Freitag, 1. September 2017

Wahlkampfeinsatz: Steinmeier am Tiefpunkt

Er ist der Bundespräsident, und er ist entsetzt, empört, ratlos. Seit Alexander Gauland „entsorgen“ gesagt hat, weiß Walter Steinmeier nicht mehr Aus noch Ein. Deutschland erlebe derzeit "einen Tiefpunkt in der politischen Auseinandersetzung", sagte das Staatsoberhaupt dem Berliner "Tagesspiegel". Wer heute die Ideen und die menschenverachtende Sprache von damals im Wahlkampf benutze, vergifte das Klima „in unserem Land“, so der Sozialdemokrat, der aus dem Schatten Gerhard Schröders trat, als er im Herbst 2008 gemeinsam mit Franz Müntefering beschloss, den damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt "Mecki" Beck zu „entsorgen“ (Stern).

Mit Müntefering hatte Steinmeier eine Hand gefunden, zu der ein Mund gehörte, der keine Scheu vor klaren Worten kannte. Bei „Münte“, wie sie ihn in der SPD nannten, wurde „ausgemerzt“ und Menschengruppen wurde mit Tiervergleichen überzogen, dass es für jeden Hassprediger wie ein Fortbildungsseminar war. Der Sprach­for­scher Uwe Pörksen betrachtete Mün­te­fe­rings ge­fähr­li­chen Umgang mit Metaphern und warnte im „Spiegel“: „Ein fataler, ihre Adressaten brutal erniedrigender Assoziationsraum sind die Feindbilder der NS-Zeit, die Bilder von Parasiten, Maden, Ungeziefer und die zu ihnen gehörenden Tätigkeitswörter: ausmerzen, vertilgen, vernichten. Mit Recht gilt die Grenze vor dieser Sprachwelt als unüberschreitbar.

„Entsorgen“ war nun nicht dabei, denn entsorgt wird in der Sozialdemokratie traditionell gern und oft. Als die CDU ihren glücklosen Ministerpräsidenten Oettinger in Brüssel entsorgte, nannte EU-Kommissar Günther Verheugen (SPD) die Nominierung eine "Entsorgungsaktion". Der SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs kündigte gar an, Merkel „entsorgen" zu wollen. Und Siegmar Gabriel, dem Steinmeier seinen Posten zu verdanken hat, wollte schließlich sogar die ganze Regierung entsorgen. Für Walter Steinmeier damals kein „Tiefpunkt in der politischen Auseinandersetzung“. Nicht einmal, als der damalige ukrainische Ministerpräsident Jatzenjuk ankündigte, „Untermenschen ausmerzen“ zu wollen, vergiftete das das Klima. Oder jedenfalls beschwerte sich der damalige Außenminister nicht darüber.

Der Schock darüber, dass jemand so spricht, setzt erst jetzt ein, dafür aber besonders heftig. Steinmeier, als Bundespräsident in einem lauen, flauen und eigentlich kaum wahrnehmbaren Wahlkampf, der alle wichtigen Fragen auf leisen Pfoten umgeht, eigentlich zu Zurückhaltung und strikter Neutralität verpflichtet, wirft sich wie ein Löwe auf den politischen Hauptgegner.

Der Mann, der den US-Präsidenten einen „Hassprediger“ nannte und ihn auf eine Stufe stellte mit den Inspiratoren von Terroranschlägen, ist die glaubwürdigste Instanz dafür.




5 Kommentare:

David hat gesagt…

Die Reihe der erbärmlichen Bundespräsidenten wird mit Steinmeier nach den Gauckschen Tiefpunkten erwartungsgemäß fortgsetzt.

Anonym hat gesagt…

Ich dachte Steinbrück wäre Bundespräsident. Vielleicht ist er es oder Schulz ist es und die Presse kramt immer das falsche Bild raus und meldet nur noch Zeug aus einem Online-Newsgenerator, wer soll denn all die Klone überhaupt noch unterscheiden.

Die Anmerkung hat gesagt…

@David

Merkel duldet niemanden über sich. Insofern ist ihre Auswahl für die Präsidentendarsteller nur konsequent. Jeder der devoter und feiger als sie selber ist, wäre für das Amt geeignet.

Ich las heute, sie wolle selber eine Talgshau führen, das liege ihr mehr als rumzukanzlern. Da ist wohl was dran.

Anonym hat gesagt…

@ David: Geliebter mein, wie wäre es mit deinem Stammes-Chaver Maaßen? Oder doch Schack Schüstér? Der IM Notar kommt wohl weniger in Betracht, denn er ist eher ein Mamser, nebbich ...

andreas marc berneth hat gesagt…

Ach so markige Wort ja - aber man muss auch erstmal vor der eigenen Haustüre kehren. So ist das politische Aussage treffen manchmal wie ich es sehe - viel gesagt aber wenig gemeint. Wie aber will man unmenschliche Automatismen in einer Ellbogenwirtschaft -die vielleicht noch emotional wahrgenommen werden- anders ausdrücken als mit Tierweltvergleichen. So steht ja auch in diesem Artikel unser Präsident stürzt sich wie ein Löwe auf den Hauptgegner. Viele Grüße Namaste