Dienstag, 28. März 2023

Schlaflosrekord der Regierung: Kommt nun die nächste Osterruhe?

Sechs mal neun Meter misst dieses Ölgemälde des Waldenbrunner Künstlers Kümram, das eine imaginierte Szene aus dem 20-stündigen Koalitionspoker zeigt.

Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs. Frauen, die nicht Nein sagen können. Schreckensstarr aufgerissen die Augen des Kanzlers, der auf seinen übernächtigten Finanzminister einteufelt. Auf die anderen Seite seines 6 mal 9 Meter großen Bildes, das derzeit noch im Atelier in der Nähe von Ludwigsfelde hängt, hat der Künstler den Klimawirtschaftsverantwortlichen gemalt, wie die Menshcen draußen im Lande ihn kennen. Die Arme verschränkt, den Kopf zuhörend geneigt, die Miene gelassen. Robert Habeck bildet eine feste Front mit seiner Kollegin Lemke, die hier nur von hinten zu sehen ist wie gegenüber, in der Front der Feinde von Freiheit, Frieden und Klimarettung, ein Mann neben Christian Lindner, der nicht genau zu identifizieren ist.

Fünf Monate seit dem letzten Machtwort

Ein Amerikaner? Ein Chinese? Ein EU-Aufseher? Ein Russe gar? Ist es dieser Unbekannte, der für den größten Streit in einer Bundesregierung seit dem letzten  Machtwort des Kanzlers im vergangenen Jahr sorgte? Und dafür, dass eine deutsche Regierung schon wieder ein Versprechen bricht? Vor zwei erst hatten CDU und SPD geschworen, nie mehr Entscheidungen in endlosen Nachtsitzungen zu suchen, deren Ausgang davon abhängt, wer wie lange zumindest einen Zustand eingeschränkter Handlungsfähigkeit imitieren kann. "Ideenreichtum, #Schlafmangel – #Koalitionsausschuss", meldete Lindner stolz aus der laufenden Ermüdungsschlacht.  Regierungschef Scholz ließ wissen, dass er die Grenzerfahrung nicht missen wolle, ein ganzes Land im Zustand totaler Erschöpfung zu regieren. "Das ist dann auch eine gemeinsame Erfahrung, wo man eng miteinander zusammen ist. Und davon erzählt man sich dann noch lange."

Die damals von ihm zusammen mit der früheren Kanzlerin ausgerufene "Osterruhe" ging als Zeitenwende in die deutsche Geschichte ein: Nie wieder würden Frauen und Männer, die das Schicksal von 84 Millionen in den Händen halten, sich von zu wenig Schlaf und viel zu viel Kaffee dazu treiben lassen, Ergebnisse auszupokern, die bei Lichte besehen später niemand mehr verstehen könne. Vertreter aller Parteien stimmten dem zu, nachdem die damals noch unumschränkt herrschende Kanzlerin ihren "Fehler" (Merkel) zugegeben und die angewiesene Aussetzung des öffentlichen Lebens rund um das Osterfest wie im Grundgesetz vorgeschrieben bei einer eilig anberaumten Audienz im Studio von Anne Will zurückgenommen hatte. 

Abschied von der Vernunft

Nächtliche Sitzungen bis drei Uhr früh, lange Beratungen in Kleingruppen und hinter verschlossenen Türen, es würde sie nicht mehr geben in Zukunft, diesen Schwur legten Union, SPD, die Grünen, die FDP und auch die demokratischen Kleinparteien gemeinsam ab. "Das ist nicht mein Stil zu arbeiten", bestätigte die mächtige rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Denn: "Um 3 Uhr morgens vernünftige Entscheidungen zu treffen, ist eben auch eine Schwierigkeit." Auch der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder (CSU) war damit einverstanden, die Abläufe zu reformieren:  Sitzungen sollten am Vormittag beginnen und früher abgeschlossen werden, so lange noch alle Anwesenden wüssten, wovon sie sprächen.

