nicht geeignet ist, "verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen", (z.B. "Frau Merkel ist schön") ist ja auch keine Bestrafung erforderlich.
Es kann sich also bei den Plänen nur um Meinungsregulierung (und natürlich der Kunstzensur, z.B. von Satire) handeln.
Seltsamerweise habe ich noch nirgends einen Hinweis auf dieses gegebene Strafrecht gelesen. Stattdessen wird der Eindruck erweckt, Menschen, besonders Politiker, wären hilflose Opfer von Falschnachrichten.

ppq hat gesagt…

ich schwanke noch zwischen dem glauben, dass es sich wirklich um ein riesenmanöver zur aushebelung der meinungsfreiheit handelt, und der annahme, dass die generation der maas, schwesig, oppermann und wieheißtdiegrünenoch mangels histroischer kenntnisse nicht wissen, wie hart die bandagen waren, mit denen der meinungskampf zwischen links und rechts etwa in den 70er und 80er jahren ausgefochten wurde.

diese gesamte truppe hat doch nie erfahren, wie es zugeht, wenn es hart zugeht. zeit ihrer karriere waren sie nicht darauf angewiesen, sich wirklich durchzusetzen und für positionen zu kämpfen. es lange völlig, sich an der gefühlten gesellschaftlichen mehrheit zu orientieren und zu tun, wovon man annahm, dass es ausreicht, die leute mit den sicheren listenplätzen zu versorgen.

erstmals seit dem parteienkonflikt zwischen einheitsgegnern (ja, die gab es) und einheitsbefürwortern sind derzeit wieder konflikte zu sehen, die sich nicht durch die notenpresse befrieden lassen. stellte man sich vor, es käme wirklich, wovon perspektivisch auszugehen ist, zu einer erneuten finanzkrise, diesmal ausgelöst durch die weltumspannende finazblase, die die zentralbanken im auftrag der politik zu verantworten haben - ja, was denn dann? eine krankheit, die durch zu viel geld ausgelöst wird, lässt sich nicht mal mehr durch noch mehr geld eindämmen.

ich möchte diese wankenden, furchtsamen, bei jeder gelgenheit an der gesetzesschraube drehenden gestalten nicht in einer echten krise erleben. sich kriechen ja schon vor furcht unter den tisch, wenn draußen der bachmann donnert.

ein kampf um marktplätze, die hoheit über (digitalen) stammtischen oder eine auseinandersetzung mit politischen gegnern (mittlerweile teilen ja alle parteien denselben) ist doch mit diesem personal einfach unvorstellbar geworden.

suedwestfunk hat gesagt…

Könnte es sein, dass eine Mehrheit der Politiker und Medienschaffenden sich in einem zunehmend aussichtslos werdenen Krieg mit der Realität befindet? Da werden wohl noch einzelne Schlachten (etwa gegen Leute mit abweichender Wahrnehmung) gewonnen, aber alles in allem läuft es auf unconditional surrender hinaus - oder?
Bezahlen müssen solche Niederlagen erfahrungsgemäß weder Urheber noch Mitläufer.