Mittwoch, 27. November 2019

Im Sinkflug: Greta-Aktie auf den Spuren von Tier-Spezi


Die Charts gleichen sich, wie auch die Geschichten sich gleichen. Mit einer springflutartigen Welle an Empfehlungen drückte der in Spammerkreisen heute noch berühmte "Dr. Temporio" vor zwölf Jahren die Aktie einer angeblich kurz vor der Weltherrschaft im Tierfutterbereich stehenden "Tier Spezi" AG in die Depot tausender Kleinanleger. Mit ähnlicher Kraft schaffte es ein jahrzehnt später eine 16-jährige Schwedin in die Gedankendepot einer ganzen Nation: Greta Thunberg verkörperte den Weckruf der geplagten Schöpfung, eine moralische Instanz  von 1,60 Metern Höhe. Dass sie die Wiedergebut auch des Tier-Spezi war, wurde lange nur in verschwiegenen Börsenforen diskutiert.

Dort trauern immer noch Menschen der Jahrhundertchance nach, die die Firma "mit ihren selbstproduzierten Produkten aus Osteuropa und Asien" im "Markt der Tierartikel" sein wollte. Dort, wo lauter Tierliebhaber unterwegs sind, die "das breite Sortiment und das grossartige Preis-/ Leistungsverhaeltnis" des Schweizer Hundefutter-Start-Ups schätzten, fand Dr. Temporio seinerzeit seine Jünger. Tier-Spezi vertrieb "seine Produkte ausschliesslich ueber das Internet mit jaehrlichen Umsatzspruengen" und als eine Art Zalando für Katzenfreunde und Pferdehalter würde die Firma ab sofort, so hieß es damals, ihre vortrefflichen Produkte "an eine wachsende Zahl von Kunden veräussern".

Zu Preisen natürlich, die "zum Teil deutlich unter denen der Wettbewerber" lagen, weil die Spezi-Manager auf einen ganz cleveren Trick verfallen waren: Sie ließen selbst in Asien fertigen, was andere nicht konnten, weil ihnen der Gedanke nicht gekommen war.

Die Weltherrschaft von Dr. Temporio und Tier-Spezi schien nahe und unausweichlich. Eine Szenerie, die zwölf Jahre später wieder aufschien, als Greta Thunberg auf die Bühne trat: Bis zum Antritt ihrer großen Segelreise dominierte die kleine Schwedin die Schlagzeilen wie vor ihr jahrelang die Flüchtlingskrise. Nur noch eine Zeitfrage war es, wann Thunberg die Führung der Welt übernhemen würde, EU-Kommissionpräsidentin, Uno-Chefin, amerikanischer Präsident oder Nato-Chef.

Doch irgendwo in der Rechnung war ein Fehler, der an die Hochzeit des Tier-Spezi-Hypes erinnert. Während die Tier-Spezi-Aktie von ihren einstigen Höchstständen bei über 1,20 Euro auf einen Stand abgesackt ist, der sich mangels Börsenhandel nicht mehr ermitteln lässt, schickt sich auch die Greta-Aktie an, Tag für Tag neue Tiefststände anzuvisieren.

Kaum noch drangen die gewohnten ad hoc-Meldungen mit neuen Ansichten Thunbergs zu diesem und jenem über den Atlantik, mit der Frequenz der Präsenz der 16-Jährigen sanken auch ihr Stellenwert als Waffe im Kampf um die Zukunft und ihre Bedeutung als moralische Instanz. Allenfalls mühsam erfundene Nuhrvergleiche verhalfen dem ehemaligen Trend-Thema zuletzt noch zu vorübergehender Aufmerksamkeit. Erfahrene Propagandisten wissen allerdings: Das ist eine Tür, hinter der die Treppe zum Abstieg in den Aufmerksamkeitskeller wartet.

Die Aktie Greta (Chart oben) torkelt seitdem der Bedeutungslosigkeit entgegen. Ein Wertpapier ohne Wert, an dem nur noch Erinnerungen hängen, nicht mehr aber die Erwartung, es könne eines Tages doch noch Profit abwerfen, hier im Sinne von globalen Veränderungen, die dem globalen Klima-Social-Network "We don't have time" Milliarden neue Nutzer zuführen und seinen Initiatoren so helfen, ihre Einlagen zu vervielfachen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wenn Popstars aus den Hitparaden rutschen, machen sie gern mal ein Duett oder eine Collab wie die Kids heute gern sagen. Manch komplette Langspielplatte (Langspieldatei) besteht heute aus Collabs, was besonders günstig ist, wenn die Collab-Partner bei der gleichen Produktionsbude angestellt sind (Synergien in der Sprache der Wxr im mittleren Management). Ich schweife ab.
Die Collab, die sich hier anböte, wäre der Einmann-Mummenschanz Greta kombiniert mit dem Event-Mummenschanz XR. So könnte man noch eine Weile in den Schlagzeilen-Hitparaden durchhalten.