Dienstag, 23. August 2022

Robert Habeck: Wem der Gasgott lächelt

Der Mann, dem der Gasgott lächelt: Robert Habeck muss keinen verschärften Stresstest abwarten, er ist Kinderbuchautor. Gemälde: Kümram, Orangensaft auf Whiteboard, lackiert

Erst war da der erste Stresstest, ein beinhartes Prüfverfahren, das ermitteln sollte, ob Deutschland vielleicht doch ohne Gas durch den Winter kommt. Alles ging gut aus, sehr gut sogar. Die Bundesregierung erntete zufrieden die Früchte der weitsichtigen Entscheidung der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ende des Jahres auch die letzten drei noch laufenden Kernkraftwerke in Deutschland abzuschalten.  

Neu justierte Wohlfühltemperaturen

Ein wenig weniger und kalt duschen, ein paar Kaufhaustüren dichtmachen, ein bisschen Kohle verfeuern und die Wohlfühltemperatur des Volkes neu justieren - und schon würden Sonne, Wind und Wasserkraft genügend Elektroenergie liefern, um selbst eine sibirischen Kältepeitsche und eine erneute neumodische nordatlantische Oszillation zu überleben.

Den zweiten Stresstest hätte es nicht nicht unbedingt gebraucht, aber volksnah wie Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck ist, ließ er ihn zur Beruhigung aller doch anlaufen. Noch härter diesmal, mit mehr Wetter, weniger Gas, ohne Ad Blue und mit hunderttausenden von sächsischen Hetzern, die ihre Heizlüfter aus Protest laufen lassen, nicht weil ihnen traditionell angetrauten Frauen kalt ist. Der Kanzler wollte es wissen, "in den nächsten Wochen" (RND) sogar schon. Wie hoch ist das Risiko, dass frierende Wutbürger Berlin anzünden, weil zu Hause die Liochter ausgegangen sind? 

Verschärfte Ausgangslage

Die nächsten Wochen gingen ins Land, erst zwei, dann drei, dann vier an der Zahl. Ausreichend, um die Aufmerksamkeitsspanne deutscher Medien weit zu überspannen. Eben noch hatten alle bangend um den nächsten Schritt im Energieausstieg auf die Ergebnisse gewartet. Unruhig wurde nach Frankreich geschaut, dass wegen seiner Kernkraftwerke deutschen Gasstrom kauft wie nie. Ein Szenario, das Stresstest 2 in seinem "verschärften Szenario" (Handelsblatt) genau so vorsah. Würde das letzte Häppchen bisschen Windstrom bei solche einer "verschärften Ausgangslage" (BR) wirklich für die beiden großen EU-Zentralnationen reichen?

Die Frage verhallte. Eine Antwort gab es nicht. Aus den "nächsten Wochen" wurden die "kommenden Wochen" (Klimaministerium). Deutschland in Ungewissheit. Deutschland in Angst. Deutschland, bedroht von der Furcht vor Blackout, Wutwinter und Verteilungskämpfen.

Kanzler der Herzen

Es war dann Robert Habeck, wegen seiner souverän irrlichternden Amtsführung seit Monaten beliebtester Politiker und der Kanzler der Herzen aller Deutschen, der das langwierige Verfahren abkürzte. Während der Kanzler an der Illusion festhält, dass es erst ein Ergebnis geben müsse, ehe über die Zukunft der letzten deutschen Atommeiler entschieden werden könne, zeigte Habeck im Flieger zur Gasshopping-Tour nach Kanada Gesicht: Ohne Maske, ohne schwiemelige Formeln und taktisches Herumgerede teilte er mit, dass es keine Laufzeitverlängerung geben werde.

Punkt. So einfach geht politische Kommunikation, wenn sie keine Rücksicht mehr auf womöglich verletzte Gefühle von Wählerinnen und Wählern nehmen muss, die eben noch glaubten, der zweite Stresstest sei wichtig und bedeutsam und gehe er schief wie seinerzeit der große Bundessirenentesttag, dann würden darauf Konsequenzen gezogen. 

Ohne Verstellungsübungen

Robert Habeck ist über die Schaffensphase hinaus, in der ein Politiker sich zumindest noch müht, so zu tun, als tue er, was er könne. Habeck muss das nicht. Er ist befreit von der Teilnahme an den Verstellungsübungen des Olaf Scholz, am Nochbessererklären und Hörtaufdiewissenschaft. Politik ist immer die unmögliche Kunst, aufgrund fehlender, mangelhafter und falscher Informationen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ein Stresstestergebnis mehr oder weniger ändert das nicht.

Einer wie er muss nicht warten, auf nichts. Wie sicher die Stromversorgung im kommenden Winter bei "zugespitzteren Szenarien" (Habeck) ist, muss vorher niemand wissen, denn der Winter wird halt sowieso "hart" (Habeck). Man genau und warum, das wird man sehen, wenn es soweit ist. Fest steht: Wer Waschlappen hat, braucht keine Kernkraftwerke. Wer "die Vorsorge weiter stärkt" (Habeck), den wird der Gasgott erhören, die Stromfortuna lächeln und sein Euro wird wie von selbst wieder zu Geld.



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wenn man die Thermometer auf Fahrenheit umstellt, sind es am Gefrierpunkt noch 32 Grad. Das sieht dann noch richtig warm aus.
Wir werden das in einem Gute-Thermometer-Gesetz festlegen.

gez. Robert