Samstag, 13. März 2021

HFC: Nur die Stimmung ist besser

Der HFC braucht neue Energie. Aber woher nehmen?

E
s gibt keinen Druck. Es gibt keine Angst. Es gibt keinen Grund dafür, immer wieder hintenrum zu spielen, immer wieder Angriffe abzubrechen, den Mitspieler in Verlegenheit zu bringen und am Ende darauf zu setzen, dass der Torwart als letzter Mann mit einem weiten, weiten Schlag nach vorn Glück hat, und den Ball zum eigenen Mann bringt.

Und doch ist all das, genau all das, ein Jahr nach dem Ende der Ära Ziegner beim HFC immer wieder zu sehen. Immer wieder und fast ausschließlich. So glücklich die Amtsperiode von Trainer Florian Schnorrenberg beim HFC begann - am Ende der verheerenden Wochen unter Ziegner-Nachfolger Atalan hatte es damals auch kaum noch schlimmer werden können -, so wenig hat sich seitdem bewegt.  
 

Mit Ach und Krach der Klassenerhalt


Vor allem seit dem Beginn der Rückrunden in Schnorrenbergs erster kompletter Saison ist unübersehbar, dass kaum etwas besser geworden, seit der HFC unter Ziegner den vielleicht atemberaubendsten Absturz eines Tabellenführers hinlegte, den es jemals gab in erster, zweiter oder dritter Liga. Von 100 auf Null fuhr der Fahrstuhl damals in nur drei Monaten, am vorletzten Spieltag gelang mit Ach und Krach der Klassenerhalt und das Beste daran war noch, dass es in der ersten Corona-Saison geschah, die alle froh sein ließ, dass überhaupt noch irgendwer am Leben war.

In der zweiten Spielzeit der neuen Normalität aber sieht es nur auf den ersten Blick besser aus. Der HFC, vor einem Jahr zum selben Zeitpunkt mit neun Siegen, sechs Remis und 12 Niederlagen bei 33 Punkten und einem Torverhältnis von 43 zu 43 auf Tabellenplatz 16, steht in dieser Saison auf einem im ersten Moment komfortabel wirkenden Tabellenplatz 10, neun Punkte vom ersten Abstiegsrang entfernt, acht mehr als noch 2019/2020.
 

Glückliche Ergebnisse der Konkurrenz


Allerdings ist das eine Position, die der Schnorrenbergs Mannschaft weniger eigenen überzeugenden Leistungen verdankt als den glücklichen Ergebnissen der Konkurrenz. Mit neun Siegen, acht Remis und neun Niederlagen bei einem Torverhältnis von 32:41 und 35 Punkten ist das Team - bei einem Spiel weniger, weil die Begegnung gegen verschoben wurde  - gerade mal zwei Punkte besser als in der vergangenen Spielzeit. Die Tordifferenz von minus neun ist, verglichen mit der ausgeglichenen letztes Jahr, sogar deutlich schlechter.

Nur die Stimmung, sie wirkt sehr viel gelassener, ja, luftig leicht sogar angesichts eines einzigen Sieges aus den letzten sechs Spielen, in denen gerade mal sieben eigene Treffer gelangen. Trotz der Corona-Stille, trotz der leeren Ränge, trotz des immer noch nicht verarbeiteten Vorjahrestraumas. In der gesamten Rückrunde, die mit dem Sieg gegen Magdeburg so vielversprechend begonnen hatte, waren nur acht - noch einmal drei weniger als die elf, die gegen dieselben Gegner in der Hinrunde gelangen, als - das Remis gegen Duisburg nicht mitgezählt - zum selben Zeitpunkt vier Siege und drei Niederlagen den HFC auf Platz acht befördert hatten, nur drei Punkte hinter der Tabellenspitze.
 

Tabellenspitze nur noch im Fernrohr


Mittlerweile ist der Abstand um 16 Punkte gewachsen, der zum Tabellenende aber nur von neun auf 12. Der HFC stagniert, nicht nur bei den Ergebnissen. Wo andere Teams sich gefangen und gefunden haben, stagniert der HFC. Was Schnorrenbergs Mannschaft seit Wochen auf dem Platz zeigt, ist Anti-Fußball: Hintenrum und dann lang, ohne offensives Mittelfeld und in Ermangelung eines spielerischen Konzeptes unansehnlich selbst für Zuschauer, die sich den Weg ins Stadion sowieso sparen müssen.

Ein Jammer, der das Fanherz vor schwere Prüfungen stellt. Groß ist die Freude, wenn gegen den Tabellenvorletzten dank zweier Standards ein Sieg gelingt, denn die Ansprüche in Halle sind im Moment so wie das Wetter. Noch größer aber die Enttäuschung, wenn dann nicht einmal gegen den seit Wochen erfolglosen Tabellenletzten irgendeine Art von Kraupelsieg zustandekommt. Sondern eine 0:3-Niederlage, die in anderen Zeiten als krachend bezeichnet worden wäre und zweifellos zu einer Trainerdiskussion geführt hatte.
 

Wo sind sie geblieben


Wollen sie nicht? Oder können sie nicht? Wohin ist der warum auch immer aussortierte Selim Gündüz verschwunden? Wo ist Shcherbakovski? Was ist mit Guttau passiert? Und weshalb wird wie bei der krachenden Pleite in Unterhaching bei eigenem Rückstand der beste Stürmer - ja, der einzige Stürmer - ausgewechselt? Für einen Mittelfeldspieler, der in seinen 14 Ligaspielen für den HFC ganze dreimal getroffen hat, während der mehr als doppelt so treffsichere Mann dem letzten Akt eines nicht einmal spannenden Dramas von der Bank zuschaut?
 
Seltsam leblos und unbeteiligt ließen die Männer auf dem Platz  das Unglück über sich ergehen, ebenso unbeteiligt und unüberrascht wirkte der Trainer, der mit solchen Niederlagen inzwischen Erfahrung hat und in der Regel immer dieselben Floskeln sprudelt. Nächstes Mal wird's wieder besser. Sowas können wir uns nicht leisten. 100 Prozent. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!
 

Gewohnheitstier auf der Suche nach dem Jäger


Von wegen. Wie ein Gewohnheitstier auf der Suche nach dem Jäger schleicht der HFC seit Wochen auf den Platz. Immer führen erst die anderen, an guten Tagen gelingt vielleicht noch der Ausgleich, an einem sehr guten gelang sogar ein Sieg dank zweier Glücksecken. Am Glück liegt es sowieso nicht, denn einer der fünf aus dem Spiel erzielten Treffer des Jahrgangs 2021 brachte drei Punkte, zwei je einen und nur das Schummeltor von Meppen blieb punktmäßig unprämiert.
 
Aber Entwicklung? Fortschritt?  Vorgeschmack auf bessere Zeiten? Mit Zuschauern irgendwann mal wieder? Wer so spielt wie der Schnorrenberg-HFC dieses Corona-Winters, wird Mühe haben, Freikarten loszuwerden.

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