Freitag, 26. Oktober 2018

Niedergang der Linken: Der stille Tod der SED

Ein Auf und Ab ohne echten Aufwärtstrend, dafür aber mit immer niedrigeren Spitzen.
Angesichts des Überlebenskampfes der SPD, vor 155 Jahren gegründet und wenig später auch Mutter dessen, was nach zahllosen Verpuppungen und Wiedergeburten heute als Die Linke versucht, linksaußen Extremismus und Wohlstandsbürgerlichkeit zu vereinen, ist der Niedergang der ehemaligen SED/PDS völlig aus dem Blick geraten. Dabei ist die Tendenz eindeutig: Die Linke ist knapp drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung nur in zehn Landesparlamenten vertreten, davon liegen nur vier in Westdeutschland, davon sind drei kleine, bedeutungslose Länder wie das Saarland und die beiden Stadtstaaten Bremen und Hamburg.

Die stärkste Fraktion mit deutlich mehr als 20 Prozent der Stimmen hält die Linke im Landtag von Thüringen, doch schon bei der nächsten Wahl droht hier der Verlust der Regierungsverantwortung. Bei bundesweiten Wahlen stagniert die Partei mit Tendenz nach unten: 2009 holte sie noch 11,9 Prozent der Stimmen bei der Bundestagswahl, 2017 nur noch 9,2.

Statt 16 Direktmandate zu erobern, schafften linke Politiker nur noch fünf, statt drittstärkste Partei zu werden, ist sie nun nur noch fünftstärkste. In den Ländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern ist die Linke stets an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, seit 2012 sitzt sie nach einer Wahlperiode Mitgliedschaft auch nicht mehr in den Landtagen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Im Januar 2013 verfehlte sie den Wiedereinzug in den Landtag von Niedersachsen, im Oktober 2018 erneut den in den Landtag von Bayern.

Trotz Vereinigung mit der westdeutschen WASG vor zehn Jahren steht die Linke immer noch dort, wo sie als SED stand: Eine ostdeutsche Regionalpartei, überaltert, halb Kopie der Grünen, halb rotlackierte SPD. Bringen frühere Wähler der Sozialdemokraten ihrer einstigen Lieblingspartei aber oft zumindest noch Bedauern entgegen, weil es irgendwie schon traurig ist, dass eine Partei, die Kaiser, Krieg und friedliche Koexistenz überlebt hat, nun an thematischer und personeller Auszehrung stirbt, wird vom nahenden Ableben der ehemaligen SED kaum Notiz genommen. Für 50 Millionen Westdeutsche hat die Linke nie existiert. Wäre sie weg, würde sich überhaupt nichts ändern.

Der WASG-Effekt, der die vereinigte Linke kurzzeitig beflügelt hatte, ist bereits wieder völlig verpufft. Und "#Aufstehen", der Versuch von Wagenknecht und Lafontaine, dem unausweichlichen Niedergang durch eine neue "Sammlungsbewegung" zu entgehen, hat nicht einmal vier Wochen lang für einen Hauch Optimismus gesorgt.

Ein Desaster, das nur deshalb keinerlei öffentliche Aufregung verursacht, weil selbst solidarische Medienarbeiter nicht glauben, dass große Nachrufe, wie sie nach jeder Wahl in Bund und Land über die SPD verfasst werden, die Linke betreffend noch irgendjemanden interessieren könnten. Gregor Gysi, der inzwischen 70-jährige frühere Retter der SED, ist immer noch der bekannteste, und für weite Teile der Bevölkerung der einzige sympathische Politiker der Linken. Neben ihm, der sein Gnadenbrot mittlerweile als Vorsitzender der Europäischen Linken verdient, irrlichtern streitsüchtige Gestalten wie Sahra Wagenknecht und Katja Kipping, Oskar Lafontaine und Dietmar Bartsch durch die Parteienlandschaft. Den Namen Bernd Riexinger haben viele Menschen nicht nur in Wiesbaden, Frankfurt und Bochum noch nie gehört.

Ist aber auch egal. Denn wer in der Linken genau welche Rolle spielt und für welche Politik steht, ist nicht einmal an der Parteibasis bekannt.

Die Landtagswahl in Hessen wird in dieser prekären Situation, in der die großen Linien der Politik an der Linken vorüberrauschen wie ein Bergbach am Gipfel zum Existenzkampf der Linkspartei. Die konkurrierende SPD droht in Hessen fast zehn Prozent zu verlieren, weil sie, so die Parteispitze, nicht sozial genug ist. Genug Stimmen eigentlich, damit die Linke als linkes Original endlich auch mal irgendwo in einem Westdeutschen Flächenland zweistellig werden kann. Doch nein, Umfragen zufolge reichen die absehbaren SPD- und CDU-Verluste von zusammen mehr als 22 Prozent gerademal, um der Linken 2,8 Prozent Stimmenzuwachs einzubringen. Den stattlichen Rest kassierten Grüne, AfD und FDP.

Für die ostdeutsche Klientelpartei der Rentner, Abgehängten und Kämpfer gegen rechts bleibt nur der Katzentisch, an dem sie - von einigen Ausnahmen abgesehen - in den letzten drei Jahrzehnten ihren Stammplatz hatte. Dort wird sie nun noch eine Weile an ihrem Gnadenbrot kauen, konzeptionell entleert, ohne Idee, wozu die Partei eigentlich für wen mit welcher Politik wohin unterwegs sein will.

2 Kommentare:

derherold hat gesagt…

Na ja, die SED/Linkspartei hat schon eine Funktion: die Zuistimmung zu aggressivem Finanzkapital und imperialistischen Kriegen (Dimitroff, 1932) "links" abzusichern.
Man konnte wunderbar beobachten, wie nach jedem Angriffsbeginn, ob in Yemen, Libyen oder Syrien sofort ein Politiker der Linkjspartei (häufig ein Herr van Aken) aufsprang, um eher "deutsche Waffenlieferunmgen" anzuprangern ... die es in die o.g. Länder gar nicht gab.

Ich mußte lachen, als eine Illustrierte von Wagenknecht als der "mächtigsten Frau Deutschlands" schrieb, da sie so häufig in TV-Talkshows anwesend sei ... mächtig sind die, die sie einladen.

derherold hat gesagt…

Markenkern der Linkspartei ?
Als große Israel-Freunde wurden/werden P. Pau, B. Ramelow, Nagel installiert. Eine "vereinfachte" Kapitalismuskritik mit Verweis auf "Finanzkapital" wird vom Feuilleton des ND kritisiert. van Aken und Atlantikbrücken-Liebich stehen für die NATO zur Verfügung.

Es war klar, daß die Linkspartei mit ihrem antideutschen Kurs in Ostdeutschland abschmieren würde und deshalb sollten (durch TV-Präsenz gestärkt) in Westdeutschland neue Stimmen und Pfründe gesichert werden.

Dieser Kurs wird etwa seit 2010 eingeschlagen. DANACH ist man aus den Landtagen in NRW, Schleswig-Holstein und Niedersachen ´rausgeflogen. :-))

In Ostdeutschland versucht man mit Wählermobilisierung (Beteiligung an der Regierung) Stimmenanteile zu halten; in Ostberlin redet der Bez.bürgermeister von Pankow, Sören Benn, als sei er Mitglied in der AfD. "Frischluftzonen" müssen herhalten, damit den Genossen kein Wohnungsbau vor die Nase gesetzt wird.