Donnerstag, 29. Oktober 2020

Karl Lauterbach und die Grundrechte: Auf Abruf

Karl Lauterbach, im Gemälde noch mit Fliege.
Er ist ein kleiner, schmaler Mann, der im ersten Moment schon unsympathisch wirkt. Karl Lauterbach strahlt Unruhe aus, Unruhe und Unduldsamkeit, seine Gesichtszüge wirken knitterig und sein Blick unstet. Der SPD-Bundestagsabgeordnete, Sozialdemokrat, seit er der CDU den Rücken gekehrt hat, fiel in den ersten Jahren seiner mit Sägestimme und ohne Scham verfolgten Politikerkarriere ausschließlich dadurch auf, dass er eine Fliege zu tragen pflegte wie im nebenstehenden Ölgemälde des als "Kümram" bekanntgewordenen Malergenies Severin Jagenberg.  

Die legte er später ab, gerade noch rechtzeitig, um zu einem auf den ersten Blick seriös wirkenden Bundescoronatalkshowsprachrohr zu werden: Lauterbach, der Medizin studiert hat, aber mit seinem Anspruch, eines Tages Bundesgesundheitsminister zu werden, von seiner neuen Partei bis kurz vor Corona ganz weit links liegengelassen worden war, tauchte beinahe jeden einzelnen Tag seit Ausbruch der Seuche irgendwo in einer Talkshow auf wie Corona-Kai aus der Kiste. Und er warnte, mahnte, forderte, rechnete hoch und drohte. 

Die Cassandra aus Düren

Die Nachfrage nach der Cassandra aus Düren ist hoch. Keiner vermag mehr Zischlaute in einem Satz unterzubringen, niemand schafft es, perfekter Panik zu verbreiten, indem er vor Panikmache warnt. Karl Lauterbach, mit 58 im besten Alter für den finalen Karrieresprung in ein Staatsamt, scheint die Medizin der Stunde. Er selbst selbst wirkt in dieser Phase seiner Laufbahn geradezu entgrenzt. "Ich will, das ihr Panik habt", lautet der Grundton seiner Rede, abgeschaut von der derzeit abgetauchten Klima-Aktivistin Greta Thunberg.

Lauterbachs Fantasie ist dabei unerschöpflich.  "Die Unverletzbarkeit der Wohnung darf kein Argument mehr für ausbleibende Kontrollen sein", hat der Sozialdemokrat gerade festgelegt als käme er eben mit den neuen Gesetzestafeln vom Berg Sinai. Kontrollen in privaten Räumen, die unter Verdacht stehen könnten virusverbreitende Ansammlungen zu beherbergen, müssten in "einer nationalen Notlage, die schlimmer als im Frühjahr werden kann" den grundgesetzlich garantierten Schutz der Privatsphäre verlieren, verriet Lauterbach der "Rheinischen Post". 

Das Private als Gefährdung des Kollektivs

Das Private als Gefährdung des Kollektivs, die illegale Zusammenrottung als Bedrohung der Volksgesundheit - nach Lauterbach schlägt nicht die Stunde der Rückkehr der Stasi-Hauptabteilung VIII, die "konspirative Durchsuchungen" bei DDR-Bürgern durchführte, sondern die einer Einsatzeinheit ganz anderen Kalibers. In seiner Idee, bei "privaten Feiern in Wohnungen und Häusern, die die öffentliche Gesundheit und damit die Sicherheit gefährden", "Behörden einschreiten" (Lauterbach) zu lassen, verschwindet das Verschmiemelte, vor der eigenen Courage bei der Missachtung von Grundrechten doch irgendwie immer noch insgeheim Erschrockene der SED-Herrschaft. Karl Lauterbach will offen handeln, Schrecken verbreiten, einen strafen und Millionen erziehen, um "die massive zweite Welle brechen zu können".

Das Grundrecht auf Gesundheit, von dem im Grundgesetz nur über den Umweg der "körperlichen Unversehrtheit" die Rede ist, sticht bei ihm ganz beiläufig die von Art. 13 Unverletzlichkeit der Wohnung. Karl Lauterbach beruft sich dabei auf Artikel 13, Absatz 3, der "Eingriffe und Beschränkungen zur Bekämpfung von Seuchengefahr" gestattet. Natürlich gelte  die „Unverletzlichkeit der Wohnung“ weiter, hat er seine Forderung nach ersten Protesten konkretisiert. "Aber wir dürfen nicht zulassen, dass mit 30 Leuten private Feiern stattfinden wenn die Kneipen im Shutdown demnächst geschlossen sind."

Kontrollieren, ohne zu kontrollieren

Das eine tun, das andere aber nicht lassen, private Wohnungen kontrollieren, ohne sie zu kontrollieren, einschreiten, ohne Grundrechte zu verletzen - Karl Lauterbach, den die SPD-Basis bei der Wahl zum Parteivorsitzenden mit nur 15.000 hart abgestraft hatte, sieht sich als Prophet eines nahenden Untergangs, der nur noch mit Maßnahmen des übergesetzlichen Notstands aufzuhalten ist. Niemand hat die Absicht, Grundrechte einzuschränken. Nur wenn es der "Wellenbrecher-Shutdown" (Lauterbach) nötig macht. Lauterbach wagt viel, wenn er Karl-Heinz Rummenigges Ausspruch von der "letzten Patrone" zitiert.