Wie das All zur Entropie, treibt die Politik aber eben in die Nacht. Nach Monaten verzweifelten Krisenmanagements steht Olaf Scholz schon im zweiten Jahr seiner Kanzlerschaft vor den Trümmern aller Pläne von Fortschrittsbeschleunigung, sicherer Arbeit, schöner Renten, bezahlbarem Wohnen und Klimaschutz. In seinem Kabinett, das divers ist wie lange nicht, tobt der Streit um Verbrenner, Straßen, die Schiene, Kernkraft, den Krieg und E-Fuels, um Lastenradautobahnen und Heizungsverbote, das neue Kinderhabengehalt und die globalen Klimaziele. Niemand ist sich einig, niemand ist bereit, nachzugeben. Jeder wartet, dass der andere zusammenbricht.

Schicksalsstunden im Morgengrauen

Also musste die Entscheidung über den Weg Deutschlands durch die kommenden Jahrzehnte bis zum Weltklimaziel 2050, ungeachtet aller früheren Versprechungen, doch wieder am Konferenztisch ausgefochten werden: Sitzfleisch gegen Sitzfleisch, Augenlid gegen Augenlid, ein müder Nacken gegen den anderen müden Nacken. Es geht um das Schicksal von Millionen, ja, es geht sogar um das Schicksal von Milliarden, denn überall auf dem Globus schauen die Menschen in diesen Stunden der Koalitionsverhandlungen unter verschärften Bedingungen nach Berlin. 

Wird es dort gelingen, die Schiene nur ausbauen zu können, indem die Straße fallengelassen wird? Bleibt es dabei, dass das Hauptaugenmerk der Öffentlichkeitsarbeit der Ampel trotz Krieg, Inflation und langsam abwandernder Wirtschaft der Klimakrise gelten soll? Kommt etwa die nächste Osterruhe, nur diesmal eben dauerhaft, vielleicht beschränkt auf klimaschädliche Wirtschaftstätigkeiten, unbegründete Privatmobilität und großzügiges Wohnen? Beschließt die Bundesregierung ein Fernwehverbot? Und: Lässt sich das geplante Heizungsverbot nach der vorzeitigen Veröffentlichung der Pläne doch noch durchsetzen? Unter welchem Namen? 

Der Preis ist heiß

Wenn dafür der Preis eine Nachtsitzung ist, dann bitte, hat Irene Mihalic den Fehdehandschuh aufgenommen, den die Herren von SPD und FDP den als eher weich und wenig resilient geltenden Grünen hingeworfen hatten. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen war seinerzeit, als die Bundesregierung und die Länder der traditionellen Zermürbungsmethode zur Finalisierung von wichtigen Entscheidungen kollektiv abschworen, noch im damaligen Ausschuss für Inneres und Heimat geparkt, der sich dem Votum offiziell nie angeschlossen hatte. Mihalic, jung und ehemals als Darstellern der Soap "Achtung Kontrolle! – Einsatz für die Ordnungshüter", traute sich zu, das Stehvermögen zu haben, das nötig ist, die Würfel so lange rollen zu lassen, bis sie die eigene Zahl zeigen.

Dass mit 20 Stunden Verhandlungsdauer aber gleich ein neuer deutscher Rekord gelingen könnte, ahnte wohl auch die Grüne aus Nordrhein-Westfalen nicht. Doch diese Koalition trägt den Mantel der Geschichte eben nicht zum Spaß oder aus Privatvergnügen, sie meint es ernst mit dem Umbau von allem und der großen Transformation hin zu einer Gesellschaft, die Entscheidungen akzeptiert, auch wenn sie im Zustand fortgesetzter Erschöpfung getroffen wurden. Heute ist Dienstag, die Verhandlungen werden in Kürze fortgesetzt. Nach den geltenden EU-Regeln zur zulässigen Höchstarbeitszeit wäre Deutschland bei einer Wiederholung der letzten Pokerschicht bereits morgen früh für den Rest der Woche unregiert, weil alle beteiligten Regierungsmitglieder aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ihre Pflichtruhezeiten nehmen müssten.


10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Kümram hat den entscheidenden Moment eingefangen, in dem der Kanzler die Höhe des Geldhaufens zeigt, den man zur Finanzierung des Osterfriedens braucht.

ppq hat gesagt…

to the moon!

Carl Gustaf hat gesagt…

An nescis, mi fili, quantilla prudentia mundus regatur?

Jodel hat gesagt…

Nicht auf die Höhe des Haufens kommt es an, die Breite ist entscheidend.
Um wirklich gar alle Versprechungen zur Renten- und Weltenrettung bis ins letzte Dorf, Kinderbonus, alles mit Digital, ÖPNV for free und eine bis an die Zähne bewaffnete Bundeswehr und Ukraine usw. usf. finanzieren zu können, muss der gesamte Planet bis zur angezeigten Höhe mit 100 Euro Noten geflutet werden.

Wie alle Entscheidungen unserer Regierung, durchaus machbar, wenn man nur will, die Augen zukneift und die Luft anhält bis etwas passiert.

Die Anmerkung hat gesagt…

@Car Gustav

Da stellt sich zum wiederholten Male die mehr als berichtigte Frage, wieso diese simple Erkenntnis in der deutschen Wikifehlia nicht enthalten ist, wenn doch gerade Führer Olaf das fleischgewordene Exemplar dieser species ist.

Anonym hat gesagt…

Wichtige Entscheidungen kann man schnell treffen. 15 Milliarden für die Ukraine.

Anonym hat gesagt…

Laut Zeit hat der Scholzomat "sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse" angekündigt. Da bin ich dabei, aber warum dauert es so lange, die Koalition aufzulösen?

Anonym hat gesagt…

prudentia - Wahrlich nicht, aber callidus, insidiosus? Es gibt natürlich auch unbeschnittene Mistmaden, die Römer vorm Dritten Punischen Krieg zum Beispiel, oder Eisenhower ...

Anonym hat gesagt…

ulrike_herrmann erhält erneut Sendezeit um ihren ökostalinistischen Terrorstaat zu bewerben.

Lanz sollte sich weghängen - er ist und bleibt ein kleinbürgerlicher Idiot

Anonym hat gesagt…

https://kontrafunk.radio/de/?option=com_content&view=article&id=2193:philosophieren-12-abstimmen&catid=158

Ulrike Häärmann und Co. wollen keinen Diskurs - aktuell können sie den Diskurs NICHT verhindern - aber grundsätzlich ist die lupenreine hochhübschintellektuell überlegene Denke der Ökostalinistin NICHT mehr zu hinterfragen .

dann sitzt sie eben da im Lanz-Stuhl und lächelt während sich der Haarbek am TV Schirm zum Depp macht und den Klassisten raushängen lässt ( alle lachen über den Idioten Lanz der den Gag nicht mitkriegt und alle lachen über den Horsthaarbeck weil er ein impotenter Sozialingenieur ist der seinen Maggiawelli nicht gelesen und vertsnaden hat .

was wird da verhandelt ? nun : die Abschaffung der Wahlfreiheit - egal wie billig Öl und Diesel ist : fürs deutsche Volk gibts keine Verbrenner mehr sondern nur noch die Haarbeksche Wunschtechnik . er glaubt ja was er predigt und es ist so schrecklich dumm. weren Britbongs und Franzosen auf billige Massenmobilität verzichten ? nein ,natürlich nicht . Das Tätervolk soll gefälligst eine angemessene Fußmarschmobilität + Lastenrad verpasst bekommen ( Habekk fährt weiterhin Audi mit Arschsitzheizung ) .

Kanzlerschlonz glaubt nicht an die Haarbekk -Ideologie - aber noch braucht er ihn um sein spd Ding zu machen .

was tun ?

nun : der Bildungsbürgeropportunist mit seiner sozi-Neckermannmallorkademokratiedenke macht mit . Ist ja auch so superdemokratisch - so wie der Elternabend wenn man mal wieder nicht über Prügelemre spricht sondern achtsam über die Migräne von Frl. S aus Tübingen die leider ausfällt weil Zäppffchenfieber und demnächst Fortbildung . Der brd-Scheißkerl ist ein ewiger Verräter seiner ureigenen Interessen . das Arschlochsystem kann nicht "überwunden" werden - das Mädchen mit der 1,4 Mrd Kreditrahmung und dem kalten Folterblick trägt ganz ungeniert Gutschi und macht Gutschifotos weil Eppendorf eben Gutschifotos will . und am Isemarkt gibts frische Blumen und an Ostern Wiederauferstehung