Der frühere Fußballer und spätere Fußballmanager war vor zehn Jahren wegen dieser Formulierung von Lauterbachs Genossen Ulrich Kasparick wegen Volksverhetzung angezeigt worden.


12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es sind die vielen Lauterbachs, die im besten aller Schlands Karriere machen, während die wirklich klugen Köpfe sich von dieser dem Irrsinn verfallenen Filzokratie mit Grausen abwenden.

... und komme mir hinterher keiner der mitlaufenden Dekadenzbüttel und behaupte, er habe nix geahnt, nix gewusst. Soooo blöd kann der angeblich mündige Bürger doch gar nicht sein! Oder etwa doch?

Dann nützen auch die besten Grundrechte nichts.

Anonym hat gesagt…

Der Begriff Volksverhetzung ist ja wegen seiner Implikation, dass es ein Volk gäbe, für sich schon Volksverhetzung.

Volker hat gesagt…

Weil hier der Name Kasparick fiel, habe ich wieder mal seine WebSite angeklickt.
Der Fall ist klar, Kasparick braucht professionelle Hilfe. So verliebt wie der in seine NS-Führung ist, das hat´s in den tausend Jahren nicht gegeben.
Kann für den jemand einen Termin mit der nächstgelegenen psychiatrischen Praxis vereinbaren?
Oder sollte man dem sozial-psychiatrischen Dienst einen Hinweis geben?

Anonym hat gesagt…

https://www.journalistenwatch.com/2020/10/29/eilt-messerattacke-kirche/

Carl Gustaf hat gesagt…

O-Zitat Karl Lauterbach "Es war nicht alles schlecht in der DDR"

Anonym hat gesagt…

eilt-messerattacke-kirche?

Wir empfehlen 'Vergleichgültigung und mürrische Indifferenz' (Herfried Münkler, 2016)

Gernot hat gesagt…

`Carl Gustaf hat gesagt...

O-Zitat Karl Lauterbach "Es war nicht alles schlecht in der DDR"´

Es war aber auch nicht alles schlecht in der Demokratie!

Anonym hat gesagt…

Was ich von dem halte, und was ich mit ihm tun würde, könnte ich, wie ich wollte, habe ich schon gelegentlich angedeutet, als er noch Komsomolzen-Ullas Hofnarr war. Aber es ist Wunschdenken, Eskapismus, eitel, eitel, alles ist eitel und ein Haschen nach dem Wind.
Halbgott in Weiß

Anonym hat gesagt…

Soooo blöd kann der angeblich mündige Bürger doch gar nicht sein!

Mit Gerhard Polt (Leasingvertrag): Doch, das geht.
So gibt es Bematschte, die ernstgemeinte Briefe an Sherlock Holmes schreiben, Fanpost oder Bitten um Ratschläge, wie kleine Kinder, die Briefe an den Weihnachtsmann nach Himmelpfort schreiben. Hätte der Kerl je gelebt, wäre er fast 180 Jahre alt.
Und es gibt der Beispiele mehr und viel.
(Welthauptstadt Germania - na, lassen wir das.)
Halbgott in Weiß

Jodel hat gesagt…

Immer wenn ich Herrn Lauterbach sehe und höre, muss ich an einen Politkommissar in der Sowjetunion so um 1923 denken. Ich hoffe, ich tue dem guten Mann nicht unrecht aber ich bringe dieses Bild einfach nicht mehr aus meinem Kopf.
Wenn ich Filmproduzent wäre und einen Darsteller für so eine Rolle brauchen würde, wäre
Herr Lauterbach meine Traumbesetzung.

Volker hat gesagt…

@Jodel
Der Gedanke ist nicht mal schlecht.
Ich meine, die Halbwertszeit der Politkommissare von 1923 war ja nicht die höchste.
Im Jahr 1939 gab es nicht mehr viele die berichten konnten, was 1923 gelaufen ist.

Anonym hat gesagt…

die Halbwertszeit der Politkommissare von 1923 ---

Traun fürwahr, äh, kann man wohl so sagen. Die Edellinken von den Ketzerbriefen deuten es ja so, daß der böse Stalin ab etwa dann die wahren Bolschewisten - kein wahrer Bolschewist tut Zucker auf seinen Haferbrei - umgenietet hätte.

Auch eine ihrer (Peter Priskil z.B.) Macken: Der soziale Grenzbereich könne "ein wertvoller Verbündeter" sein - nach Solshenizyn aber hatte Väterchen so 2-3 Jahre vor seinem Ableben die richtige Einsicht gewonnen, daß eben nicht, und die Strolche daraufhin in deutlich schärfere Zucht genommen